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Arbeit und Struktur - Der Blog

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Titel: Arbeit und Struktur - Der Blog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Herrndorf
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werden Formulare ausgefüllt. Der Blick durchs Fenster zeigt schneebedeckte Fichten.

    5.3. 2012 19:59

    So will ich nicht sterben, so kann ich nicht sterben, so werde ich nicht sterben. Nur über meine Leiche. Der Film hat 8,4 Punkte auf IMDB, und lustig: “This review may contain spoilers.”

    9.3. 2012 13:17

    Der Versuch, den immer wiederkehrenden vierzehntägigen Zyklus aus Frei- und Chemowoche tabellarisch zu untersuchen in den Kategorien Kopfschmerz, Schlafdauer, Fatigue, Arbeit und Epilepsie Querstrich Aura, hat sich als vergeblich erwiesen. Gearbeitet werden konnte praktisch immer, Wachheit und Stimmung korrelieren, wenn überhaupt, mit dem Erfolg der Arbeit, nicht mit der Einnahme der Medikamente, und gegen Arbeitsmüdigkeit hilft Arbeit. Arbeit, Arbeit, Arbeit. Was einerseits schön ist. Andererseits scheint auch die Aura arbeitsgebunden.

    Wurden die Anfälle zunächst durch optische, dann durch auditive Reize, durch Musik, laute Geräusche, Stimmen und Gespräche – insbesondere durch inhaltslose Gespräche, die dem Hirn formal das Signal gaben, daß hier ein Inhalt prozessiert werden müßte, der dann aber nicht prozessiert werden konnte, da er nicht existierte, was jedes Mal äußerst mühsam und das Gehörte immer wieder neu ordnend umständlich festgestellt werden mußte -, getriggert, ist es nun das Lesen, Schreiben und Sprechen selbst, das die sich im Hirn verhakenden, schlangenhaften, in sich selbst verbissenen, schleifenden Schleifen und Gedanken, die von anfänglicher Unsicherheit über Wirrnis bis zur Sprachblockade führen, hervorzubringen scheint. Punkt, neuer Absatz.

    11.3. 2012 23:06

    Start in die Badesaison. Nicht geschwommen, linke Schulter nicht belastbar, aber immerhin schon im See gestanden und auch irgendwie gelegen, toter Mann gespielt, dann an den Steinstufen einarmig aus dem Wasser gestützt. Herrlicher Tag, acht oder zehn Grad, man riecht den Frühling. Bald werden die Bäume grün, lindgrün und maigrün und dunkelgrün vielleicht, aber lindgrün auf jeden Fall schon mal.

    15.3. 2012 12:52

    Den wie immer auf englisch, wie immer mit einem Rhythmus oder einer Melodie unterlegt sein erscheinenden Text während des Status epilepticus erstmals zu fassen gekriegt, zuerst ein Wort, dann die ganze Zeile: I see a red door and I want it painted black. Nicht ganz so interessant, wie ich gedacht hatte.

    18.3. 2012 11:29

    Die Zahl der Irren nimmt nicht zu, aber auch nicht gerade ab. Brief, Mail, Telefon, guten Tag, mein Name ist Cohn, ich bin Heilpraktiker. Ja, auf Wiederhören. Und wieder ist mein Tag unterbrochen, wieder ist meine Arbeit unterbrochen, wieder stehe ich in meiner Wohnung und weiß nicht, wo ich war. Ich wünsche ihnen allen Hirnkrebs an den Hals, auf daß sie sich ihr informiertes Wasser innerhalb wissenschaftlicher Studien zu Testzwecken mal selbst ins Ohr spritzen können, wahlweise an ihren von gesegneten Händen zusammengepanschten Natursäften ersticken, der halbe Liter zu hundert Euro. Und der Herr mit seinen christlichen Streifbandzeitungen steckt sie sich bitte auch in den Arsch. Ich bin kein Atheist, der missioniert werden muß. Ich bin überhaupt kein Atheist. Ich glaube, und wenn Sie mein Blog gelesen hätten, wüßten Sie das, nicht allein nicht an die Existenz eines Gottes in, über oder jenseits dieser Welt, ich glaube oft nicht einmal an diese Welt. Das verstehen Sie nicht? Ja, sehen Sie, ich Ihren Quark ja auch nicht.

Sechsundzwanzig : 

    18.3. 2012 23:32

    Ein schattenhafter, unwirklicher Tag. Sonne von morgens bis abends, Fahrt zum See. Die Bäume ändern ihre Farbe, die Dinge sind wie keine Dinge. Tex wollte kommen und schwimmen, aber Tex kommt nicht. Dann habe ich zu lange gewartet und schwimme auch nicht. Im Deichgraf zwischen Lars und Cornelius fühle ich mich wie ein Mensch, und auf dem Weg nach Hause wieder wie ein Schatten. Neben C. liegend wie ein Mensch, und als sie geht: ein Schatten.

    21.3. 2012 9:02

    Traum: Mit sechs oder acht anderen nehme ich an einer Medikamentenstudie teil. Hinter einem Pult stehend erklärt Lukas die Modalitäten. Jeder bekommt eine Tablette, ich schlafe ein. Am Morgen merke ich, daß alle anderen Betten schon leer sind. Lukas schaut im Raum umher und sagt: Oh, da ist ja noch einer. Er tritt an mein Bett und betastet die Luft über dem Kissen, auf dem bis eben noch mein Kopf gelegen hat, die Stelle, wo meine Stirn gewesen war, und macht ein nachdenkliches Gesicht.

    22.3. 2012 16.54

    Lektüre: Imperium.

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