Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
hindurch, wie der Hahn der Waffe zurückgezogen wurde und sich Bens Finger um den Abzug spannte.
    Bast erstarrte. Sie war schnell, aber nicht so schnell, und eine Pistolenkugel ins Gesicht würde selbst sie auf der Stelle töten.
    »Sehr vernünftig«, sagte Ben. »Ich würd Sie wirklich ungern erschießen, Miss. Aber ich werd’s tun, wenn’s sein muss.«
    »Den Teufel wirst du tun, Arschloch«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Die kleine Schlampe nehm ich mir selbst vor.«
    Bast drehte – unendlich vorsichtig – den Kopf, um nach dem Sprecher Ausschau zu halten. Sie sah ihn nicht, wohl aber Mrs Walsh und Cindy, die beide von zwei grobschlächtigen Kerlen in derben Kleidern und mit noch derberen Gesichtern festgehalten wurden. Bei Cindy beschränkte sich der Kerl darauf, sie einfach an den Schultern festzuhalten, der Bursche, der Mrs Walsh gepackt hatte, drehte ihr den linken Arm auf den Rücken und hielt ihr mit der anderen Hand ein Messer an die Kehle. Kapitän Maistowe hockte nur ein kleines Stück daneben auf Händen und Knien und sah benommen aus. Vielleicht war er auch vor Schrecken erstarrt, denn hinter ihm stand ein dritter Kerl, der mit einer doppelläufigen Schrotflinte auf seinen Kopf zielte.
    »Tja, ist genau so, wie Ben sagt«, fuhr die Stimme fort. »Du kannst es versuchen, aber wenn dir was an deinen Freunden liegt, solltest du es bleiben lassen.«
    Bast drehte den Kopf in die andere Richtung und erkannte Roy, der mit dem Rücken an der wieder geschlossenen Tür lehnte und sie breit angrinste. Allerdings erst auf den zweiten Blick, denn er hatte kaum noch Ähnlichkeiten mit dem kraftstrotzenden Riesen, als den Bast ihn kennen gelernt hatte.
    Sein Gesicht war so grau wie das einer Leiche und wirkte eingefallen, als hätte er eine lange und schwere Krankheit hinter sich. Seine Augen lagen tief in den Höhlen und blickten trüb, und Bast war nicht sicher, ob er wirklich nur gegen die Tür gelehnt dastand, weil er auf diese Weise lässiger wirkte. Es kam ihr tatsächlich vor, als wäre er kleiner geworden.
    »Ich hätte dich doch umbringen sollen«, sagte sie mühsam. Sie konnte immer noch nicht richtig atmen. Noch ein paar Minuten, und sie würde einfach unter Bens Gewicht ersticken.
    »Hast du aber nicht, Süße«, antwortete Roy. »Dumm von dir. Wie ist es – willst du noch ein bisschen unter Ben liegen bleiben, oder bist du vernünftig und versprichst mir, keine Dummheiten zu machen, wenn er dich loslässt?«
    Bast sah noch einmal zu Mrs Walsh hin. An ihrem Hals lief mittlerweile eine dünne rote Linie hinab.
    »Das werte ich jetzt mal als Ja«, sagte Roy. »Lass sie los, Ben. Aber pass auf. Die kleine Wildkatze ist gefährlich.«
    Ben musste wohl derselben Meinung sein, denn er stemmte sich zwar vorsichtig in die Höhe – wobei er ihr mindestens eine weitere Rippe brach, und diesmal konnte sie ein leises gequältes Stöhnen nicht mehr ganz unterdrücken –, aber der Pistolenlauf bewegte sich dabei um keinen Millimeter; auch nicht, als Bast umständlich aufzustehen versuchte. Es gelang ihr kaum, denn sie musste den Kopf so weit in den Nacken legen, dass sie beinahe sofort wieder hintenübergefallen wäre.
    »Vielleicht …«, würgte sie mühsam hervor, »könnten wir uns besser unterhalten, wenn ich … atmen dürfte.«
    »Netter Versuch«, sagte Roy. »Aber dazu bist du mir zu gefährlich. Wenn’s nach mir ginge, wärst du schon tot. Aber was nich’ ist, kann ja noch werden. Bind ihr die Hände zusammen, Ben. Auf dem Rücken.«
    Endlich verschwand der Pistolenlauf von ihrem Hals, und Bast konnte den Kopf wieder in eine normale Haltung senken und wieder atmen. Jedenfalls, soweit es der grausame Schmerz in ihrer Lunge zuließ. Sie schmeckte immer noch Blut. Und nicht nur auf der Zunge. Mittlerweile schien sich der glühende Dolch tief in ihren Leib zu bohren, und das Reißen und Brennen wurde immer schlimmer. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie hätte in diesem Moment gar nicht mehr die Kraft gehabt, sich zu wehren. Ben war mit einem einzigen Schritt hinter ihr, drückte ihre Handgelenke zusammen und legte irgendetwas darum, das sich sehr kalt und sehr hart anführte. Metall. Sie registrierte fast beiläufig, dass Roy mittlerweile ebenfalls eine Waffe gezogen hatte und auf sie zielte.
    Sie konzentrierte sich, drängte den Schmerz zurück und schloss für ein paar Sekunden die Augen.
    Es funktionierte, allerdings nicht sehr gut, und sie wagte auch nicht zu prophezeien, wie oft noch.

Weitere Kostenlose Bücher