Arbeit und Struktur - Der Blog
Sehnsucht und Religiosität ginge verloren, wenn es die Schizophrenie nicht gäbe?” Wohl wahr. Aber für alle reichen die Medikamente halt nicht.
18.3. 2010 14:30
Erster Sommertag, ganzen Tag Kopfschmerzen. Drei Tage kein tierisches Eiweiß, heute überhaupt nichts gegessen wegen PET-CT. Kostet 2000 Euro: “Zahlen Sie bar oder mit Karte?” Tut mir leid, könnte man mir das vorher sagen, daß ich jetzt mit Plastiktüten voller Geld in die Arztpraxis kommen muß? Jetzt kann ich morgen wieder hin und meinen Befund kaufen. Erster relativer Scheißtag, wegen Kopfschmerz. Um acht bringt mich C. ins Bett. Bin allerdings nicht hypochondrisch genug, es auf etwas anderes als das Wetter zu schieben.
19.3. 2010 6:50
Wache von allein um 6:50 auf. 73 Kilo, sechs bis sieben Kilo unter normal. Sieht gut aus.
Schon der Lerche Morgensang. Hüpfen wir denn, Königin, schweigend nach den Schatten hin!
Drei :
19.3. 2010 14:30
Das PET-CT zeigt keinen zweiten Herd vorne rechts. Ich erzähle Dr. Zwei von den Einwänden Prof. Dreis. Sie nennt ihn einen charismatischen Mann, der nicht auf dem neuesten Stand der Forschung sei. Seine Zahlen seien falsch. Sie beruft sich auf die NOA.
19.3. 2010 18:00
Eine CD vergessen, erneut zum PET-CT. Die Praxis ist ganz in der Nähe von Marek, ich gehe zum Schachspielen vorbei. Spiele deutlich schneller, aber auch deutlich waghalsiger als sonst. In der Spielstärke am Ende kein Unterschied.
19.3. 2010 23:30
Prof. Drei und seine Medikamente, hauptsächlich Hypericin, bei gleichzeitiger Ablehnung der Bestrahlung, gegoogelt. “Für die Wirksamkeit von Hypericin gibt es keine Nachweise.” Quelle: NOA. Die Suche nach neuesten Studien macht nicht glücklicher. Überhaupt: Ich finde fast keine “neuesten Studien”. Bei der Suche nach zuverlässigen Angaben lande ich immer wieder auf Wirtschaftsseiten. DCVax-Brain von Northwest Biotherapeutics, Impfung mit dendritischen Zellen, phantastische Studien aus dem Jahr 19** etc., wo bleibt die Folgestudie? Die Börse rät ab.
20.3. 2010 8:00
Traum: Ich gehe an einer Reihe von Rassehunden mit schönem Fell vorbei. Eine Stimme sagt mir, die Hunde hörten auf mein Kommando. Ich befehle einem zu verschwinden, er rührt sich nicht. Ich gehe einen Hügel hinauf und schaue mich nach den Tieren um, von denen ich weiß, daß sie gleich jemand auf mich hetzen wird. Ich verstecke mich in einem Kellereingang, und die Stimme sagt, daß dort der größte, schrecklichste Hund wohnt. Ich kehre zurück zu den Hunden, die in Reihe stehen.
Traum: Bei der Entlassung geben die Ärzte mir sieben Valium, die “sicher tödlich sind”. Ich schlucke zu Hause zwei oder drei, um mich zu beruhigen. Dann fürchte ich, sie könnten mich in dieser Dosierung bereits einschläfern, und pule den zerkauten Rest aus der Mundhöhle. Wieviel habe ich jetzt genommen? Ich frage die Ärzte, ab wieviel Tabletten genau es aus ist. Zwei, sagen sie. Ich trinke eine Schüssel Salzwasser und weiß: Ich brauche eine Waffe.
20.3. 2010 15:00
Vier Stunden warten auf Prof. Drei. Zwei Patienten waren gestern schon da, haben fünf Stunden gewartet und wurden dann nach Hause geschickt. Diesmal keine beeindruckenden Langzeitpatienten, dafür viele aus dem Ausland, ein Schwede oder Niederländer, ein Italiener, ein Russe, eine Vietnamesin.
Prof. Drei hat keine Einwände gegen meine Strahlentherapie am Montag. Spricht nur abermals von Wirkungslosigkeit, allerdings mit anderen Zahlen: Lebensverlängerung um 2 Monate. Stützt sich auf NOA 1,2 und 3, worauf auch Dr. Zwei sich stützt. Ihm geht es nach wie vor um Jahre. Will nach 6 Wochen ein MRT und mich dann wiedersehen. Empfiehlt die Kombination aus Hypericin, Thalidomid (Contergan-Wirkstoff, Angiogenesehemmer) und Resochin (Chloroquin) als Apoptoseauslöser.
Daß ich keine Studien zu Hypericin finden konnte, wundert ihn nicht: es gibt keine. Zu dem, was er macht, auch nicht. Googelt man die Medikamentenkombination, findet man nichts.
Ich frage, wo im Krankenhaus ich meine AOK-Karte vorzeigen soll, weil sie schon letztes Mal keiner sehen wollte. Er sagt: Ist alles umsonst. Klingt fantastisch und macht mich noch mißtrauischer. Wieder der Händedruck, der einen hinauszieht.
22.3. 2010 13:50
Beginn von Temozolomid und Bestrahlung im Clinac 3 der Charité. Schönes Gerät, könnte für meinen Geschmack noch futuristischer sein. Der Kopf wird in der vor zwei Wochen hergestellten Maske fixiert, die Kanone wandert um den Tumor herum
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