Apocalypsis 3.03 (DEU): Der Plan. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)
achteckige Grundriss Sant’Annas wie ein Omen seiner bevorstehenden Herausforderungen. Ihm war nur nicht klar, wie er es interpretieren sollte.
»Lenk dich nicht ab, alter Mann«, knurrte er leise, erhob sich und setzte sich zurück in die Bank. »Konzentrier dich lieber.« Er blieb noch einen Moment sitzen und versuchte, ruhig zu werden. Seltsamerweise war er aufgeregter als vor seiner Wahl zum Papst sechs Jahre zuvor.
»Du bist nicht aufgeregt, du hast eine Scheißangst«, murmelte er. »Und jetzt fängst du auch noch an, mit dir selbst zu reden wie so ein Tattergreis.«
Dennoch tat es gut, die eigene Stimme zu hören, die sich in der Kapelle einige Meter ausbreitete und dann irgendwo zwischen den Säulen verlor. Laurenz blickte auf zu dem Holzkreuz über dem Altar.
»Du hast mich hierhergeführt, Herr«, sprach er das Bild des Gekreuzigten direkt an. »Du hast mir stets gezeigt, welchen Platz du für mich bereithältst, und ich war ehrgeizig und eitel genug, dir zu folgen. Ich werde dir auch diesmal folgen, hörst du? Aber diesmal, Herr, fehlt mir die Zuversicht. Ich kann beten, so viel ich will.«
Er stockte. Wollte noch etwas Wichtiges hinzufügen, ließ es dann jedoch.
»Das wollte ich dir nur sagen«, schloss er seinen Monolog. »Hilf mir einfach, so gut es geht.«
Dann trat er aus der Bank, bekreuzigte sich noch ein Mal und verließ die Kirche. Es wurde Zeit.
Sie erwarteten ihn im Konstantinsaal, dem größten der vier prächtigen von Raffael gestalteten Säle. Dreiundachtzig Kardinäle aus aller Welt, die nach dem Mord an Edward Kelly umgehend nach Rom geeilt waren. In ihren purpurnen Soutanen saßen sie unbehaglich auf einfachen Klappstühlen. Es war heiß und stickig im Saal. Unter den Stühlen standen kleine Mineralwasserflaschen. Mehr Komfort gab es nicht. Die Schweizergarde hatte Order, nach Laurenz’ Eintreffen niemanden mehr hinein oder hinaus-zu-lassen – bis eine Entscheidung gefallen war.
Als Laurenz den Saal betrat, ging ein verstörtes Raunen durch die Menge. Franz Laurenz trug diesmal keinen einfachen schwarzen Anzug, sondern bereits die weiße Soutane des Papstes. Er trug sogar eine Kopie seines Papstringes.
Ohne das Raunen zu beachten, das inzwischen zu Äußerungen des Unmutes und der Empörung angeschwollen war, stellte er sich an das improvisierte Rednerpult und blickte die versammelten Kardinäle an, bis Ruhe einkehrte.
»Aus dem Evangelium nach Lukas«, begann er, laut und vernehmlich. »Und als einige darüber sprachen, dass der Tempel mit schönen Steinen und Kleinoden geschmückt sei, sagte Jesus: Es wird die Zeit kommen, da von allem, was ihr seht, nicht ein Stein auf dem andern bleiben wird. Sie fragten ihn aber: Meister, wann wird das geschehen? Und was wird das Zeichen sein, wenn das geschehen wird? Er aber antwortete: Seht zu, lasst euch nicht verführen. Denn viele werden kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin es! Und: Die Zeit ist gekommen. Laufet ihnen nicht nach!«
Laurenz hielt inne. Er hatte sich gut überlegt, was er sagen wollte, eine überzeugende Rede über die Bedrohung der Kirche, die Zeichen, die falschen Könige. Eine demütige und zugleich selbstbewusste Rede. Dennoch war es riskant, geradezu tollkühn, die Kardinäle vor vollendete Tatsachen zu stellen. Für ein ordentliches Konklave blieb keine Zeit mehr, zumal es mit dem Risiko verbunden wäre, vom Kardinalskollegium nicht erneut gewählt zu werden. Nun aber erschien ihm diese vorbereitete Rede nur noch banal, arrogant, verlogen und hilflos. Ein vollkommener Schuss in den Ofen. Laurenz wurde klar, dass er alles riskieren musste. Dass er etwas Unerhörtes, ja Verbotenes tun musste.
Erstes Räuspern unter den Kardinälen signalisierte ihm, dass sich sein Schweigen für eine rhetorische Pause bereits zu lange hinzog.
Laurenz schickte ein letztes Stoßgebet zu seinem Herrn und trat vom Pult weg. Schweigend nahm er den Siegelring ab und legte ihn sorgsam neben sich auf das Pult, ebenso wie das seidene weiße Zucchetto -Mützchen. Danach legte er den Schulterumhang, die Mantellina , ab und ließ ihn zu Boden fallen. Er löste das Zingulum , das Soutanenband, und dann, während das Raunen der Kardinäle anschwoll, knöpfte er in aller Ruhe einen Knopf der Soutane nach dem anderen auf, dreiunddreißig, nach den Märtyrern von Melitene. Auch die Soutane glitt zu Boden. Darunter trug Laurenz eine leichte weiße Baumwollhose, und statt der Albe, dem liturgischen Grundgewand, ein schlichtes weißes
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