Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
mir nichts.«
»Umso erstaunlicher, wie realistisch Sie es gemalt haben. Es liegt etwa zehn Kilometer von hier.«
»Das macht mir alles schreckliche Angst, Rabbi.«
Spitzer lächelte sie an. »Keine Sorge, Gott ist bei Ihnen. … Und ich ebenfalls.«
Rahel versuchte, sich zu beruhigen und lehnte sich zurück. Dabei entdeckte sie eine alte Aktentasche unter dem Vordersitz. Sie zog sie heraus und reichte sie dem Taxifahrer nach vorne.
»Die muss wohl jemand vergessen haben.«
Beide, der Rabbi und der junge Fahrer, starrten die Tasche einen Moment lang an. Dann entriss Spitzer ihr die Tasche. Der Fahrer stieß einen Fluch auf Arabisch aus und stieg voll auf die Bremse. Rahel wurde nach vorne geschleudert und fiel dann wieder zurück. Rabbi Spitzer riss die Beifahrertür auf.
Zu spät. Das Licht hüllte sie ein, blähte sich wie eine Sonne vor ihr auf, raste auf sie zu und verschlang sie, genau wie in ihrem Todesbild. Den Knall der Explosion hörte sie schon nicht mehr. Es gab nur das Licht, alles überstrahlende Helligkeit. Dann einen kurzen Moment des Schmerzes und dann – Stille. Kein Laut mehr, kein Schmerz, nur Licht. Die Welt hatte sich verschluckt, war an sich selbst erstickt.
Ich sollte etwas essen, dachte Rahel. Und dass sie zu Fuß hätten gehen sollen. Das kurze Stück. Sie fragte sich, wo ihre Mappe war. Dann hustete die Welt einmal hart auf, und der Schmerz kam zurück, flammte durch ihren ganzen Körper. Das Gleißen ließ nach, die Welt erhielt ihre Konturen zurück. Rahel sah, dass sie auf der Straße lag. Um sie herum Menschen, Geschrei, Flammen. Rahel wollte etwas sagen, wollte schreien, aber weder brachte sie irgendeinen Laut heraus, noch konnte sie sich bewegen. Sie sah einfach zu, während der Schmerz sie weiter auffraß. Sie sah die zerfetzte Leiche des Fahrers einige Meter vor sich, sah ihr eigenes Blut aus den Augenwinkeln, das wie ein kleiner Bach in den Straßenstaub sickerte. Und sie sah den Priester. Den Priester mit dem grauen Pferdeschwanz aus ihren Bildern. Er löste sich aus der Menge und trat auf sie zu. Kniete sich vor ihr hin, sah sie an, neugierig und kalt. Sein Atem roch nach Baldrian und Zimt.
»Es ist gleich vorbei, Rahel«, flüsterte er ihr zu und strich ihr übers Haar. Mit dieser uralten, väterlichen Geste schien er das Licht fortzuwischen. Die Welt vor ihren Augen bleichte aus, wurde dämmrig, als breche unvermittelt der Abend an. Dann griff der Priester nach etwas auf dem Boden neben ihr. Als er sich erhob, sah Rahel mit dem letzten Licht, dass er ihre Mappe in der Hand hielt, die wie durch ein Wunder unversehrt geblieben war. Die Mappe mit den Bildern und dem Amulett.
»Nicht!«, wollte Rahel schreien, aber sie konnte nicht. Sie konnte nur noch zusehen, wie es vollends dunkel wurde, und wie der Priester mit ihrer Mappe in der Menge verschwand.
Und sie konnte sterben.
XXVIII
24. August 2013, Athos, Griechenland
E s geht mir gut. Ich war nicht allein, ich war all die Jahre nur sehr einsam.«
Mayas erste Sätze in den wenigen Minuten, die sie in Suite 306 miteinander hatten. Peter erinnerte sich an jedes Wort ihres kurzen Gesprächs. An jedes Wort, an ihr Lächeln und an den Schmerz tief dahinter. Dass sie ihm keine Schuld gebe, ihm nicht und auch nicht Ellen, hatte sie zwar gesagt, aber was half das.
»Ich hätte dich beschützen müssen.«
»Niemand hätte mich vor Raymond beschützen können. Er nimmt sich, was er will.«
Sie erzählte ihm von ihren einsamen Jahren in jener unheimlichen Zwischenwelt, bevölkert von schweigenden, schlanken Echsenwesen, vor denen sie sich jedoch offenbar nicht fürchtete. Nur vor Raymond fürchtete sie sich, jenem weiß gekleideten Jungen, der sie einst vor der Schule abgefangen und ihr das Amulett gegeben hatte.
»Nein, er hat mir nie wehgetan. Die Mh’u würden es nie zulassen. Raymonds Macht ist dort … begrenzt. Ich bin bloß eine Geisel, das ist alles. Er will dich, Papa. Er braucht dich. Nur deswegen hat er mich geschickt, dir das zu sagen. Wenn du ihm bringst, was er haben will, dann wird er mich freilassen.«
Soweit Peter verstand, konnte Raymond die Welt von Mayas Verbannung nach Belieben betreten und verlassen.
»Warum ausgerechnet ich?«
»Du bist der Schlüssel.«
»Der Schlüssel zu was?«
Sie hatte ihn einfach nur angesehen, ganz ruhig. »Zur Apokalypse.«
Einfaches Dilemma: entweder Maya retten oder die Welt.
»Tu es nicht. Es geht mir dort gut. Die Welt wird die Hölle sein, wenn Raymond bekommt,
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