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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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strömende Regen und der heulende Wind ließen sie eine Weile nicht einschlafen. Doch dann vergaß sie die tomgallonschen Tragödien und fiel in traumlosen Schlummer. Als sie ausgeruht erwachte, ging hinter den dunklen Tannen die Sonne auf.
    »Ich habe mich sehr über Ihren Besuch gefreut, meine Liebe«, sagte Miss Minerva, als Anne sich nach dem Frühstück verabschiedete. »Haben wir uns nicht glänzend unterhalten? Dabei habe ich nach so langer Zeit des Alleinseins fast das Reden verlernt. Es war mir wirklich eine Freude, ein so bezauberndes junges Mädchen kennen zu lernen. Ich habe es Ihnen gestern nicht gesagt, doch es war mein Geburtstag. Aber es gibt niemanden mehr, der noch an meinem Geburtstags denken könnte« - Miss Minerva stieß einen Seufzer aus - »und früher waren es so viele.«
    »Na, dann haben Sie ja jetzt das Gruselkabinett kennen gelernt«, meinte Tante Chatty trocken, als Anne wieder in Windy Willows ankam.
    »Ist denn alles das, was Miss Minerva erzählt, wirklich passiert, Tante Chatty?«, fragte die ungläubig.
    »Ja, es stimmt tatsächlich«, sagte Tante Chatty. »Ob man es glaubt oder nicht, die Tomgallons hatten wirklich eine ganze Reihe schrecklicher Erlebnisse. Es schien tatsächlich ein Fluch auf der Familie zu lasten. Natürlich gab es ein paar Familienmitglieder, die nicht ganz richtig im Kopf waren. Aber es heißt auch, dass der Zimmermann das Haus beim Bau verflucht hat.«
    »Miss Minerva scheint auf diesen Fluch richtig stolz zu sein«, sagte Anne und schüttelte sich.
    »Das ist eben alles, was der armen Alten noch geblieben ist«, bemerkte Rebecca Dew.
    In ihrem Dachzimmer schrieb Anne einen Brief an Gilbert:
    So verschlafen, wie das Haus der Tomgallons mir immer vorgekommen war, hätte ich nie gedacht, dass darin so viel passiert sein könnte. Die Tragödien, die sich dort abgespielt haben, sind Miss Minervas Leben, so wie für andere Frauen Mann und Kinder. Gilbert, ich hoffe, dass wir nie so weit kommen, das Leben nur als Tragödie zu sehen und sich dann noch damit zu brüsten, egal, wie alt wir einmal werden. Ich glaube, ich möchte nicht in so einem uralten Haus leben. Unser Traumhaus soll entweder ein ganz neues Haus sein, ohne Geister und ohne Vergangenheit, oder ein Haus, in dem vorher vernünftige, glückliche Menschen gewohnt haben. Meine
    Nacht im Haus der Tomgallons werde ich jedenfalls so schnell nicht vergessen!

Kapitel 12
    Die kleine Elizabeth Grayson hatte von klein auf in einer eigenen Welt gelebt, einer Welt der Träume. Diese Träume wurden jedoch nur allzu selten Wirklichkeit unter dem strengen Regiment ihrer Großmutter und ihrer Haushälterin.
    Aber das hinderte sie nicht daran, weiter auf die Dinge zu hoffen, die irgendwann einmal geschehen würden, wenn nicht heute, dann eben morgen.
    Seit Miss Shirley in Windy Willows wohnte, hatte Elizabeth das Gefühl, dass dieses »Morgen« ein ganzes Stück näher gerückt war, und ihr Besuch auf Green Gables war für sie wie ein Vorgeschmack auf »Morgen« gewesen. Aber jetzt, da Annes drittes und letztes Jahr an der Summerside High-School fast zu Ende war, fühlte Elizabeth sich mutlos bei dem Gedanken, dass sie bald für immer Weggehen würde. Ende des Monats schon würde sie Summerside verlassen und nach Green Gables zurückkehren. Elizabeth konnte es kaum ertragen, daran zu denken. Annes Versprechen, sie im Sommer vor ihrer Hochzeit nach Green Gables zu holen, konnte sie nicht trösten. Elizabeth ahnte, dass ihre Großmutter es diesmal nicht erlauben würde. Sie war ja immer schon gegen ihre Freundschaft mit Miss Shirley gewesen.
    »Das wird das Ende sein, Miss Shirley«, schluchzte sie.
    »Es wird nur ein neuer Anfang sein, mein Schatz«, sagte Anne in heiterem Ton, obwohl sie auch traurig war. Von Elizabeths Vater hatte sie nichts gehört. Entweder hatte ihr Brief ihn nicht erreicht oder er hatte kein Interesse an Elizabeth. Wenn das der Fall war, was sollte dann aus Elizabeth werden?
    »Sie wird noch zu Grunde gehen an dieser ewigen Bevormundung«, hatte Rebecca Dew gesagt.
    Elizabeth wusste, dass sie bevormundet wurde, besonders, wenn es die Haushälterin war, die sie herumkommandierte. Ihrer Großmutter konnte sie es noch eher zugestehen, aber was für ein Recht hatte eigentlich diese Frau, so mit ihr umzugehen? Elizabeth fühlte ganz genau, dass beide sie nicht liebten. Sie vermieden es sogar nach Möglichkeit, sie beim Namen zu nennen. Sie war meistens nur »das Kind«. Elizabeth hasste es, einfach

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