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Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Lieferwagen hindurch und brachte ihn hinter einem Müllfahrzeug abrupt zum Stehen. »Herr im Himmel!« rief Bloomburg durch die PlexiglasTrennwand. »Als was haben Sie eigentlich in Rußland gearbeitet? Erzählen Sie mir nicht, Sie waren Rennfahrer!« Yuri antwortete nicht.
    Bloomburg beugte sich vor. »Es interessiert mich wirklich. Was waren Sie von Beruf? Letzte Woche hatte ich einen russischen Taxifahrer, der Mathematik unterrichtete, bevor er in die Vereinigten Staaten kam. Er hat mir erzählt, er sei ausgebildeter Elektroingenieur. Können Sie sich das vorstellen?«
    »Allerdings«, erwiderte Yuri. »Ich bin selber Ingenieur.« Er wußte, daß er übertrieb – denn er war Techniker und nicht Ingenieur –, aber das spielte keine Rolle. »Auf welchem Gebiet?« wollte Bloomburg wissen. »Biotechnologie«, informierte Yuri ihn. Die Ampel sprang auf Grün, und er beschleunigte. Sobald er konnte, überholte er den Müllwagen und brauste in Richtung up-town davon, wobei er versuchte, sich der grünen Welle anzupassen.
    »Ein beeindruckender Werdegang«, bemerkte Bloomburg. »Wie kommt es dann, daß Sie immer noch Taxi fahren? Man könnte doch meinen, daß Ihre Kenntnisse sehr gefragt sind. Immerhin ist die Biotechnologie einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige.«
    »Meine Ausbildung wird hier nicht anerkannt«, erklärte Yuri. »Darin liegt das Problem. Ich stecke in einer Zwickmühle – wie ihr Amerikaner zu sagen pflegt.«
    »Wie schade!« entgegnete Bloomburg. »Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf – versuchen Sie’s weiter. Am Ende wird sich Ihre Mühe auszahlen.«
    Yuri antwortete nicht. Er würde keine weiteren Demütigungen hinnehmen. Er würde nicht in Amerika bleiben. »Zum Glück haben wir den Kalten Krieg gewonnen«, redete Bloomburg weiter drauflos. »So kommen die Russen wenigstens mal in den Genuß, ein paar Grundfreiheiten und ein bißchen Reichtum zu kosten. Ich hoffe nur, sie vermasseln sich ihre Chance nicht.«
    Yuris Verärgerung über den Mann schlug in blanke Wut um. Es machte ihn wahnsinnig, sich ständig dieses Märchen anhören zu müssen, nach dem Amerika den Kalten Krieg gewonnen und das sowjetische Imperium zum Zerfall gebracht hatte. Die Sowjetunion war von innen verraten worden: zuerst durch Gorbatschow und seine blödsinnige Glasnost und Perestroika und dann durch Jelzin, der nur seinem Ego frönen wollte.
    Yuri ließ den Motor aufheulen und gab Vollgas. In einem haarsträubenden Tempo schlängelte er sich durch die Blechlawinen, raste über Ampeln und verschreckte jede Menge Fußgänger.
    »He!« schrie Bloomburg. »Fahren Sie langsamer! Was ist denn mit Ihnen los?«
    Yuri antwortete nicht. Er haßte die selbstgefällige Überheblichkeit seines Fahrgasts, die teure Kleidung, die edle Aktentasche und am allermeisten die bescheuerte kleine Kopfbedeckung, die er an seinem struppigen, schütteren Haar befestigt hatte. »He Sie!« brüllte Bloomburg und pochte gegen die Piastiktrennwand. »Fahren Sie langsamer, oder ich rufe die Polizei!«
    Diese Drohung zeitigte Wirkung. Eine Auseinandersetzung mit der Polizei war so ziemlich das letzte, was Yuri wollte. Er nahm den Fuß vom Gaspedal und atmete einmal tief durch. »Entschuldigung«, brachte er etwas ruhiger hervor. »Ich wollte Sie nur pünktlich bei Ihrer Besprechung abliefern.«
    »Mir ist vor allem wichtig, lebendig dort anzukommen«, zeterte Bloomburg.
    Yuri beachtete von jetzt an das Tempolimit und arbeitete sich zur Fifth Avenue vor. Von dort fuhr er nicht ganz zwei Blocks weiter in Richtung Süden. Vor der Union Bank hielt er am Straßenrand und stellte das Taxameter aus. Bloomburg sprang sofort aus dem Wagen. Auf dem Bürgersteig stehend, zählte er den Fahrpreis auf den letzten Penny ab und ließ das Kleingeld in Yuris Hand fallen. »Kein Trinkgeld?« fragte Yuri.
    »Sie verdienen sowenig ein Trinkgeld wie ich einen Hieb ins Auge«, entgegnete Bloomburg. »Freuen Sie sich, daß ich überhaupt bezahle.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und steuerte auf die Drehtür des stilvollen Bankgebäudes aus Granit und Glas zu.
    »Von einem Zionistenschwein hätte ich sowieso kein Trinkgeld erwartet«, schrie Yuri hinter ihm her. Bloomburg zeigte ihm den Stinkefinger und verschwand in dem Gebäude.
    Yuri schloß für einen Moment die Augen. Er mußte seine Gefühle unter Kontrolle bekommen, sonst beging er noch irgendeine Dummheit. Eins wünschte er sich allerdings aus tiefstem Herzen: daß Harvey Bloomburg auf der Upper

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