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Ansichten Eines Clowns

Ansichten Eines Clowns

Titel: Ansichten Eines Clowns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Boll , Heinrich Böll
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und stieg in den nächsten Zug, der südwärts fuhr. Ich hatte Angst und wollte weg. Beim Packen hatte ich an Maries Handtuch Blutflecken gesehen. Noch auf dem Bahnsteig, bevor ich endlich im Zug nach Frankfurt saß, hatte ich Angst, es würde mir plötzlich eine Hand auf die Schulter gelegt und jemand würde mich mit höflicher Stimme von hinten fragen :
    »Gestehen Sie ?«Ich hätte alles gestanden. Es war schon
    Mitternacht vorüber, als ich durch Bonn fuhr. Ich dachte gar nicht daran, auszusteigen. Ich fuhr bis Frankfurt durch, kam dort gegen vier Uhr früh an, ging in ein viel zu teures Hotel und rief Marie in Bonn an. Ich hatte Angst, sie könnte nicht zu Hause sein, aber sie kam sofort an den Apparat und sagte: »Hans, Gott sei Dank, daß du anrufst, ich hab mir solche Sorgen gemacht.« - »Sorgen«, sagte ich. »Ja«, sagte sie, »ich habe in Osnabrück angerufen und erfahren, daß du weg bist. Ich komme sofort nach Frankfurt, sofort.« Ich nahm ein Bad, ließ mir ein Frühstück aufs Zimmer bringen, schlief ein und wurde gegen elf von Marie geweckt. Sie war wie verändert, sehr lieb und fast fröhlich, und als ich fragte: »Hast du schon genug katholische Luft geatmet?«
    lachte sie und küßte mich. Ich erzählte ihr nichts von der Polizei.

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13

    Ich überlegte, ob ich das Badewasser noch ein zweites Mal aufbessern sollte. Aber es war verbraucht, ich spürte, daß ich raus mußte. Das Bad hatte meinem Knie nicht gut getan, es war wieder geschwollen und fast steif. Als ich aus der Wanne stieg, rutschte ich aus und fiel beinahe auf die schönen Kacheln. Ich wollte Zohnerer sofort anrufen und ihm vorschlagen, mich in eine Artistengruppe zu vermitteln. Ich trocknete mich ab, steckte mir eine Zigarette an und betrachtete mich im Spiegel: ich war mager geworden. Beim Klingeln des Telefons hoffte ich einen Augenblick lang, es könnte Marie sein. Aber es war nicht ihr Klingeln. Es hätte Leo sein können. Ich humpelte ins Wohnzimmer, nahm den Hörer auf und sagte: »Hallo.«
    »Oh«, sagte Sommerwilds Stimme, »ich habe Sie doch hoffentlich nicht bei einem doppelten Salto gestört.«
    »Ich bin kein Artist«, sagte ich wütend, »sondern ein Clown ~ das ist ein Unterschied, mindestens so erheblich wie zwischen Jesuiten und Dominikanern - und wenn hier irgend etwas Doppeltes geschieht, dann höchstens ein Doppelmord.«
    Er lachte. »Schnier, Schnier«, sagte er, »ich mache mir ernsthaft Sorgen um Sie. Sie sind wohl nach Bonn gekommen, um uns allen telefonisch Feindschaft anzusagen?«
    »Habe ich Sie etwa angerufen«, sagte ich, »oder Sie mich?«

    »Ach«, sagte er, »kommt es wirklich so sehr darauf an?«

    Ich schwieg. »Ich weiß sehr wohl«, sagte er, »daß Sie mich nicht mögen, es wird Sie überraschen, ich mag Sie, und Sie werden mir das Recht zugestehen müssen, gewisse Ordnungen, an die ich glaube und die ich vertrete, durchzusetzen.«
    »Notfalls mit Gewalt«, sagte ich.

    »Nein«, sagte er, seine Stimme klang klar, »nein, nicht mit Gewalt, aber
    »Warum sagen Sie Person und nicht Marie?« »Weil mir daran liegt, die Sache so objektiv wie nur möglich zu halten.«
    »Das ist Ihr großer Fehler, Prälat«, sagte ich, »die Sache ist so subjektiv, wie sie nur sein kann.«
    Mir war kalt im Bademantel, meine Zigarette war feucht geworden und brannte nicht richtig. »Ich bringe nicht nur Sie, auch Züpfner um, wenn Marie nicht zurückkommt.«
    »Ach Gott«, sagte er ärgerlich, »lassen Sie Heribert doch aus dem Spiel.«

    »Sie sind witzig«, sagte ich, »irgendeiner nimmt mir meine Frau weg, und ausgerechnet den soll ich aus dem Spiel lassen.«
    »Er ist nicht irgendeiner, Fräulein Derkum war nicht Ihre Frau — und er hat sie Ihnen nicht weggenommen, sondern sie ist gegangen.«
    »Vollkommen freiwillig, was?«

    »Ja«, sagte er, »vollkommen freiwillig, wenn auch möglicherweise im Widerstreit zwischen Natur und Übernatur.«
    »Ach«, sagte ich, »wo ist denn da die Übernatur?«

    »Schnier«, sagte er ärgerlich, »ich glaube trotz allem, daß Sie ein guter Clown sind

aber von Theologie verstehen Sie nichts.«

    »Soviel verstehe ich aber davon«, sagte ich, »daß Ihr Katholiken einem Ungläubigen wie mir gegenüber so hart seid wie die Juden gegenüber den Christen, die Christen gegenüber den Heiden. Ich höre immer nur: Gesetz, Theologie — und das alles im Grunde genommen nur wegen eines idiotischen Fetzens Papier, den der Staat — der Staat ausstellen muß.«
    »Sie verwechseln

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