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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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machte er in der Mittagspause Ausflüge mit Sportflugzeugen, die seinen Arbeitskollegen gehörten. Er führte ein exzentrisches Privatleben und wohnte in einem Apartment in Cupertino, das aussah wie eine Junggesellenversion des Zoos in der Bronx. Zahme Mäuse liefen auf dem Rechner und auf den Computerhandbüchern herum und es gab Kisten mit Videoplayern, die eine Gruppe von HP-Ingenieuren in großer Stückzahl gekauft hatte. Das einzige nennenswerte Möbelstück war ein Sofa, das man in einen Billardtisch umbauen konnte, während es im Schlafzimmer nur eine Matratze gab. Im Spülbecken stapelte sich normalerweise schmutziges Geschirr. Abgesehen von einer tollen Stereoanlage war das Zentrum von Wozniaks Existenz immer noch das Telefon. Mithilfe einer gebrauchten Telefonnummer richtete er den angeblich ersten Witz-Hotline der Bay Area ein. Er nahm jeden Tag eine neue Ansage auf seinen Anrufbeantworter auf, und die suchte er meistens aus einem Buch mit 2.000 Polenwitzen aus, etwa nach dem Motto: „Wann starb der Polack beim Milchtrinken? Als sich die Kuh hinsetzte.“ Wenn Wozniak von der Arbeit heimkam, gab er sich manchmal am Telefon als Stanley Zeber Zenskanitsky aus und las Witze vor. Nachdem er verärgerte Briefe vom Polish American Congress bekommen hatte, wechselte er das Land und machte die Italiener zur Zielscheibe seines Humors, aber trotzdem behielt er den Akzent bei und meldete sich weiterhin als Stanley.
    Als der Anrufbeantworter von Pacific Telephone unter der Belastung den Geist aufgab, baute Wozniak einen eigenen und forderte die Anrufer auf, bei der Telefongesellschaft anzurufen und sich über den langsamen Service zu beschweren. Die Telefongesellschaft, die das hohe Gesprächsaufkommen registrierte und von einem Geschäft in der Nähe genervt wurde, weil dieses das Pech hatte, eine ähnliche Telefonnummer wie Wozniak zu besitzen, gab ihm schließlich eine Leitung „aus dem Sortiment für Radiosender“, die für hohe Belastungen gedacht war. Unter anderem rief ihn eine mollige Schülerin der San Jose High School namens Alice Robertson an, die lange Haare, große Augen und ein derbes Lachen hatte. Nachdem Wozniak ein paar Minuten mit ihr geplaudert hatte, rief er plötzlich: „Ich kann schneller auflegen als Du“, und knallte den Hörer auf die Gabel. Dieser sonderbare Wortwechsel war der Beginn einer wilden Serie von Anrufen, die schließlich in einem Rendevouz gipfelten.
    Als sich Wozniak zu seinem ersten größeren Liebesabenteuer anschickte, musste er auch noch mit den lästigen Verpflichtungen gegenüber Alex Kamradt und Computer Conversor zurechtkommen. Kamradt hatte mehrere andere Ingenieure engagiert, die monatelang versuchten, Wozniaks Konstruktion zu enträtseln. Als Helfer, der einen Prototyp und ein paar Schaltpläne in ein Produkt verwandeln sollte, guckte sich Kamradt eine Person aus, die Wozniak bei mehreren Fahrten zu Computer Conversor begleitet hatte – Steven Jobs.
    Laut Kamradt versprach Jobs, die Leitung der Produktion des Terminals im Austausch gegen ein Gehalt und Aktien zu übernehmen. Kamradt erinnert sich: „Er roch, dass ich Geld hatte. Er war sozusagen skrupellos und wollte möglichst viel herausholen, aber mir gefiel seine Bestimmtheit.“ Wozniak, der die aus einem Zimmer bestehende Unternehmenszentrale von Call Computer nur selten besuchte, war sich über das Ausmaß von Jobs’ Interesse nicht im Klaren. „Steve hörte Alex zu. Er war sehr aufmerksam. Er hörte sich an, was ein Terminal laut Alex seinem Geschäft bringen könnte.“
    Mehrere Monate lang arbeitete Jobs mit Robert Way zusammen, dem Chef einer kleinen Ingenieurfirma, die Konstruktionsdienstleistungen für Elektronikunternehmen anbot. Jobs beaufsichtigte die Belegung der Platine und die Gestaltung eines Vacu-Form-Gehäuses. Zusammen mit Way erstellte er eine Materialliste und ein Nummerierungssystem für die Teile, und er erwarb von Atari die Lizenz auf eine Videoschaltung, die das Terminal mit einem Fernsehgerät verbinden sollte. Way fand, dass Jobs ein strenger Vorgesetzter war. „Nie war ihm etwas gut genug, er war der große Ablehner.“ Way beobachtete auch die Aufteilung der Zuständigkeiten. „Alle Schecks, die ich bekam, waren von Kamradt unterschrieben. Die Verantwortung dafür, dass die Konstruktion fertig wurde, lag bei Jobs.“ Nach ein paar Monaten warf Way, den Kamradts ewiger Optimismus irritierte, das Handtuch und stieg aus dem Projekt aus. „Das war die bizarrste Gruppe von

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