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Apokalypse auf Cythera

Apokalypse auf Cythera

Titel: Apokalypse auf Cythera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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weiter. Die Partikel verbanden sich mit dem Staub in der Atmosphäre, kamen mit dem Regen nieder, lagerten sich ab. Sie trafen die Erbträger in Moosfasern ebenso wie die Gene in Tieren und Menschen. Aber offensichtlich hatte es ein gnädiges Schicksal mit dem Planeten gut gemeint: fast alle lebensfähigen Mutationen, also die Folge- oder Tochtergenerationen von Fauna, Flora und Homo sapiens, waren positive Mutationen.
     
    Die Pflanzen wuchsen schneller und wurden höher und zugleich widerstandsfähiger.
    Die Tiere warfen lebensfähige Jungen, die auffallende Merkmale besaßen. Aber dies war mehr ein quantitatives Problem, kein qualitatives. Eine Kuh mit gelbem Fell, blauen Steifen darin und Gazellenhörnern blieb eine Kuh, die Milch gab, Kälber mit blauen Streifen warf und deren Haut man zu Leder verarbeiten konnte. Tiere mit zwei Schwänzen, Vögel mit überraschenden Farben im Gefieder, blaues Gras und ähnliches – das waren die Folgen.
    Das höchstspezialisierte Lebewesen dieses Planeten, den Menschen, traf es härter.
    Es betraf sein Aussehen.
    Als nach der Katastrophe die ersten Kinder geboren wurden, merkte man, daß sie nicht die gewohnte Hautfarbe aufwiesen. Auch das Haar zeigte andere Farben. Ebenso die Ohrläppchen. Ebenso die Augen. Nach einigen Jahren legte sich die Aufregung. Man fand heraus, daß es positive Mutationen waren, denn sie bewegten sich innerhalb der archetypischen Grenzen humanoider Ästhetik.
    Das war eine Zusammenfassung, zu der Stapen Crau jetzt fähig war. Die Informationen, über die er verfügte, ließen einen solchen Schluß zu. Vermutlich würden sich in diesem Bild noch einige Veränderungen ergeben, aber grundsätzlich war es richtig. Er löschte die Glut der Zigarette und fuhr mit zwei Fingern der rechten Hand die Linien nach, die Adagias Körper in verschieden große Felder teilten.
    »Vorhin«, sagte er leise, »hast du mich so merkwürdig angesehen. Warum? Habe ich ein Vogelei im Haar?«
    Sie schüttelte den Kopf und erwiderte:
    »Dein Körper! Er ist so regelmäßig braun. Keine Linien außer dem Streifen deines Gesichts.«
    Er küßte sie und erklärte:
    »Das ist ein Phänomen, über das sich Konna auch schon gewundert hat. Ich habe diesen Streifen auf dem Rücken und auf beiden Schenkeln, aber er scheint im Wasser und an der Sonne verblichen zu sein.«
    »Nein!«
    Es war ein Ausruf des Erstaunens.
    »Doch«, sagte er. »Bei Morgenlicht kannst du ganz schwach die Streifen erkennen. Ich habe in der letzten Zeit sehr viel in flachem Wasser gearbeitet, und da war ich völlig nackt bis auf die Maske und die Aqualunge. Vielleicht war es die Kombination von Sonne und Salzwasser. Und vielleicht auch etwas von dem Strahlungsrest. Du brauchst keine Angst zu haben, daß du ein Monstrum geliebt hast.«
    »Keineswegs«, sagte sie und setzte sich auf, umfaßte die Knie mit den Händen. »Ich glaube, Konna hat vor Jahren von einem ähnlichen Effekt gesprochen.«
    Stapen küßte ihre Schultern und murmelte:
    »Einen überraschenden Effekt würdest du mit einer großen Tasse voller Kaffee hervorrufen, Adagia.«
    »Gern.«
    Sie stand auf und ging in die kleine Kochnische, hantierte dort und kam wieder zurück. Sie kauerte sich neben ihn hin und sah ihm in die Augen. Die Linien ihres Körpers, das weiße Haar, das ihren Kopf wie ein großer Helm umgab und die kleinen, mandelförmig zugespitzten Ohren versteckte die goldfarbene Haut und die schwarzen Augen ... sie wirkte wie ein Wesen aus einer fremden Welt. Sie sagte mit seltsam eindringlicher Stimme:
    »Eine Frage, Stapen.«
    Er zog sie zu sich heran. Sie folgte dem Druck seiner Finger nur widerstrebend.
    »Jede Frage!«
    »Du bist ein faszinierender Mann. Irgendwie fremd. Konna ist ein ähnlicher Typ. Wie lange kannst du bleiben?«
    Er hob die Schultern und dachte an Amarylis und an Pander, der verschnürt und bewußtlos in der Koje seines Schiffes lag.
    »Nicht länger als vier Tage«, sagte er. »Arbeit wartet auf mich. Sie ist für sehr viele Menschen wichtig. Aber ich kann zurückkommen.«
    Sie setzte zum Sprechen an, räusperte sich und fuhr mit ihrer dunklen Stimme fort:
    »Ich habe das erste Angebot vor sechs Jahren gemacht. Damals war ich ein junges und unerfahrenes Ding. Komm zurück und teile deine Sorgen mit mir.«
    Stapen starrte sie beunruhigt an. Dann begriff er schlagartig. Er hatte mit vergoldetem Nicht-Edelmetall gezahlt, und sie zahlte mit Platin. Es war ungerecht, unfair, aber er hörte sich sagen:
    »Ich kann vier

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