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Apokalypse auf Cythera

Apokalypse auf Cythera

Titel: Apokalypse auf Cythera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Adagia merkte es. Sie stützte sich auf die Brüstung ihrer Terrasse und sagte leise:
    »Du mußt zurück, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte er. »In ein paar Stunden. Es geht nicht anders.«
    »Ich begleite dich.«
    »Nein!« sagte er. »Das wäre keine gute Idee. Ich werde mich hier von dir verabschieden. Es gibt zwei Möglichkeiten. Adagia. Entweder komme ich in elf Tagen hierher zurück, oder ich bin ertrunken oder so etwas.«
    Sie wandte den Kopf und starrte ihn mit sprunghafter Intensität an.
    »Wobei ›oder so etwas‹ viele Bedeutungen haben kann, nicht wahr?«
    Langsam schüttelte er den Kopf.
    »Nein. Oder: vielleicht. Ich habe dich nicht belogen und werde es auch nicht tun. Es kann sein, daß ich in einer weitaus schlechteren Verfassung zu dir komme, aber das weiß niemand.«
    Sie runzelte ihre Stirn. Der dunkle Streifen verlief jetzt im Zickzack.
    »Warum so geheimnisvoll? Bist du krank?«
    Er machte eine halb zustimmende Bewegung, aus der sie alles oder nichts entnehmen konnte. Dann zog er sie an sich und sagte leise:
    »Mit einer deiner ersten Bemerkungen hattest du ziemlich recht. Ich bin auf eine ganz bestimmte Weise fremd und passe mich nicht so leicht an. Aber auch das hat nichts mit dir zu tun. Du bist ein Stern in meinen Erinnerungen. Ich muß die Dinge mit mir allein klären und in Ordnung bringen – bitte warte. Kann ich das von dir verlangen?«
    Schweigend nickte sie, dann preßte sie sich gegen ihn.
    »Du bist willkommen, wenn du zurückkommst!« sagte sie. »Aber warte damit keine zehn Jahre!«
    »Bestimmt nicht!« erwiderte er.
    Sie ging, um sich umzuziehen. Er suchte seine Ausrüstung zusammen und schob die drei Karten in den Stiefelschaft. Dann gingen sie zusammen in das Hotel; Stapen zahlte und holte seine große Tasche. Sie verließen das Haus und gingen an der neu entstehenden künstlichen Landschaft vorbei bis zur Station der Magnetbahn. Sie verabschiedeten sich wie Bruder und Schwester.
    Stapen blieb in seinem Abteil stehen und hob winkend die Hand, bis der Zug aus dem Bahnhof hinausraste und Kurs auf die Gebirgsbarriere nahm.
    Kurz vor Beginn der Nacht, als die ersten Regenschauer die Gäste von der Plaza vertrieben, legte das kleine Boot an der Jacht an.
    Ein merkwürdiger Geruch empfing Stapen Crau, als er an Bord kam.
    Er sah sich um und holte die zusammengesetzte Waffe aus der Jackentasche. Er stellte seine Tasche ab und ging den Niedergang hinunter. Aus der Bugkabine, wo der bewußtlose Mann gefesselt war, stank es bestialisch. Stapen ging weiter. Mit jedem Schritt wurde der Gestank schlimmer. Er tastete nach einem Lichtschalter und blieb im Schott stehen, das den Laborraum von dem Raum mit den Kojen trennte. Das Licht flammte auf.
    »Mein Gott!« flüsterte Stapen.
    In dem Gang zwischen den Kojen lag Konna Pander. Vielmehr das, was von ihm noch übrig war. An mindestens fünf Stellen hatte sich der Körper in eine schwarze, klebrige Masse verwandelt, aus der einige Knochen weiß herausragten.
    Mühsam rekonstruierte Stapen, was vorgefallen sein mußte.
    Die veränderte Physis des Körpers, das Ergebnis der Mutation, hatte auf die Schlafdroge nicht wie erwartet reagiert. Konna war früher wach geworden. Er sah und merkte, was vorgefallen war. Zuerst hatte er das dicke Messingrohr, an dem die Füße gefesselt waren, mit den Knöcheln herausgeschraubt und seine Füße freibekommen. Dann – Stapen sah es förmlich vor sich – hatte er die Sohlen auf den Boden gestellt und sich umgesehen. Sein Blick mußte auf die Reihe von Behältern aus Glas gefallen sein, die auf der gegenüberliegenden Seite sturmfest in Aussparungen einer dicken Schaumgummiwand steckten. In stundenlanger Arbeit war es ihm gelungen, eine der Zehnliterflaschen von unten her aus der Befestigung zu stoßen. Sie war heruntergefallen, auf die gegenüberliegende Koje, dann auf den Boden.
    In der Flasche war hochkonzentrierte Säure oder Lauge gewesen. Sie hatte ihren Inhalt, als sie auf dem Metallrost zerbarst, über die halbe Kabine verspritzt. Mit Sicherheit war Konna, noch immer mit den Händen an das Oberteil der Koje gefesselt, von einem oder mehreren Säurespritzern getroffen worden und ausgerutscht – mitten in eine Pfütze Säure hinein. Sein Gesicht war halb zerfressen. Ein großer Spritzer Säure hatte auch die Handfesseln getroffen und sie vernichtet; Konna war ganz in den Zwischenraum der Koje gerutscht und so gestorben.
    »Stapen Crau – ein Mörder!« murmelte Stapen.
    Er handelte abermals so, wie er

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