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Arcanum – Das Geheimnis

Arcanum – Das Geheimnis

Titel: Arcanum – Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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zumal er keine Pflaster dieser Art im Auto hatte. Wer hatte sie gerettet? Gab es nicht nur Leute, die harmlose Ehepaare in Scheunen verbrannten, sondern auch Heinzelmännchen, die ihnen zur Seite standen? Außer ihrer beider Leben hatten sie nichts vom Fundort der goldenen Scheibe retten können.
    Einer Eingebung folgend stieg Christopher aus. Die Kälte traf ihn wie ein Faustschlag, denn seine Kleider waren immer noch klamm. Er zitterte, ging zum Heck und öffnete die Klappe des Kombis. Da lag säuberlich alles, was sie mitgebracht hatten. Der Spaten, das Pauspapier und eine Schachtel. Er riss sie ungeduldig auf. Die Münze und Herberts Plastiktüte kamen zum Vorschein. Was hatte er gefunden? Er hielt sie gegen die Beleuchtung des Kofferraumes. Das waren keine Stöckchen. Das war das knöcherne Skelett einer Hand. Herbert rappelte sich auf, legte das Kinn auf die Rückbank und blinzelte ins Heck den Kombis.
    „Was suchst Du da hinten?“, fragte er mit belegter Stimme.
    „Jemand hat uns den Berg runter getragen und danach die Sachen geholt, die wir vergessen hatten.“
    Herbert war plötzlich hellwach. „Wie, das warst nicht Du?"
    „Ich kann mich an nichts erinnern, aber ich habe kein Pflaster im Auto, das ich Dir auf deinen unverwüstlichen Dickschädel hätte kleben können.“
    Herbert griff sich an die Platzwunde und verzog vor Schmerz das Gesicht.
    „Komm wir fahren zu Dir. Eine Flasche Rotwein könnte jetzt nicht schaden… pro Mann.“
    Er schmunzelte und war schon fast wieder der Alte. Christopher nickte, schloss die Heckklappe und setzte sich ans Steuer. Er wendete den Wagen und fuhr durch eine gespenstische Landschaft langsam zurück nach Calw. Auf der Straße standen Seen von Regenwasser. Er musste abgerissenen Ästen ausweichen und die Nagold setzte gerade dazu an, die Brücke zu überfluten. Christopher überquerte sie rasch und fuhr den Welzberg hinauf in die Hindenburgstraße.
    Er war seit Jahren froh, dass ihr Haus so hoch über dem Fluss lag, denn die Wetterkapriolen nahmen in rasantem Tempo zu. Die letzte Weltklimakonferenz in Mexiko City hatte keine greifbaren Ergebnisse gezeitigt. Er hatte dies auch nicht erwartet, denn alle noch so ehrgeizigen Ziele hätten die Erderwärmung nicht mehr stoppen können. Die Politiker wussten das, denn wenn sie auch selbst keine Ahnung hatten, so doch zumindest einige ihrer Berater. Ein Physikstudent im zweiten Semester hätte erklären können, dass das Klima ein chaotisches System war, in dem es Schwellenwerte gab, die einmal überschritten Entwicklungen in Gang setzten, die nicht mehr aufzuhalten waren. So geschah es gerade mit den Polkappen. Sie schmolzen ab, verringerten dadurch das Reflexionsvermögen der Erde für die eintreffende Sonnenstrahlung und beschleunigten damit wiederum die Erwärmung und das Abtauen. Sein Vorschlag bei einem Vortrag der Grünen, die Sahara mit weißem Klopapier auszulegen, war durch Buhrufe unterbrochen worden. Dabei hatte er lediglich darauf hinweisen wollen, dass es nicht genüge, irgendetwas einzusparen oder zu verringern, sondern nur unpopuläre Ideen vielleicht noch einen Ausweg boten. Christopher war in seinen jungen Jahren ein Umweltaktivist gewesen, weniger aus Liebe zur Natur als aus rationalen Erwägungen, die ihm sagten, dass das ökonomische Chaos, das dem ökologischen folgen würde, die Welt in nie da gewesene Verteilungskämpfe stürzen müsste, um die verbliebenen Ressourcen an Lebensraum, Nahrung, Energie und Wasser. Er war damals nicht der typische Grüne mit langen Haaren am einen und Birkenstocks am anderen Ende gewesen, eckte ständig an und verlor die Lust an der Gruppe, die ein Dankgebet zum Himmel schickte, als er schließlich seinen Austritt erklärte.
    Christopher versuchte vom Handy aus Carolin zu erreichen, doch es meldete sich erneut der Anrufbeantworter.
    „Ich Idiot“. Er erinnerte sich, dass sie die Kinder von der Schule abholen, und bis Sonntag mit ihnen zu ihrer Tante Martina, Carolins Schwester, nach Tübingen fahren wollte. Er hatte es vergessen und ärgerte sich über sein schlechtes Gedächtnis.
    Christopher legte auf, und eine Minute später rollten sie auf den Carport vor dem Haus. Er wollte gerade die Wagentüre öffnen, als Herbert ihn am Ärmel zurückhielt. Nun sah er es auch. Durch ein Fenster des Hauses erkannte er ein schwaches Licht, das über die Wand huschte. Instinktiv ließen sie sich tief in die Sitze sinken und Christopher stoppte den schnurrenden Motor. Er schaltete

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