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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Pforzheim in einer Uhrmacherwerkstatt beschäftigt. Dort starb er, sein Leichnam wurde neben der Werkbank gefunden.« Julies Vater verstummte für eine Weile. Dann fuhr er fort: »Eigentlich schade, dass ich ihn nie kennen gelernt habe. Er war irgendwie … eine geheimnisvolle Person, zumindest kam es mir als Kind so vor. Aber warum interessiert er dich eigentlich? Ich dachte, bei deinem Projekt gehe es vor allem um diese beiden Frauen, Rosanna und Simone.«
    Â»Ja, schon, aber Helmut war immerhin Simones Ehemann.«
    Ihr Vater brummte etwas Unverständliches. Dann sagte er: »Was ich über Helmut weiß, hab ich von Tante Roswitha.«
    Â»Tante Roswitha …« Julie erinnerte sich vage an eine alte Frau, die sie als Kind einmal mit ihren Eltern besucht hatte.
    Â»Roswitha war die ein Jahr jüngere Schwester von Helmut – die beiden standen sich recht nahe.«
    Krampfhaft überlegte Julie, wie sie ihre nächste Frage formulieren sollte, doch bevor sie dazu kam, fuhr ihr Vater fort: »Als Helmut starb, hat sie sehr gelitten. Zu Helmuts Beerdigung, an der übrigens halb Furtwangen teilnahm, kam auch unsere Familie vollständig zusammen. Das war etwas Besonderes, denn mein Vater hatte ja sonst mit seinen älteren Geschwistern kaum Kontakt. Tja, an diesem Tag hat mir Roswitha ein wenig von ihrem Bruder erzählt …«
    Endlich! Julie stieß die Luft aus, die sie schon eine Weile angehalten hatte.
    Die Tante hatte ihrem jugendlichen Neffen, dessen Augen beim Anblick einer Soldatenuniform zu glänzen begannen, in einem ernsten Gespräch die Kriegsbegeisterung austreiben wollen, doch die Trauer um Helmut hatte am Ende überwogen. Sie sei nie darüber hinweggekommen, dass er sich schon als junger Kerl aus dem Staub gemacht hatte, erzählte sie. Und dass damals – im Jahre 1912 – das Elend seinen Lauf genommen habe …
    Ein Schildermaler auf der Wanderschaft – was konnte dem nicht alles zustoßen!, hatte Roswitha lamentiert. Doch Helmut hatte sowohl seine Wanderjahre als auch den Ersten Weltkrieg halbwegs glimpflich überstanden. Nach dem Krieg brachte er es in seiner Kunst sogar zu einigem Ansehen. Seine Uhrenschilder seien im ganzen Schwarzwald gefragt gewesen.
    Ein echtes Unglück sei ihm erst zugestoßen, als er Simone Breuer kennen lernte, behauptete Roswitha unter Tränen.
    Das sei im Jahr 1919 gewesen …
    Dann erzählte Julies Vater, was Julie natürlich schon wusste, dass Helmut zu jener Zeit in einem Hotel namens »Kuckucksnest« seine Zelte aufgeschlagen hatte.
    Ein paar Jahre später, es musste ungefähr 1923/24 gewesen sein, sei Helmut eines Tages überraschend wieder inFurtwangen bei seiner Familie aufgetaucht. Ganz hohlwangig sei er gewesen, habe laut Tante Roswitha traurige Augen und einen leeren Blick gehabt und sich ihr schließlich offenbart.
    Er habe eine Frau geheiratet, die er nicht lieben könne. Und nun hielte er dieses Leben nicht mehr aus und habe sich davongeschlichen wie ein Dieb. Frau und Kind habe er zurückgelassen.
    Die bestürzte Roswitha wollte daraufhin natürlich Näheres wissen, und Helmut gab nach und nach die Einzelheiten preis: wie er in einer Frau namens Rosanna die große Liebe seines Lebens gefunden hatte, dass ihr Tod ihn in ein tiefes Loch stürzte, aus dem er nicht mehr herauszukommen glaubte. Sein Leben sei ohne Rosanna nichts mehr wert gewesen.
    Doch nicht nur er war in tiefer Trauer gefangen, sondern auch Simone, die beste Freundin der Verstorbenen. Diese habe sogar versucht, sich nach dem Tod der Freundin das Leben zu nehmen. Er, Helmut, habe sie in letzter Minute gerettet. Sie habe jedoch getobt und geschrien, sie wolle nicht mehr leben, der Schmerz sei zu groß. Helmut habe sie in den Arm genommen und versucht, Trost zu spenden, wo es eigentlich keinen gab.
    In ihrem Elend klammerten sie sich aneinander – zwei einsame Seelen, denen das Liebste auf der Welt genommen worden war. Trotzdem konnte Helmut im Nachhinein nicht mehr verstehen, wie es eigentlich dazu gekommen war, dass er und Simone … Es sei einfach geschehen, gestand er seiner Schwester unter Tränen. Nur eine Nacht seien sie zusammen gewesen. Eine Nacht, in der er sich immer wieder vorstellte, Rosanna mit ihren weichen Rundungen im Arm zu halten. Doch was er spürte, waren Kanten und Knochen.
    Am Morgen danach habe er voller Schuldgefühle

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