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Anni und Alois - Arm sind wir nicht: Ein Bauernleben (German Edition)

Anni und Alois - Arm sind wir nicht: Ein Bauernleben (German Edition)

Titel: Anni und Alois - Arm sind wir nicht: Ein Bauernleben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Seidl , Stefan Rosenboom
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Vormittag, wo es draußen frostige 15 Grad unter null hat, passiert nicht viel auf dem Einödhof. Man ist zum Stillstand verdammt, was der Anni besonders schwerfällt. »Hast du den Weg schon geräumt?«, fragt sie deshalb den Alois unruhig und blickt ihn un vermittelt an. Der nickt leise und antwortet: »Jaa, haben wir schon gemacht«, und lächelt leise in sich hinein. Den Alois aus der Ruhe zu bringen, das schafft nicht einmal die Anni. Und wenn man so lange verheiratet ist, wird nicht gestritten wegen jedem »Schmarrn«, man gibt nach, wo der andere seine Empfindlichkeiten hat. Einzig die Anni gibt zu, dass sie einen Dickschädel hat und gern mal nachtragend sei. Dem Alois ist das aber egal, er kennt sie ja. Und nein, er lässt sich von ihr nicht alles gefallen. Aus. Amen.
    Der Alois nimmt noch einen Zug aus seiner Limonadenflasche, seelenruhig, bis er der Anni endlich antwortet: »Da ist gestern einer den Weg mit dem Auto runtergefahren und nicht wieder raufgekommen. Ich habe zu ihm gleich gesagt, bleib’ oben, der Weg zum Haus ist zu steil, aber er hat halt runterfahren müssen, weil er Polizist ist. Das ist einer aus dem Ort, aber arbeiten tut er bei der Sonderkommission in München. Ja, aber deshalb ist das Auto auch nicht wieder raufgekommen und schließlich habe ich ihn mit dem Traktor raufziehen müssen«, seufzt er. Für solche Unvernunft und Wichtigtuereien hat er kein Verständnis.
    Lieber legt er noch ein Holzscheit nach, das ist lebensnotwendig für ihn, damit es in der Stube schön warm bleibt. Wenn der Ofen ausginge, das wäre eine kleine Katastrophe für Alois. Aber weil der Alois seinen Platz auf dem Sofa ungefähr zwei Meter in Sicht- und Reichweite des Ofens hat, behält er das alte Ding immer genau im Blick. Eine Aufgabe, die ihn den ganzen Tag beschäftigt, fast so, als ob er auf ein kleines Kind aufpassen müsste.
    Die Anni, die bei diesen Zimmertemperaturen am liebsten schon wieder ein Fenster zum Lüften aufreißen würde, schimpft »heizt du schon wieder nach«, als der Alois die Ofenklappe öffnet, um ein neues Holzscheit nachzulegen. Aber der Alois überhört sie geflissentlich, reagiert nicht und setzt sich nach vollbrachter Tat schweigend hin. Er fixiert irgendeinen Punkt im Raum – auf der gegenüberliegenden Wand, irgendwo auf der grünen Tapete. Es tritt ein: Stille, die Stille zwischen zwei Gedanken, die Stille zwischen alldem, was täglich gesagt und getan wird.
    Diese Andacht beendet die Anni nach einigen Sekun den, zupft sich ihre Schürze zurecht und berichtet: »Die Schwiegertochter war neulich zu Besuch und die hat sich hier totgefroren. Die ist im Anorak hier in der Stube gesessen. Aber daheim, da heizen die, da würde ich umfallen bei 25 Grad im Zimmer«, schüttelt sie ange widert den Kopf. »Wenn die es so heiß haben in der Wohnung und wenn es draußen kalt wird, dann werden die automatisch krank, weil sie keine Kälte mehr aushalten«, beschließt sie ihre Kälte- und Wärmetheorie, die eigentlich auch eine Theorie von Armut und Wohlstand, vom einfachen Leben und vom Komfort ist.
    Und überhaupt diese modernen Häuser, da fühlen sich Anni und Alois nicht wohl.
    »Ich mag in kein Haus gehen, wo ich draußen schon die Schuhe ausziehen muss«, beklagt Alois die ländliche Überreinlichkeit. »Das muss doch langen, wenn man am Fußabstreifer die Schuhe sauber macht«, schaut er die Anni fragend an. Aber die zwickt gerade die Katze Mauckei neckisch in ihre Ohren, um sie in ihrem Winterschlaf zu stören. »Was ist, Mauckei? Hast du ausgeschlafen?«, ärgert sie den grauen Stubentiger, der zusehends genervt ist. Als die Anni ihm die Ohren mit einer Hand runterbiegt und nicht mehr loslässt, faucht der kleine Mitbewohner und fährt zum ersten Mal seine Pfote mit gezückten Krallen aus. »Der reicht es schon, wenn du sie anlangst«, beobachtet der Alois das wilde Treiben. Denn die Anni liebt es, mit den Tieren zu spielen, sie aufzustacheln, bis sie angreifen. Triumphierend und amüsiert sagt sie: »Jetzt schaut sie aber wild«, und fährt Mauckei noch einmal provokativ über die empfindliche Katzennase.
    Ein Fauchen, ein lautes Auflachen der Anni, ein verschmitztes Lächeln vom Alois, so ist der kalte Februar tag von Anni und Alois. Still, ruhig, bedächtig, ohne Ereignisse. »Nur in einem ruhigen Teich spiegeln sich die Sterne«, besagt ein chinesisches Sprichwort. Fünfzig kalte Winter haben Anni und Alois gemeinsam überstanden im herben Klima des Bayerischen Waldes, in

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