Arcanum – Das Geheimnis
Stunde rechneten, die ihnen zur Spurensicherung bliebe. Herbert zauberte zunächst zwei kleine Stirnlampen aus seiner ausgebeulten Hose, die mit großen und kleinen Taschen übersät war und von vielen Expeditionen in die entferntesten Winkel der Erde stark mitgenommen wirkte. Er schaltete sie an und gab eine davon Christopher.
„Braucht man fast immer“, erklärte er, „in so einem Waldgebiet ist es auch am helllichten Tage dunkel, wenn man auf dem Boden herumkriecht und nach Spuren sucht.“
Der gleißend weiße Lichtstrahl der Dioden tauchte die Bäume und Sträucher in ein gespenstisches Licht. Sie sahen die gefällten Bäume, die Herr Wallinger nun nicht mehr abholen würde, und Christopher spürte eine Gänsehaut im Nacken. War es vernünftig gewesen, einfach hierher zu stürmen, nachdem der Fund der Scheibe bereits zwei Menschen das Leben gekostet hatte? Er schüttelte seine Bedenken ab, als er sah wie Herbert, ganz der unbeirrbare Experte, den lehmigen Untergrund akribisch absuchte. Der Boden war von Moos und Farnen bedeckt, die zum Teil durch die Waldarbeiten umgeknickt waren. Eine Stelle schien aber besonders auffällig. Man sah eine Abrisskante, von der aus eine Schlammlawine in den Fluss abgerutscht war und diesen so aufstaute, dass er sein Bett verlassen musste und gefährlich nahe an der offenen Wunde im Waldboden vorbeirauschte. Im feuchten Lehm sah man Fußspuren, die in dieses Feld hinein- und wieder herausführten.
„Hier muss es sein“.
Christopher leuchtete mit seiner Stirnlampe in die entsprechende Richtung.
„Die Fußspuren gehören zu den letzten Dingen, die Wallinger auf dieser Erde hinterlassen hat“.
Sie näherten sich vorsichtig dem vier mal acht Meter großen Bereich, der sich durch die lehmige Farbe deutlich vom umgebenden Grün abgrenzte. Da wo die Fußspuren endeten, war eine Stelle, an der jemand gegraben hatte. Herbert zückte seinen Spaten und ging in die Hocke. Er räumte vorsichtig die Sandsteinbrocken beiseite, die an die Oberfläche gekommen waren, und schaute angestrengt zu Boden. Alte Äste und Wurzeln mischten sich mit dem Lehm, den der Bach über Jahrhunderte abgelagert hatte, zu einer verwirrenden Textur, in der man leicht etwas übersehen konnte.
„Komm, wir machen es wie bei der Verschüttetensuche. Du nimmst die untere Hälfte und arbeitest dich in Serpentinen noch oben und ich fange oben an. Wir treffen uns in der Mitte. Ich denke wir haben höchstens noch vierzig Minuten, bis der Platzregen alles ruiniert. Einverstanden?“, schlug Christopher vor.
Herbert fand die Idee gut, denn auch ihm war klar, dass sie schnell arbeiten mussten. Christopher hatte zweimal den Hang gequert, als er etwas sah, das man nur mit geübtem Auge erkennen konnte. Ein verdrecktes rundes Ding, das nicht natürlichen Ursprungs war. Eine Münze! Sie ragte hochkant aus der Erde und er hätte sie fast übersehen, wenn nicht gerade an dieser Stelle keine Steinchen herumgelegen hätten, und sie sich so vom gleichmäßigen Untergrund deutlich abhob. Er machte ein Foto, und Herbert schaute auf, als der Blitz auslöste.
„Ich habe eine Münze!“, rief er, „ich tüte sie ein und mach weiter.“
Glücklicherweise löste sie sich leicht aus dem lockeren Boden, und er steckte sie in eine der kleinen Tüten mit Zipverschluss. Herbert wurde kurz darauf auch fündig. Christopher warf ihm die Kamera zu und er fotografierte etwas, das auf die Entfernung wie eine Ansammlung von Stöckchen aussah. Auch Herbert nahm etwas aus der Erde und steckte es in eine Tüte. Die ersten großen Regentropfen klatschten auf den Boden und zerstoben in tausend kleine, schmutzige Perlen.
„Wir müssen uns beeilen“, rief Herbert.
Christopher wollte sich erst zum Schluss den auffälligen dreieckigen Felsblock ansehen, der oberhalb der Abrisskante aus dem Erdreich ragte. Er entschied das sofort zu machen, da ihnen die Zeit davonlief. Er hastete am Rand des Feldes den Berg hinauf. Herbert ahnte, was er vorhatte, und kam hinterher. Außer Atem standen sie vor dem mit Moos bedeckten Brocken.
„Der ist mir schon am Anfang aufgefallen. Ich hatte so den Eindruck, als seien auf der Kante Buchstaben oder Zeichen eingraviert, aber ich kann mich auch täuschen“, keuchte Christopher. Er wischte mit seinem Ärmel über die besagte Stelle.
„Mach erst ein paar Fotos so, dass der Blitz schräg einfällt. Man sieht dann das Relief durch den Schattenwurf.“
Christopher schoss mehrere Bilder von der Seite. Der Blitz
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