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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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dort gelegen haben.
    Es hatte erst spät am Vorabend begonnen zu schneien. Scharfe Eiskristalle, die gegen die Fenster peitschten und jeden wie Nadeln ins Gesicht stachen, der wie Annika gezwungen gewesen war, um halb elf Uhr abends noch einmal das Haus zu verlassen und Milch zu kaufen.
    Im Laufe des Morgens war der Schneefall stärker geworden, und der nationale Wetterdienst SMHI hatte eine Unwetterwarnung herausgegeben.
    Vor einer Stunde hatte der Schneefall dann plötzlich aufgehört.
    Die Frau konnte nicht die ganze Nacht dort gelegen haben, sonst wäre auch der Fuß eingeschneit gewesen.
    Sie ist irgendwann in den Morgenstunden dort hingekommen, dachte Annika. Was hatte eine Frau in hochhackigen Stiefeln morgens um acht im Schneesturm und allein auf einem Fußweg hinter einer Kindertagesstätte zu suchen?
    Annika bog nach rechts ab, hinunter zur Straße.
    Auf dem Selmedalsvägen gab es nicht nur eine, sondern gleich zwei Kindertagesstätten direkt nebeneinander: eine städtische und eine private. Drei Streifenwagen mit rotierenden Saftmixern auf dem Dach produzierten vor den Kitaeingängen eine Wolke aus Abgasen, die in Schwaden zwischen Klettergerüsten und Rutschbahnen abzogen. Solange das Blaulicht eingeschaltet war, mussten die Motoren laufen, sonst entluden sich die Batterien. Mehr als einmal war eine entscheidende Verbrecherjagd gescheitert, weil die Polizeiwagen nicht angesprungen waren.
    Zwei Frauen und ein Mann, vermutlich Eltern, näherten sich mit aufgerissenen Augen und schnellen Schritten. War etwas passiert? Doch wohl nicht in ihrer Kita? Doch wohl nicht ihren Kindern? Ach nein, dann hätte man sie ja angerufen.
    Annika stellte sich hinter einen der Streifenwagen, um die Leute abzupassen. Der Vater übernahm das Kommando und ging zu dem Polizeianwärter, der in der Kälte abgestellt worden war, um die Presse und andere Neugierige abzuwimmeln.
    Eine Person sei aufgefunden worden, vermutlich tot, oben im Wald … Nein, nicht auf dem Grundstück der Kita, oben auf dem Hügel im Wald … Nein, es sei unwahrscheinlich, dass eines der Kinder die Leiche gesehen habe … Nein, die Todesursache sei zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bekannt und nichts deute darauf hin, dass der Todesfall im Zusammenhang mit der Kita stehe …
    Die Eltern atmeten auf und eilten zu ihrem Nachwuchs, offen­sichtlich erleichtert, dass der Tod auch dieses Mal das Problem und die Sorge anderer Leute war.
    Sie ging zu dem Polizeianwärter hinüber.
    »Bengtzon«, sagte sie. »Vom Abendblatt . In welcher Kita hatte sie ihre Kinder?«
    Der Anwärter schielte zur städtischen Kita hinüber.
    »Eins«, sagte er. »Sie hatte nur ein Kind, soweit ich weiß. Einen Jungen.«
    Annika folgte seinem Blick. Ein roter Pappstern leuchtete im Fenster der Eingangstür. Auf den Scheiben klebten ausgeschnittene weiße Schneeflocken.
    »Wer hat denn Alarm geschlagen? Ihre Kollegen? Weil sie heute Morgen nicht zur Arbeit erschienen ist?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ein Nachbar«, sagte er und trat einen Schritt zurück. »Aber darüber müssen Sie mit den Kollegen von der Einsatzzentrale sprechen oder einem Vorgesetzten. Ich weiß eigentlich nichts.«
    Das Unbehagen begann wie ein dumpfer Bass in ihrer Magengegend zu vibrieren. Dass sie sich nie daran gewöhnte.
    Eine junge Mutter mit kleinen Füßen und hohen Absätzen liefert ihr Kind in der Kita ab, geht heim und stirbt auf einem Fußweg im Schneesturm.
    Sie merkte, dass sie vor Kälte zitterte. Der Pappstern drehte sich langsam im Fenster. Ein Mann auf einem Fahrrad fuhr den Selmedalsvägen entlang.
    Sie durchwühlte ihre Tasche nach dem Handy, knipste ein Foto von der Kita, nickte dem Polizeianwärter kurz zu und ging zu ihrem Auto.
    Seit es aufgehört hatte zu schneien, war die Temperatur beträchtlich gefallen. Ihr Atem gefror an der Innenseite der Windschutzscheibe, und sie musste das Heizgebläse ein paar Minuten auf höchster Stufe laufen lassen, ehe sie losfahren konnte. Sie schnürte ihre Stiefel auf und massierte energisch die Zehen am linken Fuß, um sie wieder zum Leben zu erwecken.
    Ellen und Kalle gingen inzwischen allein vom Hort nach Hause. Das war allerdings weniger heldenhaft, als es klang, denn der Hort lag auf der anderen Seite der Hantverkargatan – auch ein Grund, warum sie sich noch nicht um ein neues Domizil gekümmert hatten, obwohl ihre gemietete Dreizimmerwohnung viel zu klein war.
    Der Stau kam etwas in Bewegung, sie ließ die Kupplung kom­men, und das Auto

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