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Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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vorenthalten. Bald würde er auf eine Weise zurückschlagen, die ihm die Aufmerksamkeit aller in diesem selbstgefälligen, betRugerischen Land lebenden Menschen sicherte. Wieder zu Hause in Rußland, würde er seinen Racheakt Wladimir Schirinowski als Geschenk darbieten, dem wahren Patrioten der rodina, des Mutterlands – der den einstigen Ruhm der Sowjetunion erneuern würde, wenn man ihm nur die Chance gäbe. Plötzlich riß jemand eine der Hintertüren auf, und seine Träumereien endeten abrupt. Ein Fahrgast warf einen edel aussehenden Aktenkoffer auf den Sitz und stieg ein. Yuri musterte den Mann gereizt im Rückspiegel. Er war klein und schnauzbärtig und trug einen teuren italienischen Anzug, ein weißes Hemd plus Seidenkrawatte. Aus einer Brusttasche lugte ein passendes Tuch hervor. Yuri vermutete, daß er ein Geschäftsmann oder Bankier war. »Union Bank, 820 Fifth Avenue«, sagte der Mann, lehnte sich zurück und klappte ein Handy auf. Yuri starrte ihn immer noch an. Er hatte etwas an ihm entdeckt, das ihm zuerst entgangen war. Er trug ein Gebetskäppchen.
    »Was ist los?« fragte der Mann. »Sind Sie nicht frei?«
    »Doch«, erwiderte Yuri griesgrämig und verdrehte die Augen. »Bin ich…« Er stellte das Taxameter an und betrachtete das ihn umgebende Verkehrschaos. So jemand hatte ihm gerade noch gefehlt: ein jüdischer Bankier, einer von diesen Schmarotzern, die die Welt zugrunde richteten. Während der Mann seinen Anruf tätigte, schaffte es Yuri, eine ganze Autolänge voranzukommen. Wenigstens hatte er die problematische Kreuzung jetzt fast erreicht. Er trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum und spielte mit dem Gedanken, den Juden aufzufordern, sein Taxi zu verlassen. Doch dann ließ er es lieber bleiben. Wenigstens bezahlte der Kerl ihn dafür, daß er im Stau feststeckte. »Oje, das ist ja ein fürchterliches Chaos«, stellte der Mann fest, nachdem er seinen Anruf beendet hatte. Er beugte sich vor und lugte mit dem Kopf durch die Lücke in der PlexiglasTrennwand. »Da wäre ich ja zu Fuß schneller.«
    »Nur zu!« entgegnete Yuri. »Gehen Sie doch.«
    »Ich habe Zeit«, winkte der Mann ab. »Es ist angenehm, mal für einen Augenblick zu sitzen. Zum Glück beginnt mein nächstes Meeting erst um kurz nach halb elf. Glauben Sie, Sie schaffen es bis dahin?«
    »Ich werd’s versuchen«, erwiderte Yuri gleichgültig. »Höre ich da einen russischen Akzent?« fragte der Mann. »Ja«, erwiderte Yuri und seufzte. Der Kerl machte ihn langsam wahnsinnig.
    »Eigentlich verrät das ja schon Ihr Name auf der Taxilizenz«, brabbelte der Kerl. »Aus welcher Region Rußlands kommen Sie denn, Mr. Davydov?«
    »Aus Zentralrußland«, knurrte Yuri. »Sehr weit von Moskau entfernt?«
    »Ungefähr tausenddreihundert Kilometer östlich. Aus dem Uralgebirge.«
    »Mein Name ist Harvey Bloomburg.«
    Yuri musterte seinen Fahrgast im Rückspiegel und schüttelte kaum merklich den Kopf. Warum Leute wie Harvey Bloomburg ihm persönliche Dinge erzählten, war ihm ein Rätsel. Ihm war es völlig egal, wie seine Fahrgäste hießen. »Ich war vor gut einer Woche gerade in Moskau«, berichtete Bloomburg.
    »Wirklich?« fragte Yuri hellhörig. Er war schon lange nicht mehr dort gewesen. Aber er erinnerte sich noch genau daran, wie er sich gefreut hatte, als er zum ersten Mal den Roten Platz und die wie ein architektonisches Juwel schimmernde Basiliuskathedrale besichtigt hatte. Nie zuvor hatte er so etwas Schönes und Bewegendes gesehen. »Für knapp fünf Tage«, fuhr Bloomburg fort. »Haben Sie ein Glück«, entgegnete Yuri. »Hat es Ihnen gefallen?«
    »Ha!« brachte Bloomburg verächtlich hervor und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich konnte es gar nicht erwarten, wieder abzureisen. Als meine Besprechungen vorbei waren, bin ich sofort nach London geflogen. Moskau ist völlig außer Kontrolle. Überall Kriminalität, und dann diese katastrophale Wirtschaftslage. Die ganze Stadt ist ein einziges Desaster.«
    Yuri spürte, wie erneut eine Welle der Wut in ihm aufstieg. Schließlich wußte er, daß die derzeitigen Probleme, die sein geliebtes Rußland zugrunde richteten, von Harvey Bloomburg und seinesgleichen und dem Rest der weltweit agierenden zionistischen Verschwörung verursacht wurden. Er spürte, daß er vor Wut knallrot anlief, aber er hielt den Mund. Jetzt brauchte er erst recht ein Glas Wodka. »Wie lange sind Sie schon in den Vereinigten Staaten?« fragte Bloomburg.
    »Seit 1994«, erwiderte Yuri

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