Antrag nach Mitternacht
ebenso als Draufgänger angesehen, wenn auch auf meine eigene bescheidene Weise.“
„Das weiß ich“, entgegnete Francesca. „Aber Sie sind ein Gentleman, der sich an einem Ehrenkodex orientiert, während sich Perkins an keinerlei Regeln hält.“
„Wenn es um Perkins geht, muss ich gestehen, dass ich keine große Veranlassung sehe, mich an irgendwelche Regeln zu halten.“
„Nein, bitte … Sie dürfen sich nicht auf ein Duell einlassen. Ich würde mir mein Leben lang Vorwürfe machen, wenn Ihnen etwas zustößt.“
„Ihr Vertrauen in meine Fähigkeit hat schon etwas Entmutigendes, das muss ich doch sagen, meine Liebe.“ Gerade wollte sie zu einem erneuten Protest ansetzen, da schüttelte er den Kopf und legte den Zeigefinger auf ihre Lippen. „Zu einem Duell wird es nicht kommen, das kann ich Ihnen versprechen. Auch ohne Duell werde ich einen Weg finden.“
Francesca ließ seinen Arm los, blickte aber weiter besorgt drein. „Er wird nicht wie ein Gentleman kämpfen. Sie können ihm nicht trauen.“
„Glauben Sie mir, das habe ich auch nicht vor.“
Er ging weiter zur Tür, dann warf er ihr einen letzten Blick zu. Sie stand mitten im Zimmer und sah ihn verloren an. Ihre dunkelblauen Augen wirkten in ihrem blassen Gesicht erschreckend groß.
Rochford murmelte einen Fluch, ging zu ihr zurück, nahm sie in die Arme und küsste sie. Vor Schreck reagierte sie im ersten Moment nicht, doch dann schlang sie die Arme um ihn und schmiegte sich an ihn. Er küsste sie lange und leidenschaftlich, und als er sie nach einer Weile losließ, stockte ihr der Atem, und ihr Herz raste wie wild.
Im nächsten Augenblick ging er hinaus in den Flur und rief nach Cranston. Francesca ließ sich benommen in einen Sessel sinken. Sie hörte, wie Rochford mit seinem Butler redete, doch sie verstand kein Wort. Wenig später tauchte Cranston in der Tür auf und verbeugte sich.
„Mylady, die Kutsche ist bereit, Sie nach Hause zu bringen.“
„Vielen Dank, Cranston.“ Sie brachte ein Lächeln zustande, auch wenn sie vermutete, dass es nicht sehr überzeugend wirkte.
Der Butler half ihr in den Umhang, den sie vorn zuknöpfte. Dann schlug sie abermals die Kapuze über den Kopf und folgte ihm zur Haustür. Wie angekündigt, stand Rochfords Kutsche draußen, und Cranston half ihr hinein. Sie überlegte, was er wohl über ihren rätselhaften Besuch dachte, doch sein Gesicht gab wie üblich keinen Hinweis.
Sie hatte gehofft, den Duke noch einmal zu sehen, bevor sie sich auf den Heimweg begab, aber er musste das Haus verlassen haben, gleich nachdem er dem Butler die nötigen Anweisungen gegeben hatte. Sie war so nervös, dass sie wiederholt tief durchatmen musste, um zur Ruhe zu kommen.
Sinclair würde nichts passieren, sagte sie sich. Sie hatte Dominic sagen hören, dass der Duke jemand sei, den man sich bei einer Schlägerei auf seiner Seite wünschte, was sie für ein Kompliment über Sinclairs kämpferisches Geschick ansah.
Dennoch war sie voller Sorge. Perkins würde ohne zu zögern einen unbewaffneten Mann erschießen. Wenn Sinclair bei dem Versuch, ihr zu helfen, ums Leben kam, würde sie sich das für den Rest ihres Lebens vorwerfen. Sie wünschte, sie wäre nie auf die Idee gekommen, nach Lilles House zu gehen. Lieber verzichtete sie auf ihren Besitz, anstatt in Kauf zu nehmen, dass Rochford verletzt oder gar getötet wurde.
Und doch mischte sich ein anderes Gefühl unter ihre Gewissensbisse und ihre Ängste – Dankbarkeit, aber noch etwas anderes, etwas Größeres. Ganz gewiss war auch Erleichterung im Spiel, wenn sie daran dachte, dass sie ihr Zuhause womöglich nicht verlieren würde. Doch es war noch intensiver als diese Empfindung – eine tief gehende wohlige Wärme, eine innere Befriedigung angesichts der Erkenntnis, dass Sinclair noch immer daran interessiert war, wie es ihr ging.
Der Duke of Rochford ließ keine Zeit verstreichen, um Galen Perkins aufzuspüren. Zunächst suchte er eine Spielhalle an der Pall Mall auf, von der er genau wusste, dass Lord Haughston dort früher häufig zu Gast war. Sie existierte immer noch, doch von Perkins keine Spur. Eine Nachfrage beim Betreiber ergab, dass Perkins nicht länger in diesem Club willkommen war, da er dort vor seiner Flucht auf den Kontinent beträchtliche Spielschulden angehäuft, aber nie beglichen hatte. Üblicherweise sei er wohl ein paar Häuser weiter an der Pall Mall oder in einem Club an der Bennett zu finden.
Letztere Adresse erwies sich als
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