Anne in Avonlea
fragte, warum, sagte sie ernst, dass die Leute einen, wenn man nicht verheiratet war, eine altejungfer nennen. Ist man aber verheiratet, kommandierte einen der Ehemann herum. Aber wenn man Witwe ist, bestünde weder die eine noch die andere Gefahr. Den bemerkenswertesten Wunsch hatte Sally Bell. Sie wünschte sich >Flitterwochen<. Ich fragte sie, ob sie wüsste, was das wäre. Sie antwortete darauf, es wäre ein besonders schönes Fahrrad, weil ihr Cousin aus Montreal in die Flitterwochen gefahren sei, nachdem er geheiratet hatte, und der hätte schon immer den neuesten Schrei an Fahrrädern besessen!
An einem anderen Tag bat ich die Schüler, mir von ihren größten Dummheiten zu erzählen. Die älteren Schüler ließen sich nicht dazu bewegen, aber die dritte Klasse gab frank und frei Auskunft. Eliza Bell hatte das Wollgarn ihrer Tante in Brand gesteckt. Eines der Kinder fragte sie, ob sie das mit Absicht getan hätte, und sie sagte: >Nicht ganz.< Sie hätte nur ein kurzes Ende angesteckt, um zu sehen, ob es brennt, und im Nu ging das ganze Knäuel in Flammen auf. Emerson Gillis hatte zehn Cents für Süßigkeiten ausgegeben, statt sie in seine Missions-Spardose zu tun. Annetta Beils schlimmste Untat war, dass sie von den Blaubeeren gegessen hatte, die auf dem Friedhof wuchsen.
Willie White war mit seinen Sonntagshosen vom Schafstalldach gerutscht. >Aber ich wurde dafür bestraft und musste den ganzen Sommer lang zur Sonntagsschule geflickte lange Hosen anziehen, und wenn man für etwas bestraft wird, muss man es nicht bereuen<, verkündete Willie.
Ich wünschte, Du könntest ein paar von den Aufsätzen lesen - das wünsche ich so sehr, dass ich Dir ein paar abschreibe und einfach mitschicke.
Letzte Woche gab ich den Schülern der vierten Klasse die Aufgabe auf, sie sollten mir über ein beliebiges Thema einen Brief schreiben. Der Brief könne von einem Ort handeln, an dem sie einmal gewesen waren, oder von einem interessanten Erlebnis oder Menschen. Sie sollten den Brief auf richtigem Briefpapier schreiben, in einen Umschlag stecken, verschließen und ihn an mich adressieren - alles ohne jede fremde Hilfe. Letzten Freitagmorgen lag ein Stapel Briefe auf meinem Tisch und beim Durchlesen am Abend wurde mir wieder einmal klar, dass die Schule ihre leidvollen, aber auch vergnüglichen Seiten hat. Diese Briefe wiegen vieles auf. Hier nun Ned Clays Brief -Adresse, Schreibweise und Grammatik sind originalgetreu wiedergegeben:
Miss Lehrerin Shirley
Green Gabels
wohnh. Island Kan
Vögel
Liebe Lehrerin ich schreibe Ihnen etwas über Vögel. Vögel ist sehr nützliche Tiere, meine Katze fängt Vögel. Er heißt William, aber Pa nennt ihn tom. er istgansgestreift, und lezten Winter hat ersieh ein Ohr abgefroren, nur damit er eine gutaussehende Katze ist. Mein Onckel hat eine Katze adoptiert. Sie kam eines Tages zu sein Haus und wollte nich mehr Weggehen, und mein Onkel sagt, sie hat die meisten Leute vergessen, die sie mal gekennt hat, er lässt sie in seinem Schaukelstuhl schlafen, und meine Tante sagt, er denkt mehr an die Katze als an die Kinder, das ist nicht richtig. Wir sollten nett zu Katzen sein und ihnen frische Milch geben, aber wir sollten nicht netter zu ihnen sein als zu unsern Kindern, mehr fällt mir jetzt nicht ein, soviel als von
Edward blake Clay
St. Clair Donnell fasste sich, wie üblich, kurz und bringt die Sache auf den Punkt. Er verschwendet nie viel Worte. Ich glaube nicht, dass er aus böser Absicht sein Thema ausgewählt oder den Nachsatz hinzugefügt hat. Er hat nur keine große Phantasie und ist nicht sehr taktvoll.
Liebe Miss Shirley,
Sie haben uns die Aufgabe gestellt, über etwas Merkwürdiges zu berichten. Ich möchte über den Avonlea-Saal schreiben. Er hat zwei Türen, eine Innen-und eine Außentür. Er hat sechs Fenster und einen Schornstein. Er hat zwei Enden und zwei Seiten. Er ist blau gestrichen. Das verleiht ihm auch sein merkwürdiges Aussehen.
Er steht an der unteren Straße nach Carmody. Er ist das drittwichtigste Gebäude von Avonlea. Die anderen wichtigen sind die Kirche und die Schmiede. Man hält darin Debattierclubs ab und Lesungen und Konzerte.
Hochachtungsvoll
Jacob Donnell
PS: Der Saal ist in einem sehr grellen Blau gestrichen.
Annetta Beils Brief war ziemlich lang, was mich überraschte, denn Aufsätze sind nicht ihre Stärke. Normalerweise fasst sie sich ebenso wie St. Clair sehr kurz.
Annetta ist ein ruhiges Mädchen und ein
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