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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hoffnungslos überfüllten Raum mit seinem Durcheinander aus Tischen und Bänken und dicht an dicht dasitzenden Leibern auf Anhieb eine bestimmte Person auszumachen, aber sie hätte ihre Nähe ebenso zweifelsfrei gespürt, wie sie es gewusst hätte, wäre sie in einem der Zimmer am oberen Ende der Treppe gewesen.
    »He, Süße, komm rein und mach die Tür zu, oder geh wieder und mach sie von draußen zu«, krähte eine betrunkene, aber halbwegs fröhliche Stimme irgendwo links von ihr.
    Bast machte sich nicht einmal die Mühe, hinzusehen. Sie hatte schon viel eher damit gerechnet, angesprochen zu werden – und ein Teil von ihr, den sie immer mühsamer noch im Zaum halten konnte, gierte geradezu danach –, und immerhin hatte der Bursche zumindest den Mut aufgebracht, sie überhaupt anzusprechen, statt sie nur anzustarren, wie es im Augenblick praktisch jedermann tat, der in der Nähe des Eingangs saß. Sie schloss auch die Tür nicht hinter sich, sondern schlenderte langsam in Richtung der lang gestreckten Theke, die die gesamte rechte Seite des Raumes beherrschte. Das Interesse an ihrer Person schien hinter ihr ebenso schnell wieder zu erlöschen, wie es aufgeflammt war, und im Grunde, überlegte sie, hätte sie hier gar nicht auffallen dürfen, trotz ihres exotischen Äußeren. Das Ten Bells war ein Schmelztiegel der unterschiedlichsten Menschenrassen und -klassen. Bei den meisten handelte es sich um einfache Arbeiter und Tagelöhner, von denen in Anbetracht der fortgeschrittenen Stunde der Großteil bereits betrunken war, aber Bast gewahrte auch Männer – meist fortgeschrittenen Alters – in feineren Kleidern, Frack und Zylinder oder Gehrock, und zu ihrer nicht geringen Überraschung selbst einige Asiaten und zwei hochgewachsene Dunkelhäutige, von denen sie mindestens einer auf eine Art interessiert ansah, die ihr überhaupt nicht gefiel. Ganz kurz überlegte sie, sich an ihn zu wenden und ihn nach Isis zu fragen, entschied sich aber dann dagegen und setzte stattdessen ihren Weg zur Theke fort. Trotz des Gedränges fiel es ihr unerwartet leicht, denn wer immer sie sah, versuchte ihr ganz instinktiv Platz zu machen, nur dass es manchmal einfach nicht ging.
    Ihre auffällige Erscheinung erwies sich ausnahmsweise einmal als Vorteil, denn obwohl an der Theke ein solches Gedränge herrschte, dass das Personal dahinter mit dem Ausschenken kaum nachkam, musste sie nur wenige Augenblicke warten, bis die Bedienung kam: ein kleinwüchsiger dürrer Kerl mit schmutzigen Händen und noch schmutzigeren roten Haaren, der auf den ersten Blick so aussah, als wäre er kaum alt genug, um das trinken zu dürfen, was er ausschenkte.
    »Was darf’s sein?«, fragte er, nicht nur nahezu akzentfrei, sondern auch mit einem vollkommen ehrlichen Lächeln, das das düstere Lokal ringsum ebenso aufzuhellen schien wie Basts Stimmung.
    »Etwas zu trinken und eine Auskunft«, antwortete Bast, »wenn das möglich wäre.«
    »Das Getränk auf jeden Fall«, antwortete der Rothaarige schmunzelnd und maß sie mit einem weiteren freundlichen, aber auch ganz unverhohlen neugierigen Blick. »Was wollen Sie denn trinken?«
    »Das ist mir gleich. Beraten Sie mich.« Bast griff in ihren Beutel und zog zwei Sixpencestücke heraus, die schneller in seiner Rocktasche verschwanden, als ihre Blicke der Bewegung folgen konnten. Nahezu ebenso schnell verschwand er und kam gleich darauf mit einem Krug Bier zurück, und das eindeutig zu schnell, um es frisch gezapft zu haben. Bast probierte trotzdem davon und verzog anerkennend die Lippen, um ihr amüsiertes Lächeln zu kaschieren: Wie sie es erwartet hatte, war das Bier zu warm und auch nicht mehr ganz frisch. Aber er hatte etwas für sie ausgewählt, was er anscheinend für passend hielt: starkes, pechschwarzes Ale. Der Bursche gefiel ihr.
    »Und was wollen Sie wissen?«, fragte er.
    »Ich suche jemanden«, antwortete Bast, während sie einen zweiten, größeren Schluck nahm. Der Geschmack wurde dadurch nicht besser. »Eine Frau. Man hat mir gesagt, dass sie manchmal hier verkehrt. Ihr Name ist Patsy.«
    »Patsy Kline?«, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen. Klang er ein bisschen erschrocken? Sein Lächeln begann auf jeden Fall so schnell zu verblassen, dass man dabei zusehen konnte.
    Bast hob die Schultern. »Ich kenne nur ihren Vornamen«, sagte sie. »Aber man hat mir versichert, dass sie häufiger hier verkehrt und dass man sie hier kennt.«
    »Wissen Sie, wie viele hier ›häufig

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