Anwältin der Engel
erbärmlichen kleinen Cheerleaderin aufzupolieren. Man sollte annehmen«, sagte Bree mehr zu sich selbst als zu Hunter, »dass sie sich dafür jemanden aussuchen würde, der das gleiche Format hat wie sie. Haben Sie gehört, was Cordy gesagt hat? Sie spielt mit demGedanken, Angriff mit einer tödlichen Waffe zu den Anklagepunkten hinzuzufügen. Sie behauptet, auf der Aufnahme der Überwachungskamera sei deutlich zu erkennen, dass Lindsey die arme kleine Pfadfinderin mit dem Hummer bedroht habe.«
»Lindsey scheint ihre eigene schlimmste Feindin zu sein«, entgegnete Hunter, »und wirklich auf eine Katastrophe zuzusteuern. Aber ich sehe schon, dass Sie das nicht davon abhalten wird, sich auf Ihr Pferd zu schwingen und ihr zu Hilfe zu eilen. Lassen Sie Ihr Pferd aber lieber im Stall, Bree. Dieser Fall wird Ihnen nur Ärger einbringen.«
»Cordy zieht doch eine Show fürs Publikum ab«, sagte Bree empört. »Wo bleibt denn da die Fairness ?«
»Fairness. Sie sollten nicht nur Ihr Pferd im Stall lassen, sondern auch Ihr Schwert und Ihren Schild an den Nagel hängen.« Hunter sah sie einen Moment lang an. Dann beugte er sich vor, um mit einer Eindringlichkeit, die sie noch nie bei ihm erlebt hatte, zu sagen: »Lassen Sie die Sache sausen. Tun Sie, was immer Sie tun müssen, um das Mädchen diesmal vor dem Gefängnis zu bewahren – und ich sage diesmal , Bree, weil es bei einem solchen Mädchen gewiss ein nächstes und auch ein übernächstes Mal geben wird. Ansonsten sollten Sie die Sache aber sein lassen. Chandler ist auf einer nassen Straße ins Schleudern geraten und im Leichenschauhaus gelandet. Viele Betrunkene landen … «
Bree merkte auf. »Er war betrunken?«
Hunter biss die Zähne fest zusammen. »Er war den größten Teil des Nachmittags im Miner’s Club. Nachdem er eine Runde Golf gespielt hatte.«
»Die Kinder von Alkoholikern … «, begann Bree, ließ den Satz jedoch unvollendet. Das war eine verdammt gute Verteidigungsgrundlage. Bloß dass dies nun völlig dem Bild widersprach, das die Medien von Probert Chandler aufgebaut hatten. Ein betrunkener Harry Truman? Hmm.
»Lassen Sie’s, Bree. Der Mann hatte, wie wir herausgefunden haben, ein bisschen mehr als gewöhnlich getrunken. Das war sonst nicht seine Art. Wäre er Trinker gewesen, hätte er es vielleicht besser geschafft, alkoholisiert nach Hause zu fahren. So weit es Sie betrifft, ist der Fall Chandler abgeschlossen.« Er zeigte mit dem Finger auf sie. Bree hasste es, wenn jemand mit dem Finger auf sie zeigte. »Wenn ich merke, dass Sie da weiterhin Ihre Nase reinstecken, werde ich unangenehm. Kapiert?«
Der Barkeeper, ein zurückhaltender junger Schwarzer, der die ganze Zeit hinter der Theke gestanden und Gläser poliert hatte, sagte plötzlich mit erhobener Stimme: »Hey, du! Raus hier!«
»Vermutlich mag er es ebenso wenig wie ich, wenn jemand mit dem Finger auf einen andern zeigt«, sagte Bree mit trügerischer Liebenswürdigkeit. »Rennen Sie nicht gegen die Tür, wenn Sie rausgehn.«
Hunter sah über ihre Schulter hinweg. »Er meint nicht mich, sondern Ihren Hund.«
»Meinen Hund?« Bree drehte sich um. Sascha kam auf sie zugetrottet. Im Dämmerlicht schien die Farbe seiner Augen von noch kräftigerem, leuchtenderem Goldgelb zu sein als sonst. Als er sie erreicht hatte, legte er den Kopf auf ihr Knie.
»Hey, Sascha«, sagte Hunter.
Sascha sah hechelnd zu ihr hoch.
»Du wartest auf deinen Krabbenmuffin, wie?«, fragte Bree schuldbewusst. »Das hab ich total vergessen.«
»Miss?«, wandte sich der Barkeeper an sie. »Ist das Ihr Hund? Hunde dürfen hier nicht rein.«
»Ja, das ist mein Hund, der hier natürlich nichts zu suchen hat. Tut mir leid. Komm, Sascha. Wir fahren nach Hause, damit du was zu futtern bekommst.« Bree nahm ihre Handtasche und stand auf. Hunter erhob sich ebenfalls.
»Ich bring Sie raus.«
»Danke, aber das ist nicht nötig«, erwiderte Bree in honigsüßem Ton.
Hunter schnitt eine Grimasse. »Sie lassen gerade wieder mal die Südstaatlerin raushängen.«
Mit Unschuldsmiene zog Bree die Augenbrauen hoch.
»Das ist mir schon öfter aufgefallen«, fuhr er grinsend fort. »Wenn Sie gereizt sind, werden Sie irgendwie … regional.«
»Regional?«, wiederholte sie und atmete tief durch.
Sascha knurrte leise und stupste sie mit dem Kopf gegen die Hüfte. Bree zügelte ihren Zorn und bemühte sich, einen gelassenen Ton anzuschlagen. »Hören Sie, Hunter. Ich weiß einfach, dass an Probert Chandlers Tod
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