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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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hinten.
    »Was gibt es? – Was ist los? – Wo? – Er ist umgestoßen worden. – Überfahren!« wurde unter den Vorübereilenden
    gerufen.
    Stepan Arkadjewitsch und seine Schwester, die ihn untergefaßt hatte, kamen ebenfalls mit erschrockenen
    Gesichtern wieder zurück und blieben, um aus dem Gedränge herauszukommen, an der Tür des Wagens stehen.
    Die Damen stiegen wieder in den Wagen ein; Wronski und Stepan Arkadjewitsch aber folgten dem Menschenschwarm, um
    Näheres über den Unfall zu erfahren.
    Ein Bahnwärter hatte, mochte er nun betrunken oder wegen der starken Kälte zu sehr eingemummt gewesen sein,
    einen Zug, der beim Rangieren zurückgeschoben wurde, nicht gehört und war zermalmt worden.
    Noch ehe die beiden Herren zurückkehrten, erfuhren die Damen diese Einzelheiten durch den Haushofmeister.
    Oblonski und Wronski hatten beide den entstellten Leichnam gesehen. Oblonski litt offenbar sehr unter diesem
    Eindrucke. Er hatte die Stirn gerunzelt und schien dem Weinen nahe zu sein.
    »Ach, wie schrecklich! Ach, Anna, wenn du das gesehen hättest! Ach, wie schrecklich!« rief er einmal über das
    andere.
    Wronski schwieg; sein hübsches Gesicht war ernst, aber vollkommen ruhig.
    »Ach, wenn Sie das gesehen hätten, Gräfin!« redete Stepan Arkadjewitsch weiter. »Auch seine Frau ist dabei. – Es
    war schrecklich, sie anzusehen. Sie warf sich über den Leichnam hin. Die Leute sagten, der Mann wäre der einzige
    Ernährer einer sehr großen Familie gewesen. Ja, es ist schrecklich!«
    »Läßt sich denn nichts für die Frau tun?« fragte Frau Karenina flüsternd in heftiger Erregung.
    Wronski blickte sie an und verließ sofort den Wagen.
    »Ich komme gleich wieder, maman«, sagte er dabei, indem er sich in der Tür umdrehte.
    Als er nach ein paar Minuten zurückkam, erzählte Stepan Arkadjewitsch der Gräfin bereits etwas über eine neue
    Sängerin; die Gräfin blickte, auf ihren Sohn wartend, ungeduldig nach der Tür.
    »Nun, dann wollen wir gehen«, sagte der eintretende Wronski.
    Sie gingen zusammen, Wronski mit seiner Mutter voran, dahinter Frau Karenina mit ihrem Bruder. Am Ausgang holte
    sie der Stationsvorsteher ein und trat an Wronski heran.
    »Sie haben meinem Assistenten zweihundert Rubel eingehändigt; haben Sie die Güte, sich darüber zu äußern, für
    wen das Geld bestimmt ist.«
    »Für die Witwe«, antwortete Wronski achselzuckend. »Ich verstehe nicht, was da noch zu fragen ist.«
    »Das haben Sie getan?« rief Oblonski von hinten her und fügte, indem er den Arm seiner Schwester an sich
    drückte, hinzu: »Allerliebst, allerliebst! Ein Prachtmensch, nicht wahr? Ich empfehle mich Ihnen, Gräfin.«
    Er blieb mit seiner Schwester stehen, um sich nach deren Kammerjungfer umzusehen.
    Als sie aus dem Bahnhofstor hinaustraten, war das Wronskische Geschirr schon weggefahren. Die Leute, die
    hinausgingen, sprachen immer noch von dem Vorgefallenen.
    »Ein entsetzlicher Tod!« sagte ein vorübergehender Herr. »Es heißt, er wäre in zwei Stücke zerschnitten.«
    »Ich meine im Gegenteil, ein so plötzlicher Tod ist der leichteste, den man sich nur denken kann«, bemerkte ein
    anderer.
    »Unverantwortlich, daß gegen so etwas keine Vorsichtsmaßregeln getroffen werden«, sagte ein dritter.
    Frau Karenina stieg in den Wagen, und Stepan Arkadjewitsch sah mit Erstaunen, daß ihre Lippen zitterten und sie
    nur mit Mühe die Tränen zurückhielt.
    »Was ist dir, Anna?« fragte er, als sie ein paar hundert Schritte gefahren waren.
    »Eine üble Vorbedeutung!« sagte sie.
    »Was für Torheiten!« erwiderte Stepan Arkadjewitsch. »Du bist hergekommen, das ist die Hauptsache. Du kannst dir
    gar nicht denken, wieviel ich mir von deiner Einwirkung verspreche.«
    »Kennst du Wronski schon lange?« fragte sie.
    »Ja. Weißt du, wir hoffen, daß er Kitty heiraten wird.«
    »Ja?« sagte Anna leise. »Nun, aber jetzt wollen wir von dir sprechen«, fügte sie hinzu und schüttelte mit dem
    Kopfe, als wollte sie durch diese Körperbewegung etwas verscheuchen, was sich ihr aufdrängte und sie störte. »Wir
    wollen von deinen Angelegenheiten sprechen. Ich habe einen Brief erhalten, und da bin ich nun hergekommen.«
    »Ja, ich setze auf dich meine ganze Hoffnung«, versetzte Stepan Arkadjewitsch.
    »Nun, so erzähle mir alles!«
    Und Stepan Arkadjewitsch begann zu erzählen.
    Als sie vor dem Hause angelangt waren, war er seiner Schwester beim Aussteigen behilflich, seufzte schwer,
    drückte ihr die Hand und begab sich

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