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Arcanum – Das Geheimnis

Arcanum – Das Geheimnis

Titel: Arcanum – Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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gestartet. Ein Pictun umfasst knapp 8000 Jahre, und dieser Zeitraum macht in ihrer Vorstellungswelt keinen Sinn“.
    Herbert rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nase, was er immer tat, wenn er angestrengt nachdachte.
    „Schreib die Zahlen auf. Wenn man sie lange genug ansieht, fällt einem manchmal was ein. Nun zu dem Kruzifix.“
    Herbert nahm sich die Lupe und schaute den Korpus und das Kreuz lange und mit einer Geduld an, die Christopher endlos erschien. Als er begann mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln, schob Herbert mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck die Lupe weg und erklärte:
    „Der Federschmuck auf dem Kopf, der gebogene Stab, das Chicoacolli , und der federgesäumte Schild mit dem Ehecacozcatl-Symbol sprechen eindeutig für einen Mann, der eine große Rolle in der Mythologie aller mesoamerikanischen Völker spielte.“
    „Wie heißt das Symbol auf dem Schild?“, unterbrach ihn Christopher.
    „Schau her“, Herbert schob die Lupe zu ihm hinüber, „es ist diese abgesägte Meeresschnecke. Sie wird auch als Windjuwel bezeichnet und ist auf dem Schild Attribut des toltekischen Priesterkönigs Acatl Topiltzin , der später als Gottheit Quetzalcoatl , die gefiederte Schlange, verehrt wurde und deren Bild wie Du weißt in allen Kultstätten Yucatáns zu finden ist.“
    „Spielt dann Acatl über dem Haupt des Mannes auf den Namen des Gekreuzigten an?“, hakte Christopher nach.
    „Ich glaube nicht, da es in den Zahlenring integriert ist, und der andere Ring das Symbol für Osten trägt, welches nicht mit Quetzalcoatl in Verbindung steht. Allerdings hatten die Azteken gefiederte Schlangen in verschiedenen Farben, denen jeweils eine der vier Himmelsrichtungen zugeordnet wurde.“
    Herbert rieb sich wieder die Nase.
    „Wie kommt Quetzalcoatl an dieses Kreuz? Er ist doch nach der Legende um das Jahr tausend im Meer verschwunden und als Planet Venus zurückgekehrt, wenn ich mich recht erinnere“, unterbrach Christopher das konzentrierte Nachdenken Herberts.
    „Stimmt, aber so weit her geholt ist diese Verbindung christlicher und indianischer Symbole gar nicht. Quetzalcoatl war ein mildtätiger Herrscher, der Menschenopfer ablehnte und sich zu Dingen bekannte, die man als christliche Tugenden bezeichnen könnte. Vielleicht hat ein bekehrter, indianischer Künstler das getan, was im Christentum durchaus Tradition hat. In Historikerkreisen nennt man es scherzhaft die Taufe eines heidnischen Gottes.“
    Der Himmel war am Morgen noch strahlend blau gewesen. Nun zogen dicke Wolken von Westen auf. Es wurde merklich dunkler in der Praxis und Christopher erinnerte sich, dass der Wetterbericht für den Abend heftige Regenschauer angekündigt hatte.
    „Wir sollten unbedingt den Fundort inspizieren“, drängte Christopher. „Es ist seit gestern trocken, sodass wir eine reelle Chance haben, noch etwas zu finden. Verdammt, das hätten wir zuerst machen sollen. Für heute Abend ist Starkregen angesagt. Dann können wir die Spurensicherung vergessen. Da wo wir hin müssen, fließt ein Bach durch eine schmale Schlucht ins Nagoldtal. Wenn der anschwillt, dann überschwemmt er alles.“
    Herbert war der gleichen Meinung, und sie verließen eilig die Praxis.
    Christopher rief zu Hause an, um das Mittagessen abzusagen. Carolin meldete sich nicht, und so sprach er eine Nachricht auf den Anrufbeantworter. Sie fuhren über die Stuttgarter Straße in die Stadt hinunter. Dann links ein Stück den Wimberg hinauf, um vor dem Feuerwehrdepot in den Hirsauer Wiesenweg abzubiegen. Nach einem Kilometer parkte Christopher den Audi rechts auf dem Grünstreifen. Er schnappte sich die Digitalkamera aus dem Handschuhfach, dazu ein paar große und kleine Tüten. Herbert ging zur Heckklappe und vervollständigte die knappe Ausrüstung durch einen Klappspaten, ein paar große Bögen Papier und mehrere Filzstiften. Sie eilten an dem kleinen Bach das Bärental hinauf, der beachtlich angeschwollen war zu einer reißenden braunen Brühe, die von den ergiebigen Regenfällen der vergangenen Wochen gespeist wurde. Nach zehn Minuten erreichten sie außer Atem den Ort, den Christopher für den wahrscheinlichen Fundort des Artefaktes hielt. Der Himmel hatte inzwischen von trübem Grau in ein bedrohliches Schwarz gewechselt, und ungewöhnlich für die Jahreszeit schien sich ein Gewitter zusammenzubrauen. Es zuckten bereits Blitze durch die düsteren Wolken. Der Donner folgte noch verhalten und mit zeitlichem Abstand, sodass sie mit einer

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