Anthologie - Das Lustbett
den dicken Panzer des rotgesichtigen Yankees und entlarvte unbarmherzig die dahinter liegende Bigotterie. Der Amerikaner wurde knallrot bis unter die Haarwurzeln und begann verlegen seine polierten Fingernägel zu inspizieren.
Wir nahmen unseren unterbrochenen Spaziergang zur Place de la Concorde wieder auf.
»Herrgott, Mädchen, du warst einfach großartig! Was für verborgene Fähigkeiten hast du sonst noch?«
Harriet antwortete nicht, sondern lächelte nur und küßte mein Ohrläppchen. Plötzlich nahm sie meine Hand und zog mich im Laufen über die Straße zum Park hinüber.
Wir rannten an einer Mauer von Taxis vorbei, die mit quietschenden Bremsen anhielten. Wir ließen eine Kaskade der saftigsten Flüche über uns ergehen, ausgesprochen von schwarzlockigen Chauffeuren. Dazwischen erklang die Trillerpfeife eines Polizisten, die inmitten des höllischen Lärms anzuhören war wie ein idyllischer kleiner Bergbach im Schwarzwald. Aus unerfindlichen Gründen ging alles gut. Wir kamen unverletzt über die Straße und lagen dann keuchend unter einer Eiche hinter der dichten Hecke zum Fahrdamm.
»Was, um Himmels willen, ist in dich gefahren? Weißt du denn nicht, daß man heutzutage auf der Stelle Strafe bezahlen muß? Und wenn dir dein Leben gleichgültig ist: Ich hänge noch ein wenig an meinem!«
Der Polizist pustete immer noch in seine Trillerpfeife; inzwischen mußte er schon ganz blau im Gesicht sein.
»Man schätzt sein Leben höher ein, wenn man es gelegentlich aufs Spiel setzt, wußtest du das noch nicht?«
Sie lächelte und legte sich auf den Rücken.
»Ich glaube, du hast einen Schock bekommen, mein armerKleiner, du Ärmster!«
Harriets Finger spielten mit einem Grashalm unter meiner Nase, und ich mußte dreimal niesen.
»Gesundheit!«
»Das sagst ausgerechnet du. Du hättest eben unserm Leben fast ein Ende gemacht. Im letzten Herbst bin ich bei Tempo 160 von der Straße abgekommen und mit heiler Haut davongekommen, wenn auch nur knapp; es wäre also ein bißchen bitter, danach jetzt einfach von einem Taxi überfahren zu werden.«
»Dein alter Citroen sieht aus, als wäre er schon oft im Straßengraben gelandet, aber hundertsechzig fährt der bestimmt nicht.«
»Das war auch gar nicht der Citroen, sondern eine spezialgetrimmte 750er BWM, verchromt und sehr dufte und mindestens zehntausend wert.«
Ich wurde richtig sentimental, als ich an Phoebus zurückdachte (so hieß das Ungetüm).
»Daß du ein Motorradfan bist, habe ich ja noch gar nicht gewußt«, sagte Harriet und war wieder mit dem Grashalm da.
»Heute bin ich das auch nicht mehr. Aber du bist ja mindestens genauso gefährlich…«
Sie sah sich hastig um und stellte dabei offenbar fest, daß man uns zwischen den dicken Baumstämmen und der dichten Hecke nicht gut sehen konnte, denn plötzlich und unvermutet saß sie rittlings auf meiner Brust und spielte mit ihren Händen hinter dem Rücken.
»Immer mit der Ruhe, Mädchen – es ist nicht einmal eine halbe Stunde her! Wir werden noch vor Einbruch der Dunkelheit total fertiggefickt sein…«
»Das werden wir durchaus nicht sein. Ich will nämlich dieses herrliche Ding, das du da zwischen deinen Beinen hast, vierundzwanzig Stunden am Tag in mir haben. Glaubst du, daß ich eine Nymphomanin bin?«
»Allmählich fange ich an, mir diese Frage zu stellen.«
»All right, dann will ich es sein, allerdings unter der Voraussetzung, daß du mein Nympho-Mann bist. Ich will dich morgens, mittags und abends haben, und zwischendurch auch noch gelegentlich – als Zwischenmahlzeit. Ich will dich im Louvre vögeln und auf dem Eiffelturm und auf der Turmspitze von Sacre-Coeur und im Foyer von Crillon und auf der Operntreppe, von der Bühne vor dem roten Vorhang gar nicht zu reden.«
Kleine, fordernde, hungrige Küsse auf fieberheiße Wangen, Hände, die samtweiche Haut unter enganliegendem Stoff neu entdeckten, kollidierende Hände, die fieberhaft und forschend suchten. Ein weicher, sich wiegender Schoß gegen ein nacktes, erwachendes Glied, das wundervolle Eindringen in die Quelle des Lebens und den Anfang aller Weisheit.
»Du… du… du bist ja im Tierkreiszeichen des Löwen geboren, und ich bin Jungfrau… du bist ein Löwe mit einer goldenen Mähne… dies ist Löwenpoesie, frei im Raum schwebend… O Gott, dies ist der achte Psalm:
Herr, mein Herr,
wie herrlich ist dein Name
auf der ganzen Welt, du, der du deine Schwanzmajestät
in meinen Schoß gepflanzt,
… was ist ein Mensch, daß du an
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