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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der rechten Seite des Korridors auf, und gleich drei Männer in den dunkelblauen Uniformen des Aufsichtspersonals stürmten ihr entgegen.
    Einer von ihnen tat ihr – und vor allem sich selbst – den Gefallen, bei ihrem Anblick einfach zu erstarren, aber die beiden anderen waren dumm genug, sich ihr in den Weg zu stellen, der eine albernerweise mit bloßen Händen, der andere zauberte plötzlich einen Schlagstock aus Hartholz hervor, mit dem er auf sie loszugehen versuchte.
    Bast blieb keine Zeit, um Rücksicht zu nehmen; aber das war vielleicht auch gut so; zumindest für den Kerl mit dem Schlagstock. Statt das zu tun, was ihre innere Stimme von ihr verlangte, nämlich ihm seinen Schlagstock bis zum Anschlag in eine Körperöffnung zu rammen, in der er ihn ganz bestimmt nicht gerne hatte, schlug sie ihm seine lächerliche Waffe mit einer fast beiläufigen Bewegung, die ihn noch beiläufiger gegen die Wand schleuderte und halb bewusstlos daran zu Boden sinken ließ, aus der Hand, rannte den anderen kurzerhand über den Haufen und flog die eiserne Treppe mehr hinunter, als sie ging. Renoufs Schritte verklangen unter ihr, noch bevor sie die dritte Stufe erreicht hatte, aber sie wusste trotzdem, wo er war. Das Raubtier in ihr hatte Witterung aufgenommen, und sie würde die Spur nicht wieder verlieren.
    Sie überwand die letzten vier oder fünf Stufen mit einem einzigen Satz, fiel auf ein Knie herab und opferte eine unendlich wertvolle Sekunde, um sich umzusehen und zu lauschen. Geräusche und Gerüche und andere, viel subtilere und nachhaltigere Eindrücke stürmten aus allen Richtungen auf sie ein, und für einen unendlich kurzen Moment fühlte sie sich desorientiert und hilflos. Dann schnappte die Wirklichkeit wie eine bis zum Zerreißen gespannte Feder an ihren angestammten Platz zurück, und Bast erkannte, dass sie sich in einem Keller unter dem Keller befand, einem sonderbaren Ort auf halbem Wege zwischen der Stadt und der modernden Unterwelt, in der Fäulnis und Schimmel längst die Oberhand gewonnen hatten. Auch hier bestanden die Wände aus nacktem Ziegelstein, aber es gab kaum Licht, und in den Fugen des Mauerwerks hatte sich giftiger Schimmel eingenistet, und sie hörte das harte Trappeln winziger, aber dafür umso zahlreicherer krallenbewehrter Pfoten und hörte das ölige Gluckern faulenden Wassers … und irgendwo nicht sehr weit vor ihr noch immer das Geräusch hastiger Schritte, die sich nach wie vor entfernten. Schnell. Aber nicht schnell genug.
    Auch über ihr klangen Geräusche auf: Stimmen, durcheinanderhastende Schritte und das Schlagen von Türen und aufgeregte Rufe. Noch waren keine Tritte auf der Treppe zu hören, aber das würde gewiss nicht mehr lange so bleiben.
    Sie sprang auf und rannte den sich rasch entfernenden Schritten ihres Widersachers hinterher, wobei sie wesentlich mehr Wert auf Schnelligkeit legte als darauf, etwa leise zu sein. Es wäre vollkommen sinnlos gewesen; der Feind, den sie jagte, hatte ebenso scharfe Sinne wie sie und würde ihre Nähe allein durch die Wärme ihres Blutes spüren – von ihren Atemzügen und Schritten und dem Rascheln ihrer Kleidung ganz zu schweigen.
    Für einen kurzen Moment hörte das Geräusch hastiger Schritte irgendwo in der Dunkelheit vor ihr auf. Anscheinend war ihre Beute stehen geblieben, vielleicht um sich zu orientieren, vielleicht auch aus der lächerlichen Hoffnung heraus, dass sie in ihrer Hast und bei der nahezu vollkommenen Schwärze hier unten einfach an ihm vorüberstürmen könnte. Auch Bast blieb stehen und lauschte einen Moment lang mit geschlossenen Augen und angehaltenem Atem. Das Geräusch von träge fließendem Wasser war lauter geworden, und sie hörte erneut das Scharren winziger harter Krallen auf moosbewachsenem, faulem Stein, dazu aber auch noch ein ungleich leiseres, leichteres Huschen, vielleicht der Laut von Spinnenfüßen, die über das seidige Gewebe ihres Netzes glitten. Dann, nach einer kleinen Ewigkeit, vernahm sie einen einzelnen, schweren Atemzug, und einmal darauf aufmerksam geworden, stürzten sich ihre Sinne ganz ohne ihr Zutun gierig auf die Quelle dieses Geräuschs, und nun hörte sie das rasende Hämmern eines Herzens. Sie öffnete die Augen, stürmte weiter und rannte gebückt durch einen niedrigen, halbrunden Durchgang, mehr eine Tunnelöffnung als eine Tür – und blieb im nächsten Moment stehen, als sie begriff, warum ihr Gegner tatsächlich angehalten hatte. Vor ihr war nichts als Schwärze. Auch das

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