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Annabel (Amor-Trilogie) (German Edition)

Annabel (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Annabel (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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Leben, das geschaffen war, einen langsam zu ersticken.
    Aber es gab eine Untergrundbewegung: Brain Shops; jemanden, der jemanden kannte, der einem für einen angemessenen Preis einen gefälschten Ausweis beschaffen konnte; einen anderen, der ein Fernbusticket auftreiben konnte; wieder jemand anderes, der einen Kellerraum an jemanden vermietete, der verschwinden wollte.
    In Boston wohnte ich in der Kellerwohnung eines älteren Ehepaars namens Wallace. Sie waren nicht geheilt; sie hatten die Altersgrenze bereits überschritten, als der Eingriff verpflichtend wurde, und man gestattete ihnen in Frieden und Liebe zu sterben. Oder man hätte es ihnen gestattet – einige Jahre später hörte ich, dass sie festgenommen worden waren, weil sie Ausreißer beherbergt hatten, Leute, die sich dem Eingriff entziehen wollten. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachten sie im Gefängnis.
    Ein Pfad und ein Platz für alle, und für diejenigen, die anderer Meinung sind, ein dunkles Loch.
    Ich hätte ihm nicht die Brieftasche stehlen sollen. Aber so ist das mit der Liebe – sie macht etwas mit einem, beherrscht einen, widersetzt sich den Versuchen, sie zu kontrollieren. Das macht sie in den Augen der Gesetzeshüter so beängstigend – die Liebe gehorcht nur ihren eigenen Gesetzen.
    Das hat sie schon immer beängstigend gemacht.
    In den Keller gelangte man nur durch eine schmale Gasse, die zwischen dem Haus der Wallaces und dem Nachbarhaus hindurchführte; die Tür war hinter einem Haufen Kram versteckt, den wir jedes Mal, wenn wir reinwollten, vorsichtig zur Seite schieben mussten. Am Fuß einer steilen Treppe befand sich ein großer, unfertiger Raum: Matratzen auf dem Boden, ein wildes Durcheinander aus Kleidern, außerdem eine Toilette und ein kleines Waschbecken hinter einem Paravent, der für ein gewisses Maß an Privatsphäre sorgte. Die Decke war mit einem Gewirr aus Metall- und Plastikrohren sowie Kabeln überzogen und sah aus, als hingen die Eingeweide von jemandem über uns. Es war hässlich, eiskalt und stank nach Schweißfüßen, aber ich fand es toll. In der kurzen Zeit, die ich dort war, gewann ich zwei gute Freundinnen: Misha, die mich mit Rawls in Kontakt gebracht hatte und außerdem versuchte mir falsche Papiere zu beschaffen, und Steff, die mich in die Kunst des Taschendiebstahls einführte und mir die besten Plätze zum Klauen zeigte.
    So erfuhr ich den Namen des Mannes, den ich eines Tages heiraten würde. Ich stahl ihm die Brieftasche. Die leichte Berührung, meine Hände auf seiner Brust, der kurze Kontakt – es reichte aus, um in seiner Jacke danach zu tasten, sie in meine Tasche zu stecken und wegzurennen.
    Ich hätte die Brieftasche wegwerfen und nur das Geld behalten sollen, wie Steff es mir beigebracht hatte. Aber schon da hatte mich die Liebe fest im Griff, machte mich töricht, neugierig und unvorsichtig. Ich nahm die Brieftasche mit zu meinem Schlafplatz und breitete ihren Inhalt sorgfältig und gierig auf meiner Matratze aus, wie eine Juwelierin, die sich über ihre Diamanten beugt: ein Ausweis in tadellosem Zustand, auf dem der Name CONRAD HALOWAY stand; eine goldene Kreditkarte von der Nationalbank; eine dreimal gestempelte Rabattkarte des Boston Bean Cafés ; ein Exemplar der ärztlichen Bescheinigung – er war vor genau einem halben Jahr geheilt worden – und dreiundvierzig Dollar, was ein Vermögen für mich war.

jetzt
    Drei Tage nachdem Thomas mir die Nachricht gebracht hat, dass ich abwarten soll, kommt er wieder. Diesmal hat er nichts dabei. Er zieht nur die Tür auf, betritt meine Zelle, legt mir Handschellen an und zerrt mich auf die Füße.
    »Gehen wir«, sagt er.
    »Wohin?«, frage ich.
    »Stell keine Fragen.« Er spricht laut, zweifellos, damit die anderen Gefangenen ihn hören können. Er schubst mich grob zur Tür, hinaus auf den schmalen Flur zwischen den Zellen. Über uns blinken die Kameras an der steinernen Decke wie kleine rote Augen.
    Thomas packt mich an den Handgelenken und treibt mich vorwärts. Meine Schultern brennen. Plötzlich bekomme ich Angst. Ich bin so schwach, wie soll ich allein in der Wildnis zurechtkommen?
    »Was hab ich getan?«, frage ich ihn.
    »Geatmet«, antwortet er. Er spielt seine Rolle gut. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst keine Fragen stellen?« An einem Ende des Flurs ist der Ausgang zu den anderen Blöcken; am gegenüberliegenden Ende befindet sich der Container. Der Container ist einfach eine ungenutzte Zelle, allerdings deutlich kleiner

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