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Anne in Avonlea

Anne in Avonlea

Titel: Anne in Avonlea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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alle gelacht. Ich wollte, man könnte erst überlegen, bevor man etwas tut, weil dann würde man es nicht tun. Aber Milty wollte nicht frech sein. Ihm fiel dies Dings nur nicht ein. Miss Rogerson sagte, der Himmel sei dort, wo Gott sei. Ich solle gefälligst nicht solche Fragen stellen. Milty stupste mich an und flüsterte mir zu: >Der Himmel ist auf Onkel Simons Speicher, ich erklär dir das auf dem Weg nach Hause.< Also hat er es mir auf dem Weg nach Hause erklärt. Milty ist ganz groß im Erklären. Sogar wenn er von einer Sache überhaupt keine Ahnung hat, lässt er sich einen Haufen Zeug einfallen und so kriegt man es doch erklärt. Seine Mutter ist die Schwester von Mrs Simon und mit ihr ist er zur Beerdigung gegangen, als seine Cousine Jane Ellen gestorben ist. Der Pfarrer sagte, sie sei im Himmel, aber Milty behauptet, dass sie direkt vor ihnen im Sarg lag und dass sie den Sarg hinterher auf den Speicher bringen würden. Naja, als Milty und seine Mutter nach der Beerdigung nach oben gingen, um den Hut von seiner Mutter zu holen, fragte er sie, wo der Himmel wäre, in dem Jane Ellen sei. Sie zeigte genau auf die Decke und sagte: >Da oben!< Milty war klar, dass da über der Decke nichts anderes als der Speicher war. So hat er es herausgefunden. Seitdem hat er jedes Mal eine fürchterliche Angst davor, zu Onkel Simon zu gehen.«
    Anne zog Davy auf ihre Knie und gab sich alle Mühe, diesen Wirrwarr theologischer Fragen zu entwirren. Sie eignete sich für diese Aufgabe viel besser als Marilla, denn sie rief sich ihre eigene Kindheit in Erinnerung und verstand instinktiv, welch seltsame Vorstellungen Siebenjährige manchmal von Dingen haben, die Erwachsenen natürlich ganz klar und verständlich sind. Sie hatte Davy mit Erfolg klarmachen können, dass der Himmel nicht auf Simon Fletchers Dachboden ist, bis Marilla aus dem Garten kam, wo sie zusammen mit Dora Erbsen gepflückt hatte. Dora war ein fleißiges Persönchen. Nichts machte sie glücklicher, als wenn sie bei verschiedenen kleinen Arbeiten, die sie mit ihren pummeligen Händen erledigen konnte, »helfen« konnte. Sie fütterte die Hühner, spülte das Geschirr und erledigte kleinere Besorgungen. Sie war gefällig, gewissenhaft und aufmerksam. Man musste ihr nie etwas zweimal sagen, sie vergaß nie eine ihrer kleinen Pflichten. Davy dagegen war ziemlich unachtsam und vergesslich. Aber er hatte von Natur aus etwas Einnehmendes und nach wie vor mochten Anne und Marilla ihn lieber.
    Während Dora stolz die Erbsen palte und Davy aus den Schoten Boote anfertigte, mit Masten aus Streichhölzern und Segeln aus Papier, berichtete Anne Marilla von der wundervollen Nachricht in dem Brief.
    »Oh, Marilla, denk doch nur! Priscilla hat mir einen Brief geschrieben. Sie schreibt, dass Mrs Morgan auf der Insel ist. Wenn am Donnerstag gutes Wetter ist, wollen sie nach Avonlea kommen und so gegen zwölf Uhr hier sein. Sie verbringen den Nachmittag bei uns und gehen am Abend ins Hotel in White Sands, weil dort einige von Mrs Morgans amerikanischen Freunden absteigen. Oh, Marilla, ist das nicht wunderbar? Ich kann kaum glauben, dass es kein Traum ist.«
    »Mrs Morgan ist auch nicht viel anders als andere Leute«, sagte Marilla trocken, obwohl sie auch ein kleines bisschen aufgeregt war. Mrs Morgan war eine berühmte Frau und ein Besuch von ihr, das kam nicht alltäglich vor. »Dann werden sie also zum Mittagessen hier sein?«
    »Ja, und Marilla, darf ich alles allein vorbereiten? Ich möchte mich der Verfasserin des Rosenknospen-Gartens erkenntlich zeigen - und sei es nur, dass ich ein Mittagessen für sie koche. Du hast doch nichts dagegen, nicht wahr?«
    »Ach je, ich bin nicht versessen darauf, im Juli an einem heißen Feuer zu stehen und zu kochen. Es macht mir nichts aus, wenn jemand mir die Arbeit abnimmt. Du darfst gern übernehmen.«
    »0 danke«, sagte Anne, so als hätte Marilla ihr soeben einen Riesengefallen erwiesen. »Ich stelle gleich jetzt das Menu zusammen.«
    »Du solltest es besser nicht allzu vornehm machen«, warnte Marilla, die der hochtrabende Ausdruck »Menu« in leichte Unruhe versetzte. »Nachher handelst du dir noch ganz schön Ärger ein.«
    »Ich werde es überhaupt nicht >vornehm< machen, wenn du damit andere Sachen meinst, als wir zu festlichen Angelegenheiten sonst auch machen«, versicherte Anne. »Das wäre Heuchelei. Mag ja sein, dass ich nicht so vernünftig und beständig bin, wie man mit siebzehn und als Lehrerin sein sollte - doch so dumm

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