ARALORN - Der Verrat (German Edition)
will nicht, dass Kisrah es war. Ich mag ihn, Aralorn.« Wolf mochte nicht viele Menschen. Aralorn nahm an, dass er sie an den Fingern einer Hand abzählen konnte und noch Finger übrig bleiben würden. »Kurz bevor ich fortgegangen bin, als meine Verderbtheit auf ihrem Gipfelpunkt war, hat er mich in die Enge getrieben. Hat mir gesagt, er würde sich wegen Gerüchten, die er gehört hätte, Sorgen machen um mich. Über Dinge, die für einen Mann den Tod bedeuten konnten, falls die falsche Person sie zu Ohren bekam. Er meinte, wenn man den Gerüchten keine neue Nahrung gäbe, würden sie sich vielleicht wieder legen.«
»Was hast du ihm geantwortet?«
Wolfs narbige Lippen verzogen sich zu dem Versuch eines Lächelns. »Ich lud ihn ein, sich beim nächsten Vollmond mit mir zu treffen und herauszufinden, ob sie stimmten.«
»Nicht gerade klug von dir, mein Liebster«, bemerkte Aralorn trocken. »Wenn er damit zum Rat gegangen wäre, hätten sie genug in der Hand gehabt, um dich einer peinlichen Befragung unterziehen zu können.«
»Ich war jung.« Er zuckte die Achseln.
»Es ist schon erstaunlich«, sagte sie nachdenklich, »wie viele Leute wussten, dass du mit schwarzer Magie herumhantiert hast, und nicht einer sich auch nur einen Moment gefragt hat, wie du dir solche Dinge ganz allein hast beibringen können – oder wieso der ae’Magi dich nicht daran hinderte.«
»Es war für niemanden ein Geheimnis, dass es Bücher gab, aus denen man alles erfuhr, wenn man nur wusste, wo man nach ihnen suchen musste.« Er seufzte leise und kehrte zum ursprünglichen Gesprächsthema zurück. »Es könnte Kisrah gewesen sein, schätze ich. Hass und Rachegelüste sind verderbende Gefühle. Schon möglich, dass sie ihn dazu verleitet haben, schwarze Magie zu benutzen. Aber es täte mir leid, ihn in einem von meinem Vater gesponnenen Netz verfangen zu sehen.«
»Es wäre auch denkbar, dass Nevyn es war«, entgegnete sie. »Vielleicht ist er irgendwie hinter die Sache zwischen dir und mir gekommen und damit auch hinter die Zusammenhänge zwischen uns und dem Tod des ae’Magi. Er weiß, dass ich als Spionin für Sianim arbeite, und er kennt Kisrah. Kisrah könnte ihm erzählt haben, dass er mich in der Nacht, in der der ae’Magi starb, in der Burg gesehen hat, und mich gut genug beschrieben haben, dass Nevyn mich erkannte. Nevyn hat deinen Vater verehrt – er hat mir oft genug irgendwelche Geschichten über ihn erzählt –, und meinen Vater liebt er sowieso über alles. Da er jeder Art von Magie grundsätzlich misstraut, stört er sich an schwarzer Magie möglicherweise nicht in dem Maße, wie Kisrah es würde.«
Wolf dachte einen Augenblick nach – oder aber er döste, Aralorn konnte nicht sagen, was von beidem der Fall war –, dann schüttelte er den Kopf. »Die Sache auf dem Hof hätte Nevyn vielleicht noch hinbekommen, dafür waren keine übermäßig großen Fähigkeiten nötig. Aber der Spruch, der deinen Vater fesselt, wurde sowohl mit Stärke als auch mit Können ausgeführt. Der arme Nevyn hatte mehr Unterricht, als er sich wünschen konnte, aber er hat sich dagegen gesträubt. Ich hab gehört, wie Kisrah sich bei meinem Vater über ihn beschwert hat – so viel Talent, und so viel Schiss vor Magie, um sie zu benutzen.« Mit leerem Blick sah er Aralorn an. »Mein Vater hat ihm auf den Rücken geklopft und ihn ausgiebig bedauert. Ihm gesagt, dass es mit einem darranischen Magier ja zwangsläufig zum Fiasko kommen musste.« Geoffrey ae’Magi, Wolfs Vater, war Darraner gewesen. »Sie haben gelacht, und dann hat mein Vater seinem guten Freund erzählt, wie besorgt er wegen mir war, darüber, dass mich die dunklere Magie so sehr faszinierte.« Er schloss die Augen und atmete tief ein. Als er sie wieder öffnete, sprach er weiter. »Ich schätze, mein Vater scheute davor zurück, mich zu unterrichten, aus Angst, dass das Ungeheuer, das er geschaffen hatte, zu stark für ihn wurde, um es noch zu kontrollieren. Wie dem auch sei, Kisrah hat sich mit Nevyn alle Mühe gegeben, aber ich bezweifle, dass er viel mehr weiß als ich.«
Er drehte sich zu ihr, eine Verhöhnung seiner sonst so geschmeidigen Bewegungen, und machte eine wegwerfende Geste. »Man gab ihn zu Kisrah in die Lehre wegen dessen umgänglicher Art, aber auch deshalb, weil Kisrah es verstand, einen gefährlichen Zauberer im Zaum zu halten. Als Nevyn noch bei Santik in Ausbildung war, hatte er das Potenzial, es zu einem Meister zu bringen, wer weiß, vielleicht
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