Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
lieferten auch an diesem Abend. Eine halbe Stunde Wartezeit, hieß es. Er begann sich zu langweilen. Zuvor hatte er endlich alles aufgeräumt und noch einmal die Wand gestrichen. Mindestens ein Dutzend Mal war er zwischen Wohnung und Keller hin und her gelaufen, Kurzens Pistole im Hosenbund. Dabei war ihm warm geworden.
    Gern hätte Thann noch einmal das Video gesehen. Doch erst nach den Feiertagen würde er sich einen neuen Fernsehapparat kaufen können. Er schenkte sich Weinbrand ein. Auch dieser Vorrat würde bald zur Neige gehen. Sogar die Lautsprecher seiner Musikanlage waren zerstört. Kein Jazz, keine Musik, die ihn aufheitern könnte.
    Er blätterte lustlos in einem Buch, das er einmal geschenkt bekommen hatte. Ein Kriminalroman. Er spielte in Los Angeles und schon nach den ersten Seiten war alles klar. Thann warf das Buch in die Ecke. Sein Magen knurrte. Frohe Festtage.
    Er sah aus dem Fenster. Weder Killer noch Pizzabote. Noch immer fielen dicke Flocken und packten alles weiß ein. Bald würde der Großstadtdreck das, was liegen blieb, ergrauen lassen. Und dann wäre alles nur noch Matsch.
    Endlich klingelte es. Thann betätigte den Türöffner und lauschte ins Treppenhaus. Hoffentlich der Bote von Pizza-Pronto. Für alle Fälle lag ein Messer auf der Kommode und die Pistole neben dem Bett.
    Auch das Telefon klingelte. Es war Tommaso, der von zu Hause anrief. Er klang aufgeregt. Aus dem Treppenhaus schallten die Schritte immer lauter nach oben. Thann glaubte, ein Grunzen zu hören.
    »Stell dir vor, Karl. Endlich. Wir haben's geschafft.«
    Die Schritte und ein Keuchen erreichten die offen stehende Wohnungstür. Thann umklammerte die Pistole.
    »Was gibt's, Enrico? Sprich!«
    »Volltreffer, Karl. Du kannst ab sofort ruhig schlafen!«
    Der Bote stand im Flur, völlig außer Atem. In der Hand hielt er einen Karton und die Rechnung.
    »Die Wohnung wurde ihnen zur Falle. Vor zwei Minuten bekam ich den Anruf. Wir haben Schneider und Dalla!«
    Thann rannte aus der Wohnung. Der Pizzabote sah ihm sprachlos hinterher. Der Inhalt des Thermokartons verlor weiter an Temperatur.
     
    Mit blockierenden Reifen rutschte Thanns alter Golf auf den Parkplatz und kam neben dem roten Porsche zum Stehen. Thann hastete ins Gebäude.
    Er lief durch die Baustelle des Zellentraktes. Überall lagen Werkzeugkisten und Zementsäcke. Kein Licht. Thann stolperte über einen Presslufthammer. Es war staubig und leer.
    Die Behelfszellen erstreckten sich über alle fünf Stockwerke der Festung. Thann rannte die Treppe nach oben. Endlich traf er einen Kollegen, der ihm Auskunft geben konnte. Der Polizeipräsident hatte die beiden in ein Büro ins Kellergeschoss gebracht. Zum Verhör, sagte der Kollege.
    Thann rannte zurück nach unten, durch die Baustelle und weiter. Kellergeschoss. Ein Gang mit mehreren Türen. Es war völlig still. Vielleicht waren die beiden längst befreit und über alle Berge.
    Thann öffnete die erste Tür, stürmte hinein und rammte einen großen Blonden, größer und weit schwerer als er – Bollmann.
     
     
    79.
     
    Eine Schrecksekunde lang starrten sie sich an. Dann sah Thann die Leichen. Er roch das Blut. Ihm wurde schwindlig. Es waren seine Verfolger, Schneider und Dalla, blutüberströmt, auf dem Boden liegend. Sie waren übersät mit Stichwunden, vor allem in Brust und Hals. Sie trugen Handschellen. Blutspritzer waren überall an den Wänden. Auch Bollmann war blutbefleckt. Er hielt ein Messer in der Hand. Thanns Knie wurden weich, und ein Brechreiz überfiel ihn.
    »Sieht nicht gut aus, Junior. Was?«
    Auch auf der Decke waren Blutflecken. Bollmann musste mindestens einen der beiden an der Halsschlagader erwischt haben.
    »Ich sag' dir, wie's war. Dalla hatte gerade Schneider kaltgemacht, als ich reinkam. Er wollte auf mich los. Keine Ahnung, wie er an das Messer kam. Ich konnte es ihm abringen. Er griff mich weiter an. Ich musste mich wehren. Ganz einfach, Junior. Kapiert?« Bollmann legte das Messer auf den Verhörtisch und drehte die Handflächen nach oben. Seine Augen verschickten stahlblaue Blitze.
    »Ich dachte schon, Sie wollten sie entwischen lassen«, sagte Thann.
    »Was?«
    »Aber Sie sind auf Nummer sicher gegangen. Die beiden werden nichts mehr gegen Sie aussagen können.«
    »Du tust mir leid, Junior. Du bist schwer von Begriff. Wer nicht kapiert, den bestraft das Leben.«
    Bollmann griff mit einem harten Schlag an. Thann ging sofort in die Knie. Bollmann setzte nach und trat gegen sein Kinn.

Weitere Kostenlose Bücher