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Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)

Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)

Titel: Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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KAPITEL 1
    Geheul
    Freitagnacht
    Du musst etwas unternehmen, Gracie.
    Unwillkürlich kniff ich die Augen zusammen, als ich auf das Display meines Handys schaute, das in der Dunkelheit meines Zimmers viel zu hell leuchtete. Ich hatte so lange in die schwarze Leere zwischen meinem Bett und der Zimmerdecke gestarrt, dass es mir schwerfiel, meine Augen – und meine Gedanken – auf den eintickernden Text zu richten.
    Ich blinzelte ein paarmal und las die Nachricht erneut: Du musst etwas unternehmen, Gracie. Er wird großen Ärger bekommen, wenn er nicht aufhört.
    Wenn ich doch bloß geschlafen hätte, als das Geheul anfing. Ohne ihn zu sehen, wusste ich, dass es der weiße Wolf war. Der laute, traurige Ruf des Wolfs, der jetzt in mein Zimmer drang, wirkte so, als erklänge er direkt vor meinem Fenster – aber ich wusste, dass er tief aus den Wäldern kam. Er wagte sich weiter hinaus.
    Weg von mir.
    Weg von dem, der er einst gewesen war.
    Ich hatte mich herumgewälzt und in meinem Bett aufgesetzt, als das Geheul vor ein paar Minuten begann. Ohne auch nur einen Blick auf die matten roten Ziffern meines Weckers zu richten, wusste ich, dass es zwei Uhr nachts war. Ich hatte mich dazu gezwungen, nicht alle paar Minuten auf die Uhr zu sehen und auszurechnen, wie viele Stunden ich wohl schlafen könnte, bevor der Morgen graute – und hatte noch nicht einmal einschlafen können.
    Denn es ist verdammt schwer einzuschlafen, wenn sich ein Teil von dir tief in deinem Inneren verzweifelt wünscht, es nie wieder zu tun.
    Der Schlaf ließ mich von Daniel träumen. Dem Daniel, den ich in Erinnerung hatte. Die Träume waren so wunderschön und real, dass das ganze Grauen der Realität nur umso heftiger auf mich einstürzte, sobald ich wach wurde und erkannte, dass es eben nur Träume waren. Ich wusste nicht, ob ich sie ein weiteres Mal aushalten könnte, ohne verrückt zu werden.
    Dad und Gabriel hatten mich gegen elf Uhr nach Hause geschickt und behauptet, dass ich den mangelnden Schlaf vom Wochenende nachholen müsste, bevor ich am Montag wieder zur Schule gehen würde. Doch in Wirklichkeit hatten sie mich wohl fortgeschickt, weil keiner von beiden es noch wagte, mir in die Augen zu sehen. Tagelang hatten wir Bücher über die Geschichte der Werwölfe und die Mythologie der Gestaltwandler gewälzt, ja sogar in der Bibel nachgelesen – und noch immer nichts gefunden.
    Nichts, das uns hätte helfen können, Daniel wieder zurückzuverwandeln.
    Sechs Tage waren seit dieser schrecklichen Nacht vergangen, die Daniel und ich im Lagerhaus der Shadow Kings und im Angesicht unseres nahenden Tods verbracht hatten.
    Fünf Tage waren vergangen, seit Daniel sich auf wundersame Weise in den großen weißen Wolf verwandelt hatte, um mich vor Calebs Rudel zu beschützen. Ich war an jenem Tag einem furchtbaren Schicksal entronnen – aber Daniel nicht. Seit jenem Tag war er in einem Gefängnis aus Knochen, Pelz und Klauen eingesperrt. Gefangen im Körper des weißen Wolfs.
    Mit jeder weiteren nutzlos umgeblätterten Seite schienen Dad und Gabriel mehr und mehr zu glauben, dass Daniel für immer verloren war. Und es verhieß nichts Gutes, dass er anscheinend mit jedem Augenblick ein bisschen mehr zu diesem weißen Wolf wurde und sich immer weiter von Daniel entfernte.
    In den ersten paar Tagen nach seiner Verwandlung war er mir überallhin gefolgt – was bedeutete, dass ich praktisch nirgendwohin gehen konnte. Doch trotz allem war er bei mir gewesen, und in den ausdrucksvollen braunen Augen des Wolfs hatte ich ihn erkennen können.
    Doch vor zwei Tagen war er plötzlich scheu geworden und hatte begonnen umherzuwandern. Hauptsächlich in den Wäldern. Ein paar Stunden blieb er fort, kam aber dann, als ich ihn rief, immer zurück zu unserem Haus. Heute jedoch blieben meine Rufe ungehört und er kam überhaupt nicht wieder.
    Der Wald verlangt nach ihm, flüsterte eine schroffe Stimme in meinem Kopf.
    Ich schüttelte sie ab, wollte den dämonischen Wolf in mir nicht mit meinen Zweifeln nähren. Ich hatte an diesem Abend keine Geduld für irgendwelche Gedankenspielchen.
    Aus den Wäldern wurde Daniels Heulen jetzt lauter und mein Herz sehnte sich nach ihm. Nach uns. Ich fragte mich gerade, ob sein Heulen wohl auch von allen anderen gehört werden könnte oder lediglich mein Supergehör eingeschaltet war – als mein Handy auf dem Nachttisch summte und Dads SMS erschien.
    Hm. Dad. Schickt eine SMS. Daran werde ich mich nie gewöhnen können.
    Ich rieb

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