Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Der Schmerz zog sich fauchend und spuckend wie eine wütende Katze zurück, und ihre Gedanken klärten sich, aber es war nicht nur der körperliche Schmerz, gegen den sie kämpfte. Da war noch etwas, tief in ihr, etwas, das ungleich schlimmer und älter war, und das erwachen wollte. Wenn das geschah, dann würde keine Macht der Welt Roy und seine Männer noch retten können. Und Mrs Walsh, Jacob und Cindy auch nicht.
    Ben war mit dem, was immer er auch mit ihren Händen tat, fertig, und trat mit einem fast hastigen Schritt zurück und – in sicherem Abstand – neben sie und zielte sofort wieder auf ihre Brust, und Bast spannte probehalber die Arme. Ebenso gut hätte sie versuchen können, die großen Statuen von Abu Simbel mit bloßen Händen einzureißen. Ben hatte ihr Handschellen angelegt, woher auch immer er sie haben mochte.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen – wahrscheinlich hatte er schlichtweg ihre Anstrengungen bemerkt –, griente Roy noch breiter. »Versuch es erst gar nicht, Schätzchen«, sagte er. »Bester englischer Stahl. Nicht einmal du kannst sie zerreißen. Eine freundliche Leihgabe von Konstabler Stowe. Ich glaube, du kennst ihn.«
    Bast funkelte ihn an. Sie vermied es absichtlich, Cindy oder Mrs Walsh anzusehen, aber der Druck auf die unsichtbaren Ketten in ihrem Inneren wurde immer stärker. Sie fragte sich, wie lange sie das Ungeheuer noch bändigen konnte.
    »Lass die anderen gehen, Roy«, sagte sie. »Das hier geht nur uns etwas an. Mrs Walsh und Kapitän Maistowe haben nichts damit zu tun. Und das Mädchen auch nicht.«
    »Wie edel.« Roy lachte böse. »Sonst opfern sich doch immer nur die Männer für die Frauen, oder?« Er winkte ab. »Spielt aber keine Rolle. Eine normale Frau bist du ja sowieso nicht.«
    Seine Waffe zielte immer noch auf ihre Brust, und auf einer tiefen, beinahe unbewussten Ebene wog Bast ganz analytisch ihre Chancen ab, lebend aus dieser Situation heraus zu kommen. Sie standen nicht besonders schlecht. Weder ihre gefesselten Hände noch ihre Verletzung konnten sie wirklich davon abhalten, Roy und alle seine Leute umzubringen. Aber dazu musste sie das Ungeheuer in sich von der Kette lassen. Sie musste zu Sachmet werden – vielleicht endgültig, und das würden auch Mrs Walsh und die beiden anderen nicht überleben.
    »Überlegen Sie sich genau, was Sie tun«, sagte Maistowe. »Ich schwöre Ihnen, wenn den Frauen etwas passiert, dann …«
    Roy gab dem Burschen hinter ihm einen Wink mit den Augen, und Maistowe brach mit einem Wimmern zusammen, als der Mann ihm den Gewehrlaut gegen die Schläfe hämmerte. Cindy begann zu weinen.
    »Das ist nicht nötig«, sagte Bast ruhig. »Lass sie da raus. Wenn du meinetwegen hier bist, dann mach das mit mir aus. Oder bist du zu feige dazu?«
    Roy schüttelte langsam den Kopf. »Man muss kein Feigling sein, um Angst vor dir zu haben, Schlampe«, sagte er. »Und ich würd dir deinen Wunsch ja gern erfüllen, aber damit wäre Maude wohl nicht einverstanden.«
    »Maude?« Bast starrte einen halben Atemzug lang ihn und deutlich länger Ben an. Roy grinste triumphierend weiter, aber Ben wich ihrem Blick aus.
    »Wozu hat man Freunde?«, griente Roy. »Maude will ihr Eigentum zurück, und wir zwei haben noch eine Rechnung offen, erinnerst du dich?« Sein Lächeln erlosch, und seine Augen wurden plötzlich so hart wie Stein. »Hast du wirklich geglaubt, die Sache wäre damit erledigt? Weißt du, du hattest recht, Püppchen: Du hättest mich umbringen sollen, als du die Gelegenheit dazu gehabt hast. Jetzt bin ich dran. Maude will die Kleine zurück. Was mit dir passiert, ist ihr egal.«
    »Übertreib es nicht«, sagte Ben. Schon seine Stimme verriet ihr, wie wenig wohl er sich in seiner Haut fühlte.
    »Halt’s Maul«, sagte Roy. »Und wenn wir schon mal dabei sind, dann tritt doch mal einen Schritt zur Seite.«
    »Warum?«, fragte Ben.
    »Weil ich kein besonders guter Schütze bin«, sagte Roy und drückte ab.
    Es kam zu überraschend, als dass sie der Kugel noch hätte ausweichen können. Sie warf sich im letzten Augenblick herum und zur Seite, sodass die Kugel nicht ihr Herz traf. Aber es war wie ein Schlag in den Magen; ein brutaler Hieb mit einem Vorschlaghämmer, der ihren Leib in zwei Hälften aus purer Agonie zu zerreißen schien und sie mit einem gellenden Schrei auf die Knie fallen ließ.
    Etwas in ihr zerriss, und es waren nicht nur Muskeln und Sehnen und empfindliches Fleisch. Blut schoss aus ihrem Magen und die Kehle hinauf

Weitere Kostenlose Bücher