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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Tag auf dem College. Unser Französischlehrer ist einfach süß! Wenn ich auf diesen Schnurrbart sehe, wird mir schon ganz schwindelig... Hast du irgendetwas Essbares da, Anne? Ich habe fürchterlichen Hunger. - Ah, ich wusste doch, dass Marilla dir einen ihrer sagenhaften Kuchen mitgeben würde. Deshalb bin ich auch vorbeigekommen. Sonst wäre ich mit Frank Stockley in den Park gegangen. Er wohnt im gleichen Haus wie ich - ein feiner Kerl! Du bist ihm heute auf dem College übrigens aufgefallen. Er fragte mich, ob ich dich kennen würde, und ich habe ihm erzählt, du seist ein Waisenkind, das die Cuthberts adoptiert hätten, aber man wüsste nicht so genau, was du eigentlich vorher gemacht hast.«
    Anne fragte sich gerade, ob selbst die traurigste Einsamkeit nicht vielleicht doch besser zu ertragen war als die Gesellschaft von josie Pye, als es abermals an der Tür klopfte und Jane und Ruby ins Zimmer traten. Da Josie nach einem Streit »kein Sterbenswörtchen« mehr mit Jane sprach, musste sie sich wohl oder übel in Schweigen hüllen. »Mir ist, als wären seit heute Morgen schon Monate vergangen«, seufzte Jane. »Eigentlich sollte ich zu Hause sein und meinen Vergil lesen - dieser fürchterliche alte Professor hat uns bis morgen zwanzig Zeilen aufgebrummt-, aber ich konnte mich heute Abend einfach nicht konzentrieren. Hast du geweint, Anne? Das tröstet mich. Ich war auch gerade in Tränen aufgelöst, als Ruby vorbeikam. -Ja, danke, ich nehme auch ein Stück Kuchen. Hm, das schmeckt so richtig nach Avonlea!«
    Ruby sah das Jahrbuch des Colleges auf dem Tisch liegen und fragte, ob Anne vielleicht versuchen wollte, die Goldmedaille zu gewinnen? Anne errötete und gab zu, dass sie bereits daran gedacht hatte. »Das erinnert mich an etwas«, warf Josie ein. »Das Queen’s College soll eins der >Avery-Stipendien< bekommen. Frank Stockley hat es mir erzählt, sein Onkel ist nämlich im Direktorium. Morgen soll es bekannt gegeben werden.«
    Ein Avery-Stipendium! Anne fühlte ihr Herz schneller schlagen. Wie von Geisterhand wurde der Horizont ihrer ehrgeizigen Träume um Meilen erweitert. Bisher war es Annes höchstes Ziel gewesen, nach einem Jahr das Lehrerexamen abzulegen und vielleicht die Goldmedaille zu gewinnen. Aber mit einem Avery-Stipendium ein richtiges Studium am Redmond College beginnen und in Talar und Doktorhut ein Zeugnis überreicht zu bekommen - das war freilich eine noch viel verlockendere Aussicht!
    Ein reicher Fabrikbesitzer aus New Brunswick hatte vor einiger Zeit sein Vermögen einer Stiftung vermacht, die den erfolgreichsten College-Studenten aus der Provinz ein Studium ermöglichen sollte. Lange Zeit war es fraglich gewesen, ob das Queen’s College mit in den Kreis der auserwählten Bildungsanstalten aufgenommen werden sollte, doch jetzt war es eine beschlossene Sache. Wer die beste Note des Jahrgangs in der Englischprüfung erziele, sollte das Stipendium gewinnen: vier Jahre lang jeweils zweihundertfünfzig Dollar jährlich für ein Studium am Redmond College. Kein Wunder, dass Anne in jener Nacht mit glühend roten Wangen ins Bett stieg!
    »Ich werde versuchen das Stipendium zu gewinnen, und wenn ich noch so hart dafür arbeiten muss«, nahm sie sich vor. »Wäre Matthew nicht stolz auf mich, wenn ich einen richtigen Titel bekäme? Ach, wie schön es ist, ehrgeizige Pläne zu haben! Irgendwie scheinen sie nie aufzuhören. Wenn man die eine Stufe erreicht hat, sieht man schon die nächste vor sich. Das ist es, was das Leben so interessant macht.«

31 - Das Jahr auf dem Queen’s College
    Da Anne an den Wochenenden oft nach Hause fahren konnte, ließ ihr Heimweh langsam nach. Solange das Wetter gut genug war, fuhren die College-Studenten aus Avonlea jeden Freitag mit der neuen Eisenbahn nach Carmody. Diana und die anderen jungen Leute erwarteten sie schon am Bahnhof und in einer lustigen Schar ging es dann gemeinsam über die Felder nach Avonlea. Auf diese Freitagabende, an denen sie in der frischen Herbstluft über die gelben Stoppelfelder den Lichtern von Avonlea entgegenzogen, freute sich Anne schon die ganze Woche über.
    Gilbert Blythe ging fast immer neben Ruby Gillis und trug ihre Tasche für sie. Ruby war zu einer hübschen kleinen Dame herangewachsen und bildete sich mächtig viel auf ihr Aussehen ein. Sie trug ihre Röcke so lang, wie es ihre Mutter nur erlaubte, und steckte in der Stadt bereits ihre Haare hoch, obwohl sie sich immer wieder umfrisieren musste, wenn sie nach Hause

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