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Anne in Avonlea

Anne in Avonlea

Titel: Anne in Avonlea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Unterhaltung. Hier ist ein kleiner Pfad, den ich noch nie gesehen habe. Kommt, wir erkunden ihn.«
    Der Pfad schlängelte sich in engen Windungen dahin, sodass sie hintereinander gehen mussten, aber auch dann noch streiften die Tannenzweige ihre Gesichter. Unter den Tannen waren samtene Mooskissen und tiefer im Wald, wo die Bäume kleiner waren und weniger dicht standen, war der Boden übersät mit den verschiedensten Pflanzen.
    »Wieviele Elefantenohren hier wachsen«, rief Diana. »Ich pflücke einen großen Strauß, sie sind so hübsch.«
    »Wie kommen diese anmutigen Pflanzen nur zu einem so scheußlichen Namen?«, fragte Priscilla.
    »Weil derjenige, der ihnen den Namen gegeben hat, entweder überhaupt keine oder zu viel Phantasie hatte«, sagte Anne. »Oh, seht doch nur das da!«
    »Das« war ein seichter Waldsee inmitten einer kleinen grasbewachsenen Lichtung, wo der Pfad endete. Später im Jahr würde er ausgetrocknet und mit ausladendem Farn bewachsen sein. Aber jetzt war es eine glitzernde, friedliche Waldfläche, rund wie eine Untertasse und klar wie Kristall. Schlanke junge Birken umstanden den See und an seinen Rändern wuchs niedriger Farn.
    »Wie schön!«, sagte Jane.
    »Lasst uns drum herum tanzen wie Waldnymphen«, rief Anne, setzte den Korb ab und streckte die Hände aus.
    Aber aus dem Tanz wurde nichts, weil der Boden sumpfig war und Janes Gummistiefel stecken blieben.
    »Mit Gummistiefeln an den Füßen kann man keine Waldnymphe sein«, entschied sie.
    »Wir müssen diesem Ort einen Namen geben, bevor wir ihn verlassen«, sagte Anne. »Jeder schlägt einen Namen vor und wir losen einen aus. Diana?«
    »Birkenteich«, schlug Diana sofort vor.
    »Kristallsee«, sage Jane.
    Anne, die hinter den beiden stand, warf Priscilla flehende Blicke zu, nicht noch einen solchen Namen zu verbrechen, und Priscilla wurde dem gerecht mit »Glitzerweiher«. Annes Wahl fiel auf »Elfenspiegel«.
    Die Namen wurden mit einem Stift, den Jane aus ihrer Tasche zog, auf Birkenrindenstreifen geschrieben und in Annes Hut gelegt. Dann machte Priscilla die Augen zu und zog einen Streifen. »Kristallsee«, las Jane triumphierend. Auf Kristallsee war das Los gefallen. Auch wenn Anne fand, dass der Zufall dem Teich einen gemeinen Streich gespielt hatte, so sagte sie es nicht.
    Die Mädchen bahnten sich ihren Weg durch das Unterholz hinter dem See und kamen bei Mr Silas Sloanes mit jungem Grün bewachsener hinterer Weide heraus. Quer gegenüber entdeckten sie einen Weg, der in den Wald führte. Sie einigten sich darauf, ihn ebenfalls zu erkunden. Sie wurden mit vielen herrlichen Überraschungen belohnt. Als Erstes kamen sie entlang Mr Sloanes Weide an eine in voller Blüte stehende Allee aus wilden Kirschbäumen. Die Mädchen schwangen ihre Hüte und steckten sich die weichen flaumigen Blüten ins Haar. Dann bog der Weg im rechten Winkel ab und mündete in einen so dicht wachsenden, dunklen Fichtenwald, dass sie wie in Abenddämmerung dahinwanderten, ohne ein Stückchen Himmel oder Sonnenlicht zu sehen.
    »Hier hausen die bösen Waldelfen«, flüsterte Anne. »Sie sind boshaft und arglistig, aber sie können uns nichts antun, weil sie im Frühling nichts Böses tun dürfen. Da hat eine hinter der alten krummen Tanne hervorgelugt. Und habt ihr das Grüppchen auf dem großen, getüpfelten Blätterpilz gesehen, an dem wir gerade vorbeigekommen sind? Die guten Elfen wohnen immer an sonnigen Plätzen.«
    »Ich wünschte, da wären wirklich Elfen«, sagte Jane. »Wäre das nicht schön, wenn man drei Wünsche frei hätte - oder wenigstens einen? Was würdet ihr euch wünschen? Ich würde mir wünschen, reich, klug und schön zu sein.«
    »Ich würde mir wünschen, groß und schlank zu sein«, sagte Diana. »Ich würde mir wünschen, berühmt zu sein«, sagte Priscilla.
    Anne dachte an ihre Haare und ließ den Gedanken als unwürdig fallen.
    »Ich würde mir wünschen, dass in den Herzen aller Menschen auf ewig Frühling wäre«, sagte sie.
    »Aber«, sagte Priscilla, »das wäre ja, als wünschte man sich den Himmel auf Erden.«
    »Nur ein Stückchen Himmel. Ansonsten würde es Sommer und Herbst geben - ja, und auch ein bisschen Winter. Ich glaube, ich wünsche mir auch im Himmel ab und zu glitzernde, schneebedeckte Felder und Raureif. Du dir nicht, Jane?«
    »Ich ... ich weiß nicht«, sagte Jane unbehaglich. Jane war ein liebes Mädchen, versuchte gewissenhaft ihrem Beruf gemäß zu leben und glaubte alles, was man sie gelehrt hatte.

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