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Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin

Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin

Titel: Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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die herabhängenden Hände zu Fäusten geballt, und ihr Blick schweift unruhig über die Menge wie der eines Kaninchens, sofort bereit, die Flucht zu ergreifen, falls ein Fuchs auftaucht. Als sie mich wieder ansieht, ist der Ausdruck in ihren Augen unverkennbar.
    »Ich glaube, ich stecke in Schwierigkeiten«, sagt sie schließlich. »Großen Schwierigkeiten.«
    In diesem Augenblick erkenne ich, dass sie die Wahrheit sagt. Ihre Gereiztheit und Wut sind verschwunden, weggespült von etwas Mächtigerem, einem Gefühl, das der Vampir in mir in der Luft wittern kann wie einen üblen Geruch.
    Angst.
    Kapitel 3
    Angst löst bei Vampiren dieselben körperlichen Reaktionen aus wie bei Menschen. Flucht oder Kampf. Allerdings sind diese Reaktionen bei Vampiren um ein Vielfaches stärker. Die Schwingungen, die Gloria gerade ausstrahlt, lösen in mir den Drang aus, so weit wie möglich von ihr weg-zukommen. Ich habe ihre Geschichte noch nicht gehört. Ich weiß nicht, was für ein Problem sie hat, und es interessiert mich auch nicht. Bei allem, was ich von ihr empfange, kreischt mir mein Instinkt zu, dass es gefährlich ist, an diesem öffentlichen Ort mit ihr herumzustehen.
    Nicht für mich, sondern für Trish, einen der Menschen, die mir wichtiger sind als mein eigenes Leben.
    Ich höre auf meine Instinkte und hebe die Hand.
    »Das geht nicht, solange Trish hier ist. Ich bringe sie nach Hause. In einer Stunde bin ich wieder da. Sollen wir uns im Büro treffen? Oder bei David?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Ich muss ins Restaurant. Könntest du dorthin kommen?«
    »Soll ich David anrufen?« Es ärgert mich, dass ich sie das fragen muss, aber David erholt sich gerade erst von einer üblen Geschichte. Wenn sich hier die nächste zusammenbraut, sollte er verdammt noch mal Bescheid wissen.
    »Nein.« Ihre Antwort klingt bestimmt. »Ich muss erst mit dir allein reden.« Wenn ich allein hier gewesen wäre, hätte ich da sofort nachgebohrt. Bin ich aber nicht. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wende ich mich von ihr ab und winke Trish herüber.
    Trish zieht nur eine Augenbraue hoch, als ich ihr erkläre, dass ich sie jetzt nach Hause bringen muss.
    Sie protestiert nicht oder jammert herum. Das ist nicht die Art, wie ein »normaler« Teenager auf so eine Enttäuschung reagieren würde. Trish ´ s bisheriges Leben war eben alles andere als normal, und ihre Psychotherapeutin sagt, es würde noch lange dauern, bis sie in der Lage sein wird, auch negative Gefühle auszudrücken. Jetzt hat sie noch viel zu viel Angst, wir könnten sie wieder wegschicken.
    Das macht mich unglaublich traurig.
    Auf der Rückfahrt zu meinen Eltern lasse ich sie fröhlich schwatzen – sie plappert unentwegt und aufgeregt über die bevorstehenden Feiertage. Ich spiele mit, bin aber in Gedanken bei Gloria. So habe ich sie noch nie gesehen: bedrückt, ernst, verängstigt. Was auch immer ihr Problem sein mag, es muss ziemlich groß sein.
    Trish lässt die Weihnachtseinkäufe bei mir und geht die Stufen zum Haus hinauf. Meine Mom ist schon an der Tür, um sie einzulassen, ehe sie klingeln kann. Mom trägt eine Jogginghose, hat sich das Haar zurückgebunden, und eine mit Mehl bestäubte Schürze umhüllt ihre schlanke Gestalt. Sie winkt mir schwungvoll zu und bedeutet mir, her-einzukommen.
    Einen Moment lang werde ich von Erinnerungen überschwemmt. Mein Bruder und ich kommen von einer Einkaufstour zurück und finden Mom in der Küche vor, in einer Weihnachtsschürze mit Mehlflecken. Der süße Duft nach Butterplätzchen erfüllt das Haus.
    Plötzlich möchte ich nichts lieber, als mit den beiden hineingehen. Der Schmerz in der Mitte meiner Brust, eine instinktive, körperliche Sehnsucht, ist so stark, dass ich mein Versprechen Gloria gegenüber noch einmal überdenke. In was für Schwierigkeiten soll sie schon stecken?
    In der Sorte Schwierigkeiten, die sie dazu getrieben haben, ihre ärgste Feindin um Hilfe zu bitten.
    Widerstrebend lasse ich das Beifahrerfenster herunter und rufe ihr zu, dass ich nicht reinkommen kann, weil ich noch einen Termin habe. Im Rückspiegel sehe ich, wie Mom sich bei Trish unterhakt, als ich losfahre.
    Dass mir diese Zeit mit meiner Familie entgeht, steigert noch meinen Unmut gegenüber Gloria. Wenn ihr Leben nicht schon vorher in Gefahr war, dann ist es das jetzt.
    Glory’s ist der zuckersüße Name, den sich Gloria und ihr Geschäftspartner Rory O’Sullivan für das Restaurant haben einfallen lassen. Als ich dort ankomme, ist es

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