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Aprilwetter

Aprilwetter

Titel: Aprilwetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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er kann den Stolz in seinem Gesicht nicht verbergen. »Ja, geht«, sagt er, »darf ich meinen Vetter einspannen, wenn’s brennt?«
    »Wenn er’s für sieben Euro in der Stunde schwarz macht?«
    »Sicher. Macht er.«
    »Und du kriegst drei mehr, okay?«
    »Super.«
    »Auch schwarz, wenn du willst.«
    »Will ich.«
    Benno fummelt die beiden Schlüssel für Tür und Metallrollo von seinem Bund, gibt sie Valerio und geht zurück zu Christine und Meike.
    »Wenn wir morgen fahren würden, wär mir lieber«, sagt er, »oder wenigstens später heut Abend. Ich muss noch Wäsche machen, sonst hab ich nichts anzuziehen.«
    »Du könntest dich oben ein bisschen hinlegen«, sagt Christine zu Meike, »falls ihr schon heut Abend fahren wollt.«
    —
    Als er die Wäsche aus der Maschine holt und nach oben trägt, weil er keinen Trockner hat, spürt Benno den Ärger über Daniel wieder im Solarplexus. Er trägt ihn offenbar auch im Gesicht, denn Christine spricht ihn, nachdem sie ihre Tür geöffnet und ihm die Wäsche abgenommen hat, darauf an: »Nimms ihm nicht krumm. Er kann das nur so. Ich weiß, dass er früher mal anders war, aber jetzt kann er nur noch auf die selbstherrliche Art mit anderen umgehen. Er meint das nicht böse. Das ist kein Größenwahn bei ihm. Er weiß nicht, dass er Grenzen verletzt und seine Mitmenschen dominiert.«
    »Dann sollte ihm das aber mal jemand sagen«, knurrt Benno und weiß im selben Moment, dass es idiotisch ist, Christine anzumurren – sie kann nichts dafür.
    »Viel Spaß«, sagt sie lächelnd. »Er wird’s nicht kapieren. Da fehlt ihm einfach was. Einfühlung ist keine seiner Stärken.«
    »Macht er das mit dir auch so?«
    »Klar. Er weiß es nicht. Und ich hab mich dran gewöhnt. Ich ärgere mich fast nie mehr drüber. Es ist seine Art, tüchtig zu sein.«
    Tüchtig. Das Wort klingt Benno im Kopf nach, als er die Treppe runtergeht. Das klingt nach Daniels Mutter. Und vielleicht auch nach Bennos Großvater. Es klingt nach Vergangenheit, Nachkriegszeit, Hosenträgern und geschwungenen Kotflügeln, nicht nach Unternehmensberatung, Coaching und Psychologie. Fremd. Unzeitgemäß. Als wäre Christine eine Zeitreisende, eine Unsterbliche, die sich immer wieder neu anpassen muss und hin und wieder aus Versehen verräterische Hinweise auf ihr ewiges Leben ausplaudert. Das würde eigentlich zu ihr passen. Eine unsterbliche Muse. Aber dann hätte sie sich mit Tanner & Krantz damals ein Versagerduo ausgesucht. Ihr Einsatz hatte alles zunichtegemacht.
    Er zieht neue Saiten auf die Strat, dehnt sie und spielt sie ein bisschen ein, packt Stimmgerät, Kabel, Effektboard und Zubehör zusammen und spürt die Aufregung, die ihn erfasst hat. Er wird Musik machen. Gute Musik. Er wird etwas Sinnvolles tun. Nicht nur Kaffee in Münder expedieren.
    —
    Er muss seine Sachen in Plastiktüten verstauen, er hat keine Tasche. Die Reise von Nashville hierher hat er nur mit der Gitarre gemacht, und seither ist er nie mehr weg gewesen. Der Verstärker und die Dinge, die er damals besaß, sind vielleicht jetzt noch im Trailer, wenn sie sich nicht jemand unter den Nagel gerissen hat. Hier hat er sich von Daniels Vorschuss das Nötigste gekauft, Jeans, einen Pullover, zwei T-Shirts, Socken, Unterhosen und ein neues Paar Schuhe, und erst als das Café eröffnet war, die seriösen schwarzen Hosen und weißen Hemden. Als er es sich leisten konnte, ging er auf die Suche nach einem Verstärker und fand schließlich einen Fender Twin Reverb per Annonce in der Nachbarstadt. Nicht so gut wie der zurückgelassene, aber gut genug. Was er jetzt für die nächsten Tage braucht, passt in zwei Tüten, mehr hat er auch nicht hier herumliegen, für die Wäsche muss er Christine um eine dritte bitten.
    Sie klopft an der Tür, als käme sie heimlich, als sollte niemand im Haus die Klingel hören. Seine Wäsche hat sie auf dem Arm und eine schmale graue Sporttasche in der Hand. »Ich dachte, die brauchst du vielleicht«, sagt sie, »falls du keine hast.«
    Sie schaut ihm zu, wie er die Tasche packt, vielleicht beherrscht sie sich, es nicht besser zu machen, ihm die Sachen nicht aus der Hand zu nehmen, um ihn nicht auch noch zu dominieren. Er legt eine Hose und drei T-Shirts unten auf den Boden der Tasche, den Rest stopft er, so, wie er ihn zu fassen kriegt, hinterher. Es passt.
    »Ich kann dir tragen helfen, ich hab den Autoschlüssel da«, sagt sie mit Blick auf die Ansammlung von Verstärker, Gitarrenkoffer, Zubehörkoffer und Tasche,

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