Apokalypse auf Cythera
einem derartigen Luxus. Er drehte sich um und erkundigte sich:
»Ich glaube. Sie arbeiten in Ihrem Urlaub mehr als sonst. Was ich hier so sehe ...«
»Wissen Sie«, sagte sie und zündete sich, nachdem sie ihm auch eine angeboten hatte, eine Zigarette an. Es gab also sogar Tabak hier auf Cythera Minor, dem sie den Zusatz Nova gegeben hatten. »Wissen Sie, für eine praktizierende Historikerin gibt es irgendwie keinen Urlaub. Man kann das Gehirn nicht abschalten.«
»Noch nicht!« sagte Stapen. Volltreffer! Eine Historikerin. Er würde hier auf angenehme Weise viel mehr erfahren, als wenn er irgendwelche Archive suchte und sich dort der Gefahr der Entdeckung aussetzte.
Er setzte sich in einen schweren Sessel, streckte die Beine aus und gab sich den Anschein eines zufriedenen Mannes. Es stimmte auch, aber jede Faser in ihm war gespannt. Wie ging das Spiel weiter?
»Was brauchen Sie alles?« erkundigte sie sich.
»Alles, was ein Mann braucht, der einige Tage ausspannt und nachher wieder zu seiner Arbeit zurückkehrt. Kleidung, andere Kleinigkeiten, Lesestoff und ähnliches. Sogar eine Zahnbürste muß ich kaufen!« setzte er lachend hinzu.
»Das läßt sich in den drei Stunden erledigen. Hotelzimmer?«
»Ja. Eines mit allem Komfort. Ich hungere nach heißen Bädern und ähnlichem Luxus.«
»Einverstanden. Trinken wir aus, dann gehen wir los. Wir können alles hier in meinem Sektor erledigen.«
»Ausgezeichnet.«
Stapens Verstand arbeitete mit rasender Schnelligkeit. Er überdachte die Folgen dieses Kennenlernens und extrapolierte. Adagia und er musterten sich gegenseitig mit unverhohlenem Interesse. Sie fand, daß er ein gutaussehender Mann mit vorzüglichen Manieren war, und ein Freund Konna Panders schien stets eine Empfehlung zu sein. Stapen sah Adagia ebenso wohlwollend an; er war fasziniert von den Möglichkeiten dieser Bekanntschaft und von ihrer liebenswürdigen Art, die von gutem Aussehen und Schlagfertigkeit noch unterstrichen wurde. Für ihn war Adagia mehr als nur eine Frau: sie war die Garantie für drei oder vier Tage völligen Ungestörtseins. Schweren Herzens, aber ziemlich schnell entschloß er sich.
»Eigentlich«, sagte er leise, »dachte ich zuerst, Konna startet eine seiner üblichen Übertreibungen. Aber je länger ich in Ihrer Gegenwart bin, desto gefährlicher wird es. Sie sind ausgesprochen reizend.«
Sie akzeptierte das Kompliment lächelnd.
»Ich glaube, Sie werden in dieser Gefahr kaum umkommen«, meinte sie. »Außerdem bin ich, wenn ich nicht gerade Urlaub habe, eine ziemlich widersprüchliche Natur.«
»Sie können sich austoben, wenn Sie mich modisch beraten!« sagte er, trank aus und stand auf. Langsam drückte er seine Zigarette aus.
»Genau das beabsichtige ich zu tun!« versprach sie.
Sie zog sich schnell um, während Stapen Gelegenheit hatte, einen Blick auf die Bücher und Lesespulen zu werfen, auf die Notizen und die grafischen Aufrisse auf der Schreibtischplatte. Dann verließen sie das Apartment und reihten sich in den dünnen Strom der Menschen ein, die hier die Geschäfte besuchten. Eineinhalb Stunden später befand sich Stapen in einer kleinen Umkleidekabine und lehnte sich erschöpft an die Wand.
Er hatte Konnas Karte um einen nennenswerten »Betrag« erleichtert.
Er besaß eine Ausrüstung, die für die nächsten vierzehn Tage reichen würde.
Er hatte erkannt, daß ausnahmslos alle Menschen diese merkwürdigen Muster auf ihrem Körper hatten. Er wußte, daß er verloren war, wenn er danach fragte. Er hatte Linien und Streifen auf allen Körperstellen festgestellt, die er hatte sehen können. Bei der Vielfalt der Mode hier gab es nur wenige Quadratzentimeter Haut, über die er nichts aussagen konnte.
»Etwas Sportlich-festliches für den ersten Abend!« hatte Adagia verlangt. Er sah an sich herunter. Er trug es. Ein Anzug aus dünnem Kunststoff, der wie wertvolles Leder aussah.
Ausweise und seine wenigen eigenen Besitztümer, unter anderem das Messer und die extrem flache Waffe, steckten in den Taschen der kurzen Jacke. Stapen atmete tief ein und aus, fuhr mit den Fingern durch sein Haar und verließ die Umkleidekabine.
»Es wird ein Jahrhundertereignis sein, mit Ihnen zu Abend zu essen!« sagte Adagia laut. Sie sah zu, wie der Automat weitere Einheiten entwertete und nahm seinen Arm.
»Und als vorläufigen Abschluß das Hotelzimmer!« sagte sie.
»Mit Vergnügen. Aber nur unter der Bedingung«, sagte er lachend, »daß Sie mich ins beste Restaurant
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