Apocalypsis 3.03 (DEU): Der Plan. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)
besser wusste. Und sie bestätigte ihn in der heimlichen Grundannahme seines Glaubens: Wenn Gott sogar im Zustand der Gnade abwesend war, dann mochte er die Welt zwar geschaffen, sie aber nach Vollendung seines Werkes sich selbst überlassen haben. Was wiederum Santillanas Vorstellung vom peccatum originale , der Erbsünde, bestätigte. Und zwar mit allen Konsequenzen. Der Mensch als Geschöpf Gottes war verurteilt, für sich selbst zu sorgen, sich zu erhalten und sich Gerechtigkeit zu verschaffen. Mit allen Mitteln, mit denen Gott ihn zuvor ausgestattet hatte. Aus diesem geradezu darwinistischen Gedanken speiste sich in Santillanas Überzeugung der Führungsanspruch des Opus Dei. Und den würde er auf keinen Fall dem Machtanspruch dieses Deutschen opfern. Im Gegenteil witterte Santillana nun die Chance seines Lebens.
»Dieses Amulett – wo haben Sie es her?«
Laurenz schwieg und legte das Amulett in aller Ruhe in den Aktenkoffer zurück.
Santillana winkte ab. »Ich könnte es mir mit Gewalt holen. Vielleicht könnte ich damit sogar Papst werden, was meinen Sie, Laurenz?«
Laurenz zuckte nur mit den Schultern. »Bloß wären Sie auch dann immer noch nicht in der Lage, die Apokalypse aufzuhalten, Prälat.«
»Und Sie vermögen das?«
Laurenz nickte.
»Wie?«
»Das werde ich Ihnen verraten, sobald ich wieder als Papst bestätigt bin.«
Santillana erhob sich abrupt und trat ans Fenster. »Und wenn ich dennoch ablehne?«
Laurenz blieb ruhig. »Ich habe erwartet, dass Sie pokern würden, Prälat.«
»Was ist also Ihr Angebot?«
»Ich ernenne Sie zum Kardinalstaatssekretär. Ihre hundertprozentige Loyalität und Kooperation vorausgesetzt.«
Santillana schüttelte den Kopf. »Señor Laurenz, so billig kriegen Sie das Opus Dei selbst im Angesicht der Apokalypse nicht.«
»Was also müsste ich, Ihrer Ansicht nach, noch drauflegen?«
Santillana wandte sich wieder um. »Unbeschränkten Zugang zu sämtlichen Informationen, zu all Ihren Quellen, Materialien, Bibliotheken, Kontaktpersonen und sonstigen Geheimnissen. Sie werden alles mit mir teilen, Laurenz, Ihr ganzes Wissen.«
Immer noch aufgewühlt von der Vision, aber inzwischen vor allem kochend vor Wut, saß Prälat Santillana eine Stunde später in einem Mercedes mit getönten Scheiben und ließ sich zum Hotel Villa Spagna in die Via Sistina fahren. In den vergangenen Wochen hatte es dort einige mysteriöse Todesfälle gegeben, dennoch war es dem Hotelmanagement gelungen, die Vorfälle aus der Presse herauszuhalten, zumal es weitaus dramatischere Nachrichten gegeben hatte: die Explosion des Petersdoms, die Zerstörung des Kölner Doms, die geschmolzene goldene Sule-Pagode in Burma, der Mord des Papstes an seinem Privatsekretär. Das traditionsreiche Luxushotel, das inzwischen zum Nakashima-Konzern gehörte, galt immer noch als das beste Haus am Platz, ein diskreter, luxuriöser Rückzugsort für Milliardäre, Popstars, Politiker, Scheichs und reiche Kardinäle. Luxus bedeutete Santillana nichts, Diskretion dafür umso mehr.
Er betrat das Hotel wie immer durch den Zugang in der Tiefgarage und fuhr mit dem Lift direkt in den dritten Stock. Suite 306 lag am Ende des Korridors, und Santillana wurde dort bereits erwartet. Ein junger Mann in einem schwarzen Anzug öffnete ihm und führte ihn wortlos in den Salon der Suite. Der junge Mann wies mit einer sanften Geste auf einen Sessel vor einem großen Flachbildschirm an der Wand, auf dem eine Art Arbeitszimmer mit einem Bücherregal im Hintergrund zu erkennen war.
Santillana winkte gereizt ab, als der junge Mann ihn leise fragte, ob er Tee wünsche. Er ärgerte sich, dass sein Gesprächspartner ihn warten ließ. Aber das lag nun mal in der Natur ihrer Beziehung. Immerhin schuldete das Opus Dei diesem Mann inzwischen etwas über eine Milliarde Dollar. Genug, um hin und wieder eine Kröte zu schlucken. Genug, um zu wissen, dass das Eis, auf dem man wandelte, äußerst dünn war. Aber nicht genug, um sich verarschen zu lassen, fand Santillana.
Nach einer Weile wurde ein Rollstuhl ins Bild geschoben. Darin saß ein untersetzter Mann in einem Kimono. Er wirkte älter als bei ihrer letzten Begegnung vor einem halben Jahr und schien Mühe beim Sprechen zu haben. Sein Blick jedoch war noch genauso wach und forschend wie immer.
»Guten Abend, Prälat«, begrüßte ihn Satoshi Nakashima auf Englisch. »War Ihre Unterredung mit Franz Laurenz erfolgreich? Sie wirken angegriffen.«
»Sie hätten mich vorwarnen können,
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