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Antiheld (German Edition)

Antiheld (German Edition)

Titel: Antiheld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stiff Chainey
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mit für das Bild, das mich schon so lange verfolgt. Vielleicht haben sie mich dazu gebracht, ihre Adresse auf ganz und gar umständliche Weise herauszubekommen.
    Bevor ich die Klingel erneut betätigen kann, huscht ein Schatten hinter dem in der Tür eingefassten Milchglas vorbei. Im Spalt erscheint ein fahles Frauengesicht, das mich fragend ansieht.
    «Ja, bitte?»
    In ihrer Stimme liegt die Gutsherrenarroganz der Reihenhausbesitzer.
    «Guten Tag, mein Name ist Nimkin.» Ich lasse eine kurze Pause. «Ich weiß nicht … ob ich hier richtig bin. Haben Sie eine Tochter, die Ina heißt?»
    Das Gesicht der Frau zuckt kurz. «Ja, die habe ich, junger Mann!» Im nächsten Augenblick reißt sie die Tür auf. «Kommen Sie doch herein!», fordert sie mich auf und zieht mich am Unterarm in den Flur.
    Die obligatorische Gastfreundlichkeit der kleinen Leute. Sie bittet mich ins Wohnzimmer. Ihre Lippen sind so wulstig, dass sie die Zähne überdecken, es sieht aus, als habe man sie ihr ausgeschlagen.
    «Wollen Sie sich setzen?», fragt sie und macht mir mit einer übertriebenen Handbewegung einen Sessel schmackhaft.
    Das Lederimitat knarzt wie ein Furz, als ich mich setze. Mir fallen ihre rot lackierten Fingernägel auf, die nicht zu den breiten Fingern passen.
    «Sie ist in ihrem Zimmer. Ich gehe sie holen, in Ordnung?»
    «Das wäre sehr nett von Ihnen!», erwidere ich und schenke ihr ein Lächeln. Ich sehe mich um. Ein Kunstdruck über der Couch, die ebenfalls aus Lederimitat ist. Während des Wartens stelle ich mir vor, wie es ist, in einem solchen Moloch zu leben. Dann höre ich leises Getuschel. Natürlich will die Mutter wissen, wer ich bin, doch ich zweifele daran, dass sie sich noch an mich erinnern kann.
    «Hallo?»
    Sie hat sich in fünf Jahren nicht verändert. Ihre Haut ist immer noch so transparent, dass die Adern darunter wie blaue Linien aussehen. Sie verbreitet die Stimmung einer Litfaßsäule, an der niemand mehr die Plakate erneuert.
    «Kannst du dich noch an mich erinnern?»
    Sie schiebt die Lippen nach vorne.
    «Ich erinnere mich», sagt sie und nestelt an ihren Haaren.
    Ihre Mutter taucht aus dem Hintergrund auf. «Ich lasse euch jetzt besser mal alleine, in Ordnung?»
    Sie nickt und sieht ihrer Mutter nach. «Was machst du hier?», fragt sie leise und senkt den Blick.
    «Ich wollte dich einfach wiedersehen!»
    «Wiedersehen?»
    Ein Zucken geht durch ihren Körper.
    Sie öffnet den Mund, bekommt aber doch nichts heraus.
    «Soll ich gehen?»
    Sie schüttelt den Kopf, ein paar Strähnen fallen aus ihrem Zopf.
    «Sollen wir … was raus gehen?»
    Sie nickt stumm und verschwindet im Flur, um nach ihrer Jacke zu suchen. Ich stehe auf und warte.
    Sie redet nicht. Ich auch nicht. Wir gehen träge nebeneinander her wie ein Ehepaar. Die Gegend sieht aus wie nach einem atomaren Erstschlag erbaut. Man kann spüren, wie die Radioaktivität Knochen zersetzt. Es ist nur Langeweile und Eintönigkeit, die von den Mauern blättert, aber ich steigere mich in die Fantasie hinein, dass wir Überlebende einer nuklearen Zerstörungsorgie sind.
    Natürlich gibt es eine Kirche und eine Schule. Gebäude, die immer gleich aussehen. Hier vielleicht noch etwas grauer.
    «Bist du auf diese Schule gegangen?»
    Sie lächelt verlegen und sieht mich für einen flüchtigen Moment an.
    «Warst du eine gute Schülerin?»
    «Nein …», flüstert sie und dreht sich um.
    Ich sehe kurz über die Schulter, aber da ist nichts, nur die endlos lange Straße, an der die Reihenhäuser aufgereiht wie Särge stehen. Dann bleibt sie stehen und schiebt die Hände in die Hosentaschen. Sie beugt sich mit einem prüfenden Blick nach vorne.
    «Warum bist du gekommen?»
    «Keine Ahnung!»
    «Mhm», summt sie. Das scheint ihr als Antwort zu reichen.
    «Ich mag deine Augen.»
    «Meine Augen?», sagt sie und beugt sich wieder nach vorne.
    «Ja. Ich mag sie!»
    «Und deswegen bist du gekommen?»
    Für einen Moment denke ich an Andor. Ich bin nicht zu seiner Beerdigung gegangen. Es ist, als hätte er niemals existiert. Wir drehen um und gehen langsam zurück.

    Ihr Zimmer ähnelt meinem auffallend. Kaum Luft zum Atmen und alles wie aus einem längst vergangenen Jahrzehnt. Sie setzt sich auf das Bett und sieht an mir hoch. Ich erinnere mich, dass sie genau so auf der Toilette gesessen hat.
    Ich setze mich neben sie. Ich fühle mich beschämt. Ich hätte nicht hierherkommen sollen.
    Sie presst die Lippen aufeinander und sieht an mir vorbei ins Nichts.
    Wir sitzen

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