Arche Noah, Touristenklasse
glückstrahlendem Gesicht. Auf dem großen Speisezimmertisch sah ich, geschmackvoll arrangiert, einen neuen elektrischen Rasierapparat, drei Kugelschreiber, ein Schreibmaschinenfutteral aus Ziegenleder, eine Schachtel Skiwachs, einen Kanarienvogel komplett mit Käfig, eine Brieftasche, eine zauberhafte Stehlampe, einen Radiergummi und ein Koffergrammophon (das sie bei dem alten Strumpfhändler in Jaffa unter der Hand gekauft hatte).
Ich stand wie gelähmt und brachte kein Wort hervor. Meine Frau starrte mich ungläubig an. Sie konnte es nicht fassen, daß ich mit leeren Händen gekommen war. Dann brach sie in konvulsivisches Schluchzen aus:
»Also so einer bist du. So behandelst du mich. Einmal in der Zeit könntest du mir eine kleine Freude machen - aber das fällt dir ja gar nicht ein. Pfui, pfui, pfui. Geh mir aus den Augen. Ich will dich nie wieder sehen ...«
Erst als sie geendet hatte, griff ich in die Tasche und zog die goldene Armbanduhr mit den Saphiren hervor.
Kleiner, dummer Liebling.
Jeder von uns hat sich schon einmal die Frage vorgelegt: »Was täte ich, wenn ich auf der Straße einen Schatz finde?« Wer auf diese Frage antwortet, daß er den Schatz für sich behalten würde, kann möglicherweise noch ein reicher, niemals aber ein feiner Mensch werden. Wer behauptet, er würde den Fund abliefern, hat noch nie etwas gefunden. Wer aber fragt, was der Schatz eigentlich wert ist: der ist ein ehrlicher Finder.
EIN EHRLICHER FINDER
Kurzdrama in einem Akt
Personen:
SA'ADJA SCHABATAI
DIE WITWE »MAO-MAO«
Ort der Handlung: Ein Zimmer in der Wohnung der Witwe
WITWE: (lehnt sich zum Fenster hinaus und ruft mit trauriger Stimme) Clarisse! Komm nach Hause, Clarissilein! (Nichts geschieht. Die Witwe seufzt und zieht sich ins Zimmer zurück. Es klopft.) Wer ist draußen?
SA'ADJA: (von draußen) Ich.
WITWE: Was wollen Sie?
SA'ADJA: Daß Sie die Tür öffnen.
WITWE: (öffnet die Tür spaltbreit und erblickt einen unrasierten, vollbärtigen Mann von unverkennbar orientalischer Herkunft, der einen großen Korb im Arm hält) Ich brauche nichts. (Schlägt die Türe zu.) Unverschämt ...
SA'ADJA: (klopft abermals)
WITWE: (reißt zornig die Tür auf) Ich brauche nichts, sage ich Ihnen.
SA'ADJA: Sch-sch-sch. (Überprüft das Türschild.) Ist Herr Har-Schoschanim zu Hause?
WITWE: In welcher Angelegenheit?
SA'ADJA: Persönlich. Wann kommt er nach Hause?
WITWE: Er kommt überhaupt nicht nach Hause.
SA'ADJA: Warum nicht?
WITWE: Weil er tot ist.
SA'ADJA: Tot? Das ist schade.
WITWE: (tupft sich mit dem Taschentuch eine Träne aus dem Auge) Er ist vor zwei Jahren gestorben. An Lungenentzündung.
SA'ADJA: Wir alle müssen sterben, früher oder später.
WITWE: Zuerst dachten wir, es wäre nur eine Grippe. Er hustete ein wenig, das war alles. Dann hat man ihm Penicillin gegeben .
SA'ADJA: Penicillin ist gut. Das hilft. Wenn auch nicht immer . Also er ist nicht zu Hause.
WITWE: Nein. Zu Hause bin nur ich. Ich bin seine Witwe.
SA'ADJA: Arme Frau. (Zieht ein Zeitungsblatt aus der Tasche) Haben Sie dieses Inserat aufgegeben? (Liest unter Schwierigkeiten) »Hauskatze verloren. Hört auf den Namen ...« (noch größere Schwierigkeiten) »... Clarisse.«
WITWE: (jauchzend) Clarisse! Ja, das Inserat ist von mir. Bitte treten Sie ein, lieber Herr! Clarisse! Sie haben meine Clarisse gefunden?
SA'ADJA: (rührt sich nicht) Einen Augenblick. Ich bin noch nicht fertig. (Liest drohend zu Ende) »Reicher Finderlohn!«
WITWE: (aufgeregt) Ja, ja, natürlich. Das versteht sich von selbst. Aber so kommen Sie doch weiter, lieber Herr.
SA'ADJA: (tritt ein, setzt sich, behält den Korb auf den Knien) Mir brauchen Sie nicht »lieber Herr« zu sagen. Sa'adja. Ich heiße Sa'adja Schabatai. Wegen so einer Katze bin ich noch kein lieber Herr.
WITWE: Es ist nicht »so eine Katze«. Es ist Clarisse. Sie ahnen ja nicht, wie glücklich ich bin, daß Sie Clarisse gefunden haben. Bitte nehmen Sie Platz. Clarisse. Wollen Sie etwas trinken? Mein Liebling. Mein süßer kleiner Liebling.
SA'ADJA: Wer?
WITWE: Clarisse. Wie haben Sie sie gefunden? Sie müssen mir alles erzählen! Entschuldigen Sie, daß ich Sie nicht besser empfangen kann. Ich bin eine einsame Witwe. Lesen Sie viele Zeitungen?
SA'ADJA: Alle. Aber nur die Verlustanzeigen.
WITWE: Wo ist sie? Wo ist meine Clarisse? Haben Sie jemals etwas so Schönes gesehen? Ich frage Sie, Herr Schabatai, ob Sie jemals etwas so Wunderschönes gesehen
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