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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unverzeihlich.«
    Mrs Walsh setzte abermals zu einem Widerspruch an, und Bast machte eine abwehrende Handbewegung und schüttelte noch einmal und noch entschiedener den Kopf. »Ich fürchte, ich werde mir eine andere Unterkunft suchen müssen.«
    Sie wusste selbst nicht genau, mit welcher Reaktion sie gerechnet hatte, doch Mrs Walsh wirkte allerhöchstens ein bisschen entrüstet.
    »Hätten Sie mir gestern schon gesagt, worum es geht, dann hätte ich Sie warnen können, meine Liebe. Das East End ist ein übler Ort. Keine Gegend für eine Frau. Ich hätte Sie warnen müssen. In der Tat mache ich mir Vorwürfe, es nicht getan zu haben.«
    »Das müssen Sie wirklich nicht«, sagte Bast, aber Mrs Walsh nahm ihre Antwort nicht einmal zur Kenntnis.
    »Es war keineswegs ein Zufall, dass Kapitän Maistowe Ihnen gestern gefolgt ist«, fuhr sie fort. »Nachdem er die Adresse gehört hatte, die auf Ihrem Zettel stand, hatte er Angst, dass Sie in Schwierigkeiten geraten könnten.« Sie zögerte einen – Bast war sicher, genau bemessenen – Moment, bevor sie in verändertem Ton hinzufügte: »Whitechapel ist eine Lasterhöhle, und Gottes Strafe wird alle treffen, die sich gegen seine Gebote versündigen.«
    Bast nippte an ihrem Tee. Er schien plötzlich nicht mehr ganz so gut zu schmecken wie noch gerade. Immer wenn Mrs Walsh das Gespräch auf Religion brachte, war ihr irgendwie unwohl zumute. Sie schwieg.
    »Hätten Sie gleich gesagt, worum es geht, dann wäre es vermutlich nicht einmal zu diesem hässlichen Zwischenfall gestern Abend gekommen. Jacob Maistowe verfügt über ausgezeichnete Verbindungen zu den Behörden. Wenn Sie es wünschen, kann er Ihnen dabei behilflich sein, den Aufenthaltsort Ihrer Schwester zu ermitteln.«
    Bast ertappte sich dabei, einen Moment lang ernsthaft über dieses Angebot nachzudenken. Sie konnte sich immer noch nicht wirklich erklären, warum Isis sich vor ihr verstecken sollte, aber wenn es jemanden gab, der ihr ganz gewiss nicht helfen konnte, sie zu finden, dann waren es die Behörden. »Wie gesagt …«, begann sie.
    »Ja, ich verstehe«, seufzte Mrs Walsh. »Bitte verzeihen Sie. Ich wollte nicht aufdringlich erscheinen. Aber ich habe gehört, dass bei Ihnen im Orient die Gesetze der Gastfreundschaft heilig sind. Ob Sie es glauben oder nicht, das gilt auch hier – jedenfalls in dieser Pension!«
    Bast konnte nur hoffen, dass sie sich weit genug in der Gewalt hatte, damit Mrs Walsh ihr ihre wahren Gefühle nicht ansah. Sie war nichts anderes als aufdringlich; zugleich aber schien sie es auf ihre Art gut mit ihr zu meinen. Beinahe schon ein bisschen zu hastig griff Bast nach ihrer Teetasse, um sich erneut dahinter zu verkriechen. Mrs Walsh sah sie unverwandt weiter an, und zumindest in diesem Moment war Bast vollkommen sicher, dass sie ihre Gedanken ebenso mühelos erriet, wie sie selbst normalerweise die ihres Gegenübers.
    Gerade, als der Moment wirklich peinlich zu werden drohte, hörte sie das Tappen weicher Pfoten, und als sie sich herumdrehte, gewahrte sie Cleopatra, die mit wiegenden Schritten die Treppe herunter- und direkt auf sie zukam. Mrs Walsh sah die Katze schon wieder missbilligend an, und Cleopatra blieb mitten im Schritt stehen, beäugte ihre Herrin aus misstrauisch zusammengekniffenen Augen, drehte plötzlich den Kopf und fauchte das Fenster an, vor dem sie in der vergangenen Nacht den Vogel gesehen hatten.
    »Keine Sorge«, sagte Bast. »Er ist fort. Und du hast ihm einen solchen Schrecken eingejagt, dass er auch ganz bestimmt nicht wiederkommt.«
    Die Katze fauchte noch einmal, warf Bast einen langen, ir gendwie entrüstet wirkenden Blick zu und drehte sich dann auf der Stelle herum, um auf dem gleichen Weg, aber viel schneller, zu verschwinden, auf dem sie gerade aufgetaucht war.
    Bast sah ihr kopfschüttelnd nach, wandte sich dann langsam wieder zu Mrs Walsh um – und gestand sich selbst sein, schon wieder einen Fehler gemacht zu haben. Mrs Walsh lächelte, aber sie tat es ganz eindeutig nur, um sich ihre Verblüffung nicht allzu deutlich anmerken zu lassen.
    »Verzeihen Sie, Mrs Walsh«, sagte Bast. »Ich vergesse immer, dass Sie es nicht mögen, wenn sie hier im Haus ist.«
    »Das ist ganz und gar erstaunlich«, murmelte Mrs Walsh. Sie sah nachdenklich in die Richtung, in die die Katze verschwunden war, brachte aber irgendwie das Kunststück fertig, Bast dabei keinen Sekundenbruchteil aus den Augen zu lassen. »Wenn man sieht, wie gut Sie sich mit ihr verstehen, dann

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