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Apocalypsis 1 (DEU)

Apocalypsis 1 (DEU)

Titel: Apocalypsis 1 (DEU) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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Turm. Ich weiß jetzt, wer wir sind.«
    Er konnte hören, wie Nikolas am anderen Ende der Leitung scharf einatmete. »Ich weiß genau, wer ich bin.«
    »Blödsinn, Nikolas. Du träumst jede Nacht von diesem Turm. Du weißt gar nichts. Aber ich weiß es jetzt.«
    »Was willst du, Peter? Du wirst sterben, wenn du nicht bald zu mir kommst. Ich kann dir helfen.«
    »Ich will eine Antwort. Wo ist Seth?«
    »Woher willst du wissen, dass ich dir die Wahrheit sage?«
    Sag es!
    »Weil ich dich kenne, Nikolas. Du bist ich. Ich würde merken, wenn du lügst.«
    Nikolas zögerte. Peter konnte förmlich spüren, wie die Saat, die er gepflanzt hatte, aufging.
    »Wirst du dann zu mir kommen? Allein?«
    Tu es nicht. Tu es nicht!
    Peter atmete durch. »Ja.«
    Als Peter auch nach einer halben Stunde nicht zurück war, ging Maria besorgt in den Garten, um nachzuschauen. Kurz darauf kehrte sie aufgelöst zurück.
    »Peter ist verschwunden.«
    »Was?« Don Luigi sprang aus seinem Sessel auf. »Wo ist er hin?«
    Maria kämpfte gegen die Tränen an und reichte ihrem Vater einen Zettel mit einer Nachricht in Peters hastig hingeworfener Handschrift.
    »Das lag unter dem Olivenbaum.«
    Liebste Maria,
    lieber Franz Laurenz, liebe Sophia Eichner
    lieber Don Luigi, mein Freund,
    ich habe keine Wahl. Wenn wir die Apokalypse noch irgendwie verhindern wollen, gibt es keinen anderen Weg. Ich werde mich mit Nikolas treffen und tun, was ich tun muss. Ich werde meinen Bruder töten, wenn mir dazu noch Zeit bleibt.
    Sie, Laurenz, müssen Seth töten. Ich weiß, Sie sind ein Mann des Glaubens. Aber glauben Sie mir, Sie haben keine Wahl. Finden Sie ihn. Seth ist hier. Hier irgendwo im Vatikan. Töten Sie ihn. Sie hatten Recht, Laurenz. Seth will die Kirche gar nicht vollständig vernichten. Im Gegenteil, er will viel mehr. Er will Papst werden.
    Peter

LXXXIII
    W orüber habt ihr gesprochen? Über eure Mutter. Sie war mit euch an diesem Leuchtturm. Ein Urlaub an der Nordsee? Nein, eine Flucht. Nikolas erinnert sich nur mühsam. Aber auch er hat diese Träume. Der Blick in Nikolas Augen. Ohne Glanz und Farbe. Ist das dein Bruder? Fragt er sich genauso. Er wirkt nervös, als fürchte er, mit dir erwischt zu werden. Was lächerlich ist, wer soll euch an diesem Ort schon erwischen. Ihr seid allein. Du versuchst, ruhig zu bleiben. Nicht daran zu denken, dass er Ellen getötet hat. Dass ihre letzte Agonie mit seinem Anblick verbunden war. Deinem Anblick. Er spricht von Licht und Hass und Schmerz. Du verstehst kein Wort, aber du hörst zu, denn du willst verstehen. Und du verstehst allmählich. Ihr tauscht Bruchstücke eurer Erinnerungen, wie bei einem Kartenspiel früher auf dem Schulhof, auch wenn sie durch die Zeit so beschädigt sind, dass sie nicht mehr richtig passen. Was nicht passt, wird passend gemacht. Hat Lutz immer gesagt in seinem weinroten Pullover. Nikolas sagt: Ich bin der Schmerz. Der Schmerz ist das Licht. Du siehst Nikolas vor dir in jenem Auto am Leuchtturm. Du sagst: Du hast noch nie viel gelacht. Du erinnerst ihn an den Unfall, der kein Unfall war, sondern Mord. Die Frage lautet: Warum wir? Weiß er auch nicht. Er macht dir ein Angebot, du sagst: Nein, danke. Er spricht von Macht und davon, dass du ihm nichts vormachen kannst. Kannst du nicht? Du fragst ihn nach dem Virus in deinem Körper. Er wiederholt sein Angebot. Und dann? Du sagst etwas. Du machst einen Fehler. Plötzlich Schmerz. Und Licht. So viel Licht.
    Peter schlug die Augen auf. Die Welt um ihn herum war in intensives blaues Licht getaucht. Er war gefesselt, sein Mund verklebt mit breitem Gewebeband. Atmen war nur mühsam durch die Nase möglich. Seine Hände ertasteten Stein, dicht um ihn herum. Überall Mauern. Kaum Luft. Keuchend versuchte Peter, sich zu bewegen, und stieß sich den Kopf. Als er endlich realisierte, wo er sich befand, überschwemmte ihn schlagartig die Panik.

LXXXIV
    18. Mai 2011, Vatikanstadt
    D as Konklave begann mit einer Sonnenfinsternis. Als die hundertachtzehn wahlberechtigten Kardinäle am Morgen des 18. Mai in den Petersdom einzogen, um zusammen mit kirchlichen Würdenträgern, Diplomaten und hochrangigen Vertretern aus Politik und Gesellschaft die Papstwahl mit der feierlichen Messe Pro eligendo papa einzuleiten, schob sich der Mond vor die Sonne. Das Licht verdunstete aus der ewigen Stadt und hinterließ nichts als bleierne Dämmerung. Der römische Verkehr kam zum Erliegen, Römer, Touristen und Pilger starrten schweigend durch schwarze Folien in

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