Antrag nach Mitternacht
übergeben hatte. Zusammen mit den Saphirohrringen hatte sie es heute getragen. Das Kleid war nicht wichtig gewesen, diese Geschenke von Sinclair hatten dafür umso mehr gezählt.
Nachdenklich rieb er über die Edelsteine. „Ich dachte, ich würde dafür eine beträchtliche Summe aufbringen müssen, und ich fürchtete bereits, du hättest sie woanders verkauft. Als ich dich dann mit dem Schmuck sah … Wieso hast du diese Dinge nicht auch dem Juwelier gegeben?“
„Ich konnte mich nicht von ihnen trennen“, antwortete sie. Tränen schimmerten in ihren Augen. „Sie waren das Einzige, was mir von dir geblieben war.“
„Oh, meine Liebe.“ Er zog sie an sich und drückte sie, so fest er konnte. „Jetzt hast du mich, und du wirst mich immer haben.“
Er beugte sich zu ihr hin und gab ihr einen Kuss.
EPILOG
Weihnachten, achtzehn Monate später
Marcastle war festlich geschmückt, in dem riesigen Haus war alles mit Misteln, Palmwedeln und Tannenzweigen dekoriert worden. Bis zum Weihnachtsfest dauerte es noch ein paar Tage, doch die Gäste waren alle bereits eingetroffen. Callie und Brom waren vor zwei Tagen angekommen, ebenso Irene und Gideon. Constance und Dominic hatten am Abend zuvor vor der Tür gestanden und Neuschnee mitgebracht. Die Dowager Duchess war in ihrem üblichen Gemach im Südturm untergebracht, also weit weg vom Flügel, in dem sich das Kinderzimmer befand. Francescas Eltern – der Earl und die Countess of Selbrooke – hatten ganz in ihrer Nähe Quartier bezogen, was auch für Großtante Odelia zutraf. Selbst mit ihren einundachtzig Jahren ließ sie es sich nicht nehmen, einem so denkwürdigen Ereignis beizuwohnen. Neununddreißig lange Jahre waren vergangen seit der letzten Taufe eines zukünftigen Duke of Rochford. Das war auch der eigentliche Grund für die Anwesenheit all dieser Gäste, wenngleich jeder von ihnen beabsichtigte, die Gelegenheit zu nutzen und das Weihnachtsfest hier zu verbringen. Mit seinen drei Monaten war Matthew Sinclair Dominic der fünfte Marquess of Ashlocke, auf dessen Schultern einmal der Titel des Duke of Rochford ruhen würde. Davon war er aber noch weit entfernt, und seine einzige Pflicht an diesem Tag bestand darin, getauft zu werden.
Der Vikar von St. Swithin, der Mann, der auch die Eltern des Jungen eineinhalb Jahre zuvor verheiratet hatte, sollte zusammen mit dem örtlichen Vikar die Zeremonie vornehmen. Der musterte den jüngeren Mann mit einer gewissen Eifersucht und achtete darauf, dass seine eigenen Rechte gewahrt blieben, war er doch der zu St. Edward gehörende Priester, der die Lilles schon seit Generation angehörten.
Es war ein ungewöhnliches Ereignis, wie man es in der jüngeren Geschichte von Marcastle noch nie hatte miterleben können. Bei der Hochzeitsfeier des Dukes und der Duchess waren die Nachbarn nicht eingeladen gewesen, und als Folge davon war nun jeder umso entschlossener, diese zwei Wochen zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Man lud zu Bällen und zum Tee und anderen Festlichkeiten ein, und der Jahreszeit entsprechend gab es auch Aktivitäten unter freiem Himmel. So ging man unter anderem auf den kleinen Teich zum Eislaufen, der glücklicherweise noch zeitig vor dem ersten Schnee zugefroren war und vorläufig auch in diesem Zustand bleiben würde.
Die Diener hatten Wochen damit zugebracht, das Haus vorzubereiten. Mit ungeheurem Eifer hatten sie repariert, sauber gemacht und dekoriert. Die Duchess, die erst seit eineinhalb Jahren diesen Titel trug, wurde von allen geliebt, und deshalb war jedermann darauf bedacht, sie mit Stolz zu erfüllen. Speisen und Getränke waren zum Teil in London, aber auch in Norwich und Cambridge bestellt worden, und die Köchin arbeitete unermüdlich Tag und Nacht, wobei sie ihre Untergebenen unerbittlich antrieb. Es waren zusätzliche Diener eingestellt worden, die beim Kochen, Reinigen und Bedienen helfen sollten.
Der Grund für diese Festlichkeit, ein unschuldiges Kind mit zarten schwarzen Locken und rosa Wangen, schlief derweil tief und fest und ahnte nichts von dem, was es bald erwartete. Nur ein wenig weiter den Flur entlang ertönte aus dem Kinderzimmer das fröhliche Kreischen der sechzehn Monate alten Ivy FitzAlan, die ausgelassen um einen Tisch herumrannte und sich immer wieder umdrehte, ob ihr Vater sie nach wie vor verfolgte. Dominic machte keine Anstalten, sie einzuholen, sondern robbte auf Händen und Knien hinter ihr her, um ein Tischbein zu erspähen und von dort aus „Buh!“
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