Apocalypsis 1 (DEU)
der linken Hand durch die Luft, als wolle er eine lästige Fliege zerquetschen. »Lassen wir Gott für eine Weile aus dem Spiel und konzentrieren uns auf die Fakten.«
»Wer ist Yoko?«, fragte Peter mit Blick auf die ausgedruckte E-Mail.
»Dr. Tanaka leitet eine Forschungsabteilung des Nakashima Konzerns. Der Nakashima Konzern hat auf meine Anregung hin im letzten Jahr einen hoch dotierten Preis für die Entwicklung oder Entdeckung völlig neuartiger Materialien ausgelobt. Ein Versuch, um herauszufinden, ob womöglich noch mehr Amulette dieser Art existieren. Bislang wurde Dr. Tanaka jedoch nichts Vergleichbares angeboten. Ohne die Unterstützung von Mr. Nakashima allerdings wären wir alle hier bereits tot.«
»Schon seltsam, dass ein japanischer Milliardär dabei hilft, die katholische Kirche zu retten.«
»Finden Sie, Peter?«
Peter ignorierte den tadelnden Ton.
Benimm dich doch nicht, wie ein trotziger Oberschüler vor seinem Schuldirektor!
»Also gut«, begann er nach einer Weile wieder. »Die Fakten: Das Amulett ist künstlichen Ursprungs. Sein Material weist sensationelle und rätselhafte Eigenschaften auf, die an kein bekanntes künstliches oder natürliches Material erinnern. Außerdem ist das Amulett, wie Maria erlebt hat, eine Art Speicher, ein Gedächtnis und kann Visionen auslösen. Vielleicht …«, er zögerte, es auszusprechen. »Vielleicht ist es ja extraterrestrischen Ursprungs.«
»Das können wir im Moment nicht ausschließen«, bestätigte Laurenz. »Aber ich glaube, dass wir es hier eher mit einer sehr alten irdischen, wenngleich unbekannten Kultur zu tun haben, die vor langer Zeit untergegangen ist. Eine Kultur, die dem göttlichen Wirken viel näher stand als wir. Eine Kultur, die über ein großes Wissen verfügte.«
»Ein Wissen, dass die Templer im Orient wiederentdeckt und später wieder versteckt haben? Den Stein der Weisen? Rotes Quecksilber?«
»Ich glaube, es ist viel schlimmer«, sagte Maria und sah ihren Vater an.
LXXXI
EIN JAHR ZUVOR …
11. September 2010, Kampala, Uganda
D as Inferno begann mit einer Maschinengewehrsalve. Ein trockenes Husten wie aus dem Nichts von irgendwo aus der Zuschauermenge im Stadion. Papst Johannes Paul III. stand frei an einem Mikrophon und sah, wie neben ihm Kerzen und Gefäße auf dem Altar unter der Wucht der großkalibrigen Munition zerplatzen, wie das große vergoldete Holzkreuz zersplitterte und das Altartuch wie von einer wütenden Faust zerfetzt wurde. Johannes Paul III. sah die Garbe auf sich zurasen. Eine kurze heftige Böe, ein metallischer tödlicher Wind. Keine Chance. Starr vor Erstaunen, das Manuskript seiner Predigt immer noch in der Hand, unterbrach er seine Ansprache, hörte den Aufschrei von Tausenden von Menschen und sah, wie die Menge links von ihm sich auf der Tribüne teilte wie das Meer vor Moses. Dann brach die Hölle über ihn herein. Mit einem ohrenbetäubenden Knall traf die Boden-Boden-Rakete den Altar neben ihm und löschte die Bühne in einem Feuerball aus, wie ein heimtückisches Raubtier, das lange und geduldig genug gewartet hatte. Der Druck der Explosion riss den Papst von den Beinen. Hitze brandete über sein Gesicht, entflammte die weiße Soutane und füllte seine Lungen. Im Fallen sah Johannes Paul III., wie zwei ugandische Diakone durch die Luft gewirbelt wurden und zerfetzt wieder auf die Bühne aufschlugen. Feuer und Rauch überall. Brennende Leichenteile. Geschrei. Kommandos.
» Go, go, go !«
Und immer noch Schüsse. Immer noch Feuer, Feuer und Hitze überall. Johannes Paul III. lag auf der geborstenen Bühne und atmete Feuer. Als er an sich herabsah, erkannte er, dass er brannte. Eilig, aber doch ohne Hast, riss er sich die brennende Soutane vom Leib. Die Explosion einer weiteren Rakete erschütterte das, was von der Bühne noch übrig war, ein weiterer Feuerball blähte sich in den ugandischen Nachmittag, eine Blase aus Hitze und Tod, die sich immer weiter ausdehnte und die schockierte Menschenmenge als dumpfe Druckwelle traf. Dann brach die Panik aus. Tausende von Menschen versuchten gleichzeitig, dem Inferno zu entkommen und über die steilen Tribünen aus dem Stadion zu flüchten. Während vorne die Bühne in Feuer und Rauch aufging, starben auf den Tribünen bereits Hunderte von Menschen, tot getrampelt von einer Flut aus Menschen, die von oben nach unten drückte und die niemand stoppen konnte.
Die Schüsse hatten aufgehört. Von der brennenden Bühne stieg Rauch auf, verkohlte
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