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Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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umso entschlossener. Er hatte Jahrhunderte lang Zeit, diese Technik zu perfektionieren. Er greift tief in sein Inneres hinab, sammelt seine Kräfte und bereitet sich auf den endgültigen Sturmangriff vor.
    Er will mich in die Knie zwingen, weil er weiß, dass seine Argumente den meinen nicht gewachsen sind. Doch sein nächster Angriffsversuch wird nicht von mir, sondern von Turnbull abgewendet. Er tritt zwischen uns und baut sich mit gefletschten Zähnen vor Chael auf.
    Du überspannst den Bogen, Chael. Als einer der Dreizehn hast du geschworen, dich an die Entscheidungen der Auserwählten zu halten.
    Aber sie ist ahnungslos, ein Weib und obendrein zu jung, um die Welt zu begreifen.
    Ein Weib, das die Herausforderung überlebt hat. Deinen Herausforderer, um genau zu sein. Sie hat bewiesen, dass sie eine würdige Anführerin ist, und sie hat ihre Entscheidung getroffen.
    Ich kann nicht akzeptieren, was...
    Wenn du dich weigerst, wirst du aus dem Rat der Dreizehn verbannt und hast deinen Titel verwirkt. Dann wird ein anderer an deiner Stelle benannt. Willst du das?
    Chael blickt zu Boden. Was ich will, kann ich nicht haben. Ich werde die Entscheidung akzeptieren. Aber ich nehme mein Recht wahr – das Recht, den Rat erneut einzuberufen. Später, wenn alle Gelegenheit hatten, alles zu überdenken.
    Bei den letzten Worten richtet er den Blick auf mich. Ich lese die wahre Absicht in seinen Augen. Chael wird den Rat wieder einberufen, wenn ich nicht mehr dazugehöre. Weil er mich getötet hat. Zumindest wird er es versuchen.
    Kapitel 50
    Wunderbar, ich habe mir mal wieder jemanden zum Feind gemacht.
    Chael kehrt an seinen Platz im Kreis zurück. Turnbull wartet ab, bis sich die Spannung im Raum legt. Sie weicht der Enttäuschung darüber, dass es zwischen Chael und mir nicht zum Kampf kommen und dass kein weiteres Blut mehr vergossen wird, zumindest nicht hier und jetzt.
    Doch da ist noch etwas. In den Blicken, die auf mich gerichtet sind, liegt ein neuer Respekt. Zweifellos mögen dennoch Fronten abgesteckt und Allianzen geschmiedet werden. Die Anwesenden geben einander diskret zu verstehen, dass das Thema noch nicht beendet ist. Ebenso unterschwellig erkennen sie an, dass man mich nicht unterschätzen sollte.
    Turnbull lässt noch einen Augenblick verstreichen, ehe er fragt: »Gibt es noch weitere Anträge?« Ablehnendes Murmeln, Kopfschütteln. »Dann erkläre ich diese Versammlung für beendet.« Demonstrativ geht er zur Tür und hält sie auf.
    Die Stammesführer gehen einer nach dem anderen hinaus. Alle treten zu mir und reichen mir die Hand. Sie verneigen sich vor mir – ein Zeichen des Respekts, an den sie durch eine jahrhundertealte Tradition gebunden sind, mit der sie noch nicht brechen können. Wenn Chael über mich triumphiert hätte, würden sie jetzt zweifellos ihm ihre Gefolgschaft versichern.
    Schließlich sind Turnbull und ich wieder allein in der Bibliothek. »War das eine so große Katastrophe, wie ich glaube?«, frage ich.
    »Du hast nicht alle auf deine Seite gebracht. Aber du hast dir ihren Respekt erworben. Du hast wohlüberlegt und klug argumentiert. Gar nicht Annamäßig.« Er klingt überrascht. Ich spüre ein Lächeln auf meinen Lippen.
    »Wohlüberlegt und klug? So hat mich selten jemand beschrieben. Hitzköpfig und launenhaft entspricht eher der Norm.«
    Er lacht. »Das habe ich wirklich gesagt, oder?«
    »Ist noch nicht lange her.« Ich lasse mich auf einem Stuhl nieder und bedeute Turnbull, sich zu mir zu setzen. Er tut es. »Um ganz ehrlich zu sein, Turnbull, ich weiß selbst nicht, wo diese Worte herkamen. Es ist beinahe so, als hätte irgendetwas – wie ein Geist – durch mich gesprochen.«
    Er hebt die Hand. »Vielleicht war es so. Vielleicht ist es genau das, was dich zur Auserwählten macht. Du siehst die Welt so, wie sie ist, und zugleich so, wie sie sein könnte.«
    Ich lächle erneut. »Weißt du, jetzt bist du mir viel sympathischer als bei unserer Begegnung in Denver.«
    »Völlig andere Umstände. Ehrlich gesagt war ich sehr besorgt, was den Grund für deinen Besuch anging. Ich habe befürchtet, dass ich noch deine Sauerei würde aufwischen müssen, nachdem du längst wieder verschwunden bist.«
    »Das verstehe ich. Ich hatte auch keine Ahnung, wie sich die Sache entwickeln würde. Siehst du Sophie Deveraux noch manchmal?« Ich stelle die Frage ganz beiläufig. Seit ich ihre Schwester getötet habe, gab es zwischen uns keinerlei Verbindung mehr.
    Turnbull schüttelt den Kopf.

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