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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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bekommen. Die Armee und Washington persönlich wurden von diesem Mann verkauft, dieser Gestalt ohne Gesicht, deren Stimme vom unsteten Wind auf der verschneiten Lichtung verzerrt wurde. Er fühlte sich hin und her gerissen: Einerseits wollte er weg von diesem Ort, andererseits wollte er den Verräter sehen.
    »Sie müssen die Papiere unterschreiben«, forderte der wieder hinzu gekommene Engländer. »Wir brauchen sie als Sicherheit –
    «
    »Erpressung ist wohl das passende Wort, Sir!«
    »Wie Sie wollen. Unterschreiben müssen Sie.« Er legte die Papiere auf einen Feldstuhl und zog eine Schreibschatulle aus den Falten seines Mantels. Seine Körperwärme musste verhindert haben, dass die Tinte einfror. »Ihr Codename – das hier bestätigt Ihren Codenamen. Aquila. Unterzeichnen Sie einfach. Sie haben ja Übung darin.« Er lachte verächtlich, als er Tinte und Feder auf den Feldstuhl stellte.
    William setzte seinen ganzen Willen ein, um den Amerikaner dazu zu bewegen, sich umzudrehen, sein Gesicht zu zeigen, obwohl das in dem diffusen Licht vielleicht gar nicht zu erkennen gewesen wäre. Der Mann verharrte jedoch in seiner kauernden Haltung.
    Genau in dem Moment, als er die Feder dem streitsüchtigen Engländer zurückgab, hörten William und die vier Männer auf der Lichtung das Geräusch von brechenden Zweigen und 16
    schweren Tritten. William wirbelte herum, um zu sehen, was los war. Er stolperte über seine Muskete und fiel mit einem Japser auf die Knie. Der stattliche Amerikaner wandte sich um, als William fiel, und die Engländer blickten nach rechts, von wo die anderen Geräusche zu kommen schienen.
    Aus den Reihen der Neuankömmlinge, die durch das Gehölz brachen, rief jemand: »He! Wer da? Bist du das, Harry?«
    Aus Williams Sicht ergab es keinen Sinn, als der Amerikaner aus seinem Mantel eine große Pistole hervorzog. Er richtete sie auf William, der seine Muskete packte, den Handschuh ausspuckte, und sich umständlich hinter einem Baum verkroch.
    »Verdammt noch mal, wir sind umzingelt!«
    Während der Amerikaner sprach, feuerte er einen Schuss ab, den William ungefähr dreißig Zentimeter von seinem Gesicht entfernt in den Baum einschlagen hörte. Holzsplitter flogen durch die Gegend. Das aggressive Mündungsfeuer der Pistole beleuchtete kurz das Gesicht des Mannes, aber William duckte sich gerade und sah nur die rosa Farbe seines Gesichts, nicht dessen Züge. Er fühlte, wie sich seine fast leere Blase in die Hose entleerte. Der Mann lud wieder nach und kam auf ihn zu, aber die Rufe der anderen ließen ihn innehalten. Zwei Männer stürmten auf die Lichtung. Ein Engländer feuerte einem von ihnen aus kürzester Entfernung ins Gesicht, und ein grässlicher Schrei durchdrang die lastende Stille. Der Mann taumelte stöhnend zurück, hob die Hände dorthin, wo soeben noch sein Gesicht gewesen war, und fiel mit zuckenden Beinen tot in den Schnee. Der Engländer und der Verräter zertraten die Glut im Schnee zu Asche und flohen quer über die Lichtung. Schreiend und unbeholfen, behindert von ihren Musketen, die im Nahkampf wenig nützten, stolperten die Soldaten hinterher.
    Ein weiterer Pistolenschuss knallte, als die Verschwörer den Waldrand hinter der Lichtung erreichten. Keiner fiel, und die Geräusche von mehreren Männern, die durchs Unterholz hasteten, erfüllten die Nacht. Wie durch Zauberei war die 17
    Lichtung plötzlich leer – bis auf den toten Soldaten der Kontinentalen.
    Von seinem Instinkt getrieben, stürzte William die knapp zehn Meter über die offene Lichtung zum ersterbenden Lagerfeuer und griff sich das Blatt Papier auf dem Feldstuhl, das an einem Span hängen blieb und zerriss. Aus Angst vor Verzögerung stopfte er das, was er hatte, in die Tasche, wirbelte herum und blieb mit seinem Mantel an einem unregelmäßig behauenen Stamm der Hütte hängen. Von Furcht getrieben, machte er sich mit einem Ruck los und hörte den Mantel reißen, bevor er wieder ins schützende Dunkel der Bäume flüchtete. Er konnte die Muskete nicht finden. Offenbar hatte er seinen Standort verfehlt. Aus der Dunkelheit ertönte eine weitere Explosion, gefolgt von einem erstickten Schrei und dem Ruf: »Hierher!
    Hierher!« Die Stimme wurde von einer neuen Explosion zugedeckt und brutal und abrupt vom Leben getrennt.
    Sämtliche Schüsse waren aus Pistolen gefallen. Die
    Kontinentale Armee zählte drei Soldaten weniger, und nicht eine Muskete war abgefeuert worden. Er wusste nicht, wie viele sie waren. Aber die

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