Archer Jeffrey
in Lagos“, sagte der Korporal ehrerbietig. „Hoffe, Sie werden machen sehr großes Geschäft in Nigeria.“
Eduardo antwortete nicht; er lehnte sich in seinem Sitz zurück und starrte durch die getönte Scheibe, um einige Passagiere einer Boeing 707 der British Airways zu beobachten, die unmittelbar vor ihm gelandet waren. Sie standen in einer langen Schlange auf der heißen Rollbahn und warteten geduldig auf die Zollabfertigung. Der Fahrer legte den ersten Gang ein, und das schwarze Krokodil setzte sich in Bewegung. Oberst Usman, der nun vorne neben dem Korporal saß, entdeckte bald, daß der brasilianische Gast keinen Wert auf Smalltalk legte, und der Sekretär der neben seinem Chef saß, machte kein einziges Mal den Mund auf. Der Oberst, gewöhnt, sich an Vorbilder zu halten, schwieg also und überließ de Silveira seinen Gedanken an die geplante Aktion. Eduardo Francisco de Silveira war in dem kleinen Dorf Rebeti, etwa hundertsechzig Kilometer nördlich von Rio de Janeiro, zur Welt gekommen, und Erbe eines der beiden größten Familienvermögen Brasiliens. Er war in Schweizer Privatschulen erzogen worden, ehe er an die University of California in Los Angeles kam, um seine Ausbildung dann an der Harvard Business School abzuschließen. Danach kehrte er aus Nordamerika nach Brasilien zurück, wo er in der familieneigenen Firma weder ganz oben noch ganz unten in der Firma, sondern in einer mittleren Stellung, als Manager der Bergwerke von Minas Gerais, zu arbeiten begann. Binnen kürzester Zeit stieg er in eine Spitzenposition auf, sogar noch rascher, als sein Vater es geplant hatte, doch inzwischen hatte sich her ausgestellt, daß der Junge nicht bloß ein Zweiglein, sondern ein regelrechter Hauptast vom alten Stamm war. Mit neunundzwanzig heiratete er Maria, die älteste Tochter des besten Freundes seines Vaters, und als sein Vater zwölf Jahre später starb, folgte ihm Eduardo auf dem Thron des PrentinoImperiums nach. Ins gesamt gab es sieben Söhne: der zweite, Alfredo, über nahm nun die Bankangelegenheiten; João kümmerte sich um das Transportwesen; Carlos organisierte die Bauvorhaben; Manoel übernahm den Nahrungs- und Versorgungssektor; Jaime leitete den Zeitungskonzern der Familie, und der kleine Antonio, der letzte – und das war er in jeder Hinsicht – , führte die land wirtschaftlichen Betriebe. Bevor sie irgendeine bedeutendere Entscheidung trafen, kamen alle Brüder zu Eduardo, denn er war immer noch der Chef des größten Privatunternehmens in Brasilien, trotz der überheblichen Behauptungen des alten Erzfeindes der Familie, Manuel Rodrigues.
Als 1964 durch General Castelo Brancos Militärregime die Zivilregierung gestürzt wurde, waren sich die Generäle einig, daß sie nicht sämtliche Silveiras oder Rodrigues umbringen konnten, und daher versuchen mußten, mit den beiden rivalisierenden Familien auszukommen. Die de Silveira ihrerseits waren immer vernünftig genug gewesen, sich nie in die Politik hineinziehen zu lassen, außer durch Zahlungen an Regierungsbeamte (gleichgültig, ob sie einer zivilen oder einer Militärregierung angehörten), wobei die Höhe des Betrages sich nach dem Rang des jeweiligen Politikers richtete. Diese Methode garantierte, daß das Prentino-Imperium wuchs und gedieh, unabhängig davon, welche Partei an die Macht gelangte. Einer der Gründe, warum Eduardo de Silveira in seinem übervollen Terminkalender drei Tage für den Besuch in Lagos frei gehalten hatte, war der Umstand, daß das nigerianische Regierungssystem dem brasilianischen so ähnlich zu sein schien, und zumindest bei diesem Projekt hatte er Manuel Rodrigues erfolgreich den Boden unter den Füßen weggezogen – was eine mehr als angemessene Entschädigung dafür war, daß er das Flughafen-Projekt von Rio an ihn verloren hatte. Eduardo lächelte bei dem Gedanken an Rodrigues, der keine Ahnung hatte, daß er sich in Nigeria aufhielt, um einen Handel abzuschließen, der ihn zweimal so groß machen konnte wie seinen Rivalen.
Während der schwarze Mercedes sich langsam durch die von Menschen wimmelnden, lärmerfüllten Straßen bewegte, ohne rote oder grüne Verkehrsampeln zu beachten, dachte Eduardo zurück an seine erste Begegnung mit General Mohammed, dem nigerianischen Staatsoberhaupt, anläßlich eines offiziellen Besuchs des Generals in Brasilien. Bei dem Abendessen zu Ehren General Mohammeds gab Präsident Ernesto Geisel in seiner Tischrede der Hoffnung Ausdruck, die beiden Länder würden zu einer
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