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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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die Mitte des Konferenztisches und nahm auf seinem Stuhl Platz. An diesem Morgen war er noch besser angezogen als gewöhnlich und trug cremefarbene Leinenhosen, ein blassblaues Oberhemd und eine rosablau gestreifte Krawatte.
    »Nein. Das stand nicht in Ihrem Lebenslauf«, erwiderte Bree. »Ihre jenseitige Adresse übrigens auch nicht.«
    Ron blinzelte ihr lächelnd zu.
    Bree seufzte. Ihre dramatische Eingangsbemerkung war verpufft. Dabei hatte sie die Sätze morgens extra vor dem Badezimmerspiegel geübt. Nachdem sie sich eine Tasse Kaffee hatte geben lassen, trank sie gedankenverloren einen Schluck. »Keiner von Ihnen hat angegeben, als Engel tätig zu sein. Und als Sie es schließlich eingestanden haben, sind Sie da gefeuert worden? Keinesfalls.« Ein Augenzwinkern andeutend, zeigte sie auf sich selbst. »Denn ich bin eine ziemlich nette Chefin, wenn ich mal ein bisschen angeben darf. Deshalb würde ich meinen, dass ich auch ein wenig Respekt verdiene. Könnten wir also bitte wieder zum Thema kommen?«
    Ron hantierte mit der Kaffeekanne herum. Petru saß, die Hände auf seinen Stock gestützt, nur da. Lavinia Mather gab drei Teelöffel Zucker in eine größtenteils mit Sahne gefüllte Tasse und sah alle mit ihren glänzenden schwarzen Augen an.
    »Das gehört aber zum Thema«, entgegnete Ron. »Lassen Sie’s mich erklären. Ich habe, wie schon gesagt, Hunde ausgeführt. Ungefähr zehn Sekunden lang. Ein grässlicher Job. Als ich damals in New York lebte. Vier Hunde auf einmal. Einen Mops, einen Foxterrier und zwei riesige schwarze Labradors. Sobald ich mich mit den Hunden draußen auf dem Bürgersteig befand, zerrtemich jeder von denen in eine andere Richtung, sodass sie mich beinahe gevierteilt hätten. Und genau so ist dieser Fall. Geht in vier verschiedene Richtungen auseinander. Na ja, jedenfalls in zwei.«
    Bree sah Ron einigermaßen perplex an. Sie hatte immer noch nicht herausgefunden, wie das irdische Dasein ihrer Engel beschaffen war. Doch jedes Mal, wenn sie einen von ihnen nach seinem irdischen Leben außerhalb des Büros fragte, wurde sie mit einem unverbindlichen Lächeln oder mit Ausflüchten abgespeist. Wie auch jetzt.
    »Vielleicht stehen der Raubüberfall und der Tod von Mr. Chandler ja garr nicht miteinanderr in Verbindung«, schlug Petru vor. »Vielleicht will Ron damit sagen, dass wir uns nicht mit rrücksichtslosen Teenagern beschäftigen sollen, sondern mit Mr. Chandlers Einspruch gegen die Strafe, die über ihn verrhängt wurde.« Es war schwierig, hinter dem Dickicht seines schwarzen Barts einen Gesichtsausdruck auszumachen, doch irgendwie ließ sein russischer Akzent alles, was er sagte, weise klingen. Wenn Tolstoi eine juristische Hilfskraft gewesen wäre, er hätte sich sicher genau so wie Petru angehört.
    »Also da bin ich anderer Meinung. Das Verhalten des Kindes kommt daher, dass in dieser Familie was Böses drinsteckt«, sagte Lavinia. »Und ihr Daddy ist nach seinem Tod nach unten statt nach oben gekommen, weil er was Böses getan hat.« Genüsslich trank sie einen großen Schluck Kaffee. »Wenn man’s richtig betrachtet, steht alles miteinander in Verbindung.«
    Bree rieb sich die Stirn. Sie hatte nicht gut geschlafen. Der versuchte Angriff am vergangenen Abend hatte sie verstört, obwohl sie beschlossen hatte, die Sache nichtzur Sprache zu bringen. Außerdem schien ihr die Mayonnaise auf dem Thunfischpanini nicht mehr ganz frisch gewesen zu sein. Und jetzt war es ihrer dramatischen Eingangsbemerkung nicht gelungen, ihre Angestellten unverzüglich zum Handeln anzuspornen. Stattdessen bekam sie nur Geschwätz über das Ausführen von Hunden zu hören. »Ich weiß nicht recht, Lavinia. Glauben Sie wirklich, dass manche Menschen schon böse geboren werden? Oder dass sie erst zu bösen Menschen gemacht werden?«
    »Jeder bekommt mehrmals die Möglichkeit, eine Wahl zu treffen«, erwiderte Lavinia voller Entschiedenheit.
    »Tja, dann müssen wir herausfinden, was für eine Wahl Probert Chandler zu Lebzeiten getroffen hat«, sagte Bree. »Andernfalls bin ich nicht in der Lage, mich jetzt, da er tot ist, für ihn einzusetzen.«
    »Weshalb wurde er eigentlich eingelocht?«, fragte Ron.
    »Eingelocht?«, gab Bree zurück.
    »Sie wissen doch, Ben Skinner wurde wegen Habgier ursprünglich zu drei bis zehn verurteilt.« Nicht Jahren, sondern Jahrtausenden, wie Bree erfahren hatte. »Was hat Chandler verbrochen?«
    »Und wo ist er gelandet?« Lavinia biss in einen Donut. »Im Fegefeuer oder

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