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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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mit der Niederschrift der ganzen Geschichte. Zu öffnen im Fall meines Todes. Jetzt lassen Sie mich endlich frei.«
    Bollmann kam noch näher und drückte Thann die blutigen Klingen an die Nase.
    »Du bluffst. Ich reiße dir beide Nasenlöcher zugleich auf. Das tut mir genauso weh wie dir. Glaube mir, mein Sohn. Rede, lass uns die Sache gut hinter uns bringen. Karl, ich lass dich am Leben. Ich mach' was aus dir.«
    Mein Sohn? Ja, Vater. Danke, Vater.
    Da geschah es – eine große, blutüberströmte Gestalt wankte auf Bollmann zu. Thann erschrak. Dalla, auferstanden von den Toten!
    Bollmann fuhr herum. Zu spät.
    Dalla stach zu mit beiden Händen und all seiner letzten Kraft. Dann ließ er das Messer los und taumelte. Er öffnete den Mund. Doch was immer er auch sagen wollte, es gab nur ein Blubbern. Ein Schwall Blut floss über die Lippen.
    Bollmann zog seine Waffe aus dem Hosenbund und schoss Dalla aus nächster Nähe ins Gesicht. Dalla fiel nach hinten. Blut und Hirn spritzten durch den Raum.
    Bollmann wandte sich wieder Thann zu. Doch sein Gesicht war angsterfüllt, seine Bewegungen seltsam verlangsamt. Er hob die Waffe, wankte in Thanns Richtung und zielte. Sein Mund verzerrte sich, seine Linke fasste auf den Rücken. Er knickte um. Im Fallen löste sich ein Schuss. Die Kugel drang in die Wand.
    Bollmann landete mit seiner ganzen Masse auf Thann. Der Präsident drehte den Kopf hoch, starrte ihn aus kürzester Entfernung an und öffnete den Mund. Nur mit Mühe verstand Thann die letzten Worte Harald Bollmanns.
    »Warum musstest du auf der falschen Seite ... alles kaputt gemacht ... nach so langer Zeit ... den blöden Spinner auf dem Müll verrotten lassen ... wir ... eine Familie ... es ging nicht anders ... Anna.«
    Dann war Schluss. Aus seinem Rücken ragte der blutige Griff des Messers.
     
     
    80.
     
    Mitten in der Nacht kam Thann nach Hause. Es war kalt und roch nach Wandfarbe. Thann hatte eine lange Vernehmung durch Fendrich hinter sich. Er fühlte sich ausgelaugt und leer.
    Eine halbe Stunde hatte er in diesem Raum voller Leichen gelegen, gefesselt an den kalten Heizkörper und halb begraben unter Bollmanns schwerem Körper, den er nicht abschütteln konnte.
    Er hatte geschrien, was die Lunge hergab, bis man ihn endlich fand.
    Das Schlimmste waren die Augen gewesen. Bollmanns weit aufgerissene, stahlblaue Augen, die ihn mit der gesammelten Bösartigkeit des allmählich erkaltenden Polizeichefs angestarrt hatten. Eine halbe Stunde mit diesen Augen.
    Mindestens die nächsten beiden Tage würde er der Festung fernbleiben. Seine Wange pochte unter einem großen Pflaster, das sie ihm verpasst hatten, zusammen mit einer Spritze und ein paar Nähten. Sein Kopf dröhnte noch immer, sein Kinn war blau angelaufen. Sollten sie doch zu ihm kommen, wenn sie noch mehr wissen wollten.
    Bertram Fendrich hatte über die Feiertage Bereitschaftsdienst für das K1. Er war unerwartet fair zu ihm gewesen. Der Anblick der Leichen und der Tod seines großen Ziehvaters hatten Fendrich kleinlaut gemacht. Wenn er etwas von den kriminellen Machenschaften Bollmanns gewusst hatte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken.
    Nach der Vernehmung war Minister Lemke gekommen. Er spielte den Fassungslosen. Thann erinnerte sich an jedes seiner Worte.
    »Wie konnten wir uns in Harald Bollmann nur so täuschen. Sie waren der Einzige, der einen Verdacht hatte. Gute Spürnase. Alle Achtung! Was haben Sie nur mitgemacht in diesem Verhörraum! So darf das natürlich nicht an die Presse gelangen! Eine Frage, Herr Thann. Wenn es wahr ist, dass Bollmann vor fünfundzwanzig Jahren diesen ersten Mord begangen hat – aus welchem Motiv könnte er es getan haben? Was sagt Ihre Spürnase?«
    Thann hatte sich um eine klare Antwort gedrückt. Er hatte auf seine Schmerzen verwiesen.
    Dann hatte man Thann in einem Funkwagen nach Hause gebracht.
     
    Er sah aus dem Fenster. Das Schneegestöber dauerte an. Hinter vielen Fenstern war noch Licht. Die Menschen feierten das Fest der Liebe.
    Zu viele Tote. Anna und Eich. Udo und Kurz. Schneider, Dalla, Bollmann.
    Miller und er waren gerade noch einmal davongekommen.
    Zwölf Tage hatte der Kampf gedauert, der ihm Vertrauen und Sicherheit geraubt und stattdessen Härte verliehen hatte. Am Ende hatte Thann gewonnen, aber nicht als Sieger, sondern als Überlebender.
     
     
    81.
     
    Er lag im Bett und fürchtete sich vor kommenden Träumen. Von draußen drang ein Lichtschein ins Zimmer, als würde der Schnee

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