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Arche Noah, Touristenklasse

Arche Noah, Touristenklasse

Titel: Arche Noah, Touristenklasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Etwas Fürchterliches ist geschehen. Ich spüre es. Mein Instinkt hat mich noch nie betrogen. Das Ende ist da ...
    Auf allen vieren schleppte ich mich zur Portiersloge. Ich brachte kein Wort hervor. Ich sah meinen Feind aus flehentlich aufgerissenen Augen an.
    »Ja«, sagte er. »Ein Junge.«
    »Was?« sagte ich. »Wo?«
    »Ein Junge«, sagte er. »Dreieinhalb Kilo.«
    »Wieso«, sagte ich. »Wozu.«
    »Hören Sie«, sagte er. »Heißen Sie Ephraim Kishon?«
    »Einen Augenblick«, sagte ich. »Ich weiß es nicht genau. Möglich.«
    Ich zog meinen Personalausweis heraus und sah nach. Tatsächlich: es sprach alles dafür, daß ich Ephraim Kishon hieß.
    »Bitte?« sagte ich. »Was kann ich für Sie tun, gnädige Frau?«
    »Sie haben einen Sohn!« röhrte der Portier. »Dreieinhalb Kilo! Einen Sohn! Verstehen Sie? Einen Sohn von dreieinhalb Kilo.«
    Ich schlang meine Arme um ihn und versuchte sein überirdisch schönes Antlitz zu küssen. Der Kampf dauerte eine Weile und endete unentschieden. Dann entrang sich meiner Kehle ein fistelndes Stöhnen. Ich stürzte hinaus.
    Natürlich kein Mensch auf der Straße. Gerade jetzt, wo man jemanden brauchen würde, ist niemand da. Wer hätte gedacht, daß ein Mann meines Alters noch Purzelbäume schlagen kann.
    Ein Polizist erschien und warnte mich vor einer Fortsetzung der nächtlichen Ruhestörung. Rasch umarmte ich ihn und küßte ihn auf beide Backen.
    »Dreieinhalb Kilo«, brüllte ich ihm ins Ohr. »Dreieinhalb Kilo!«
    »Maseltow!« rief der Polizist. »Gratuliere!«
    Und er zeigte mir ein Photo seiner kleinen Tochter.
     
     
     
     
     

 
    Nicht jeder ist so glücklich wie der Schreiber dieser Zeilen. Manche kinderlosen Eltern müssen sich um ihrer Nachkommen willen in verzweifelte Auseinandersetzungen verwickeln, die bis zu zwei Stunden dauern und meistens in meiner Wohnung stattfinden.
     
KLEINE BEINCHEN, TRIPPEL-TRAPP
     
    Eines Abends besuchte mich das Ehepaar Steiner, zwei nette Leute mittleren Alters. Herr Steiner ist ein ruhiger, bescheidener Mann mit guten Manieren, Frau Steiner ist ein wenig schüchtern und hält sich gern im Hintergrund, zumal wenn dieser mit der Küche identisch ist. Kurzum: ein Paar, dem man sein stilles Lebensglück schon von weitem ansieht.
    »Es ist wahr«, ließ sich Herr Steiner vernehmen, nachdem wir uns gemütlich niedergelassen hatten. »Wir dürfen zufrieden sein, meine Frau und ich. Wir erfreuen uns bester Gesundheit, sind einander herzlich zugetan, haben ein Dach über dem Kopf und ein kleines Konto auf der Bank. Nicht einmal unsere Steuererklärung bringt einen Mißton in unser friedliches Leben, denn sie wird von meinem Schwager besorgt, einem anerkannten Experten. Und doch, und doch. Es fehlt uns etwas. Wir sind kinderlos. Wie sehr haben wir uns ein Kind gewünscht! Aber es war uns nicht vergönnt.«
    Herr Steiner schwieg. Frau Steiner seufzte.
    »Es ist immer so ruhig bei uns zu Hause!« Abermals seufzte sie. »Und wir wären glücklich, wenn in diese Ruhe ein wenig Abwechslung käme. Helles Kinderlachen, zum Beispiel. Oder ein süßes Babystimmchen aus der Wiege.«
    Frau Steiner schwieg. Herr Steiner seufzte.
    »Nach gründlicher Beratung«, sagte er dann, »haben wir uns entschlossen, ein Kind zu adoptieren.«
    »Ich gratuliere«, sagte ich.
    »Wir wollen einen Sohn«, sagten Herr und Frau Steiner gleichzeitig.
    »Das liegt auf der Hand«, sagte ich.
    »Wir haben sogar schon einen Namen für ihn ausgesucht: Ben.«
    »Ein schöner Name«, sagte ich.
    »Die Sache ist nicht ganz einfach«, sagte Frau Steiner. »Wir sind nicht mehr die Jüngsten, und ich zweifle, ob ich mich noch um ein Baby kümmern kann, wie man sich um ein Baby kümmern muß. Deshalb dachten wir an ein Kind im Alter von zwei bis drei Jahren.«
    »Sehr richtig«, stimmte ich zu. »Das Alter ist ein wichtiger Faktor. Mit zwei oder drei Jahren ist das Kind noch klein und süß - und dennoch schon imstande, alles aufzunehmen und wieder von sich zu geben.«
    »Eben davor fürchten wir uns ein wenig«, warf jetzt Herr Steiner ein. »Das Kleinkind befindet sich ständig in Bewegung und rennt den ganzen Tag herum. Meine Füße aber tragen mich nicht mehr so geschwind wie ehedem. Ein Kind von sechs Jahren« - er hob den Finger, um seine Worte zu unterstreichen - »wäre das richtige. Es ist bereits um vieles selbständiger. Außerdem hat es Spielgefährten.«
    »Sie müssen unbedingt ein sechsjähriges Kind adoptieren«, bestätigte ich.
    »Mit sechs Jahren«, wandte

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