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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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und Timi musste sich in Sicherheit bringen, um nicht getroffen zu werden. »Ich hab diese elende Warterei satt. Wenn der Alte doch wenigstens eine Leiter dagelassen hätte«, sagte er.
    » Wir haben das Seil«, kam es von Kasimir.
    » Und?«
    » Wenn nichts von oben kommt, müssen wir vielleicht einfach etwas nach oben bringen.«
    » Oh ja«, Timi wagte sich wieder zurück in den Trichter, »du kletterst hoch und bindest das Seil an einen Baum und ziehst uns raus, einen nach dem anderen.«
    Alex wollte bereits abwinken, hatte die Hand schon erhoben, tat es aber doch nicht. Er stand in der Mitte des sich nach oben hin verjüngenden Trichters und betrachtete die Felswände. Überall gab es Ecken und Kanten, kleine Vorsprünge und Risse in den Wänden, welche mit etwas Glück einer Fingerspitze Halt geben könnten. Bisher hatten ihn diese Strukturen kaum interessiert, denn bevor Seiler das Loch geöffnet hatte, existierte kein Grund, da hinaufzuklettern und nach dem Öffnen ebenso wenig, schließlich konnte man ganz in Ruhe hier sitzen bleiben und auf die Befreiung warten. Aber es kamen und kamen keine Befreier, die Zeit verstrich und langsam wandelte sich die Euphorie der ersten Stunde in Angst. Alex konnte und wollte sich keinen alten Mann vorstellen, der sie einfach hier allein zurückließ und vergaß.
    » Was ist, warum lachst du?«, fragte Kasi als Alex lächelte.
    » Ach, ich hab mir gerade vorgestellt, dass der alte Seiler losmarschiert ist, um Hilfe zu holen und unterwegs alles vergessen hat. Ich kenn das von meinem Opa. Manchmal erkennt der mich gar nicht mehr und fragt dann Oma, was der Junge hier mache und wo der hingehört. Und wenn sie einkaufen geht, muss sie die Haustüre abschließen und das Telefon verstecken. Letztes Jahr hat er mal für über dreihundert Euro telefoniert. An einem Vormittag. Seiler ist auch ziemlich alt, und komisch sowieso. Vielleicht will er uns ja gar nichts Böses, sondern hat uns einfach vergessen.«
    » Und seinen Hund.«
    » Genau, den auch. Und jetzt läuft er durch sein Haus und fragt sich, wofür die Fressnäpfe eigentlich im Flur stehen.«
    » Meinst du das ernst?«, fragte Kasi. »Man kann uns doch nicht einfach vergessen .« Alex schüttelte den Kopf.
    » Ich weiß es nicht, Kasi. Ich weiß nur, dass er längst hätte zurück sein müssen.« Alex studierte die Felswand, fand einen möglichen Weg. Er wusste, dass er seit Tagen nichts gegessen hatte, wusste, dass seine Kraft für diese Klettertour wahrscheinlich nicht ausreichen würde. Aber manchmal traf man eben Entscheidungen, von denen man im Nachhinein nie mehr genau sagen kann, wie sie zustande gekommen waren. Diesen Entscheidungen gehen meist nicht einmal übermäßig viele Gedanken voraus, genau genommen normalerweise gar keiner, denn manchmal weiß man von einer Sekunde auf die andere einfach, was zu tun ist und geht los, in die richtige Richtung. Alex wusste, dass er da jetzt hinaufsteigen musste, länger warten konnte keiner von ihnen. Er ging zum Brunnen, bückte sich nach dem Seil und band sich dessen nasses Ende um den Bauch.
    » Drückt mir die Daumen«, sagte er, »und passt auf, dass das Seil sich nirgends verhakt, ja?« Kasi und Timi nickten. »Und passt auch auf, dass ich euch nicht auf die Köpfe falle.«
    » Und Max?«, fragte Kasi, »Was sollen wir machen, wenn er nach vorn kommt?«
    » Keine Angst, der ist sicher verschnürt, vor dem braucht ihr euch nicht zu fürchten.«

    Max saß im Raum mit den Fässern und hörte jedes Wort. Jetzt, als Alex die beiden Kleinen gerade beruhigt hatte und mit seinem Aufstieg in die Freiheit begann, lächelte Max. Er lehnte den Kopf an ein riesiges Fass und lauschte und das Fass pulsierte, es rauschte, so schön, dass jedes andere Ohr Bilder von an Sandstränden auslaufenden Wellen hinter die geschlossenen Lider gezaubert hätte, Max aber sah nur seine Spinnen. Fässer, bis zum Rand mit Spinnen angefüllt und sie redeten mit ihm und versorgten ihn wieder und wieder mit neuer Energie. Und sie ließen den Jungen Dinge tun, wie gerade eben, als er sich aus dem vorderen Raum hierhergerollt und dabei eine abgebrochene Speerspitze mitgenommen hatte. Warum? Max wusste, dass sein menschlicher Geist diese Frage niemals hätte beantworten können, jetzt aber – und jetzt sprachen die Spinnen – jetzt wusste er, lauschte dem Gesang des Fasses, hielt das jahrhundertealte Metall zwischen den tauben Fingern und schabte damit an seinen Fesseln. Alex ließ gerade den zweiten von

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